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Dragendorff, Hans [Hrsg.]; Hiller von Gaertringen, Friedrich [Hrsg.]
Thera: Untersuchungen, Vermessungen und Ausgrabungen in den Jahren 1895 - 1902 (Band 2): Theraeische Gräber — Berlin, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1146#0017
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Ausgrabung 1896, 1897

Am 20. August mußten wir die Arbeiten abbrechen. Wir konnten das um so eher Schluß der

ö Ausgrabung

thun, als neue wissenschaftliche Ergebnisse in diesem Teile der Nekropole anscheinend nicht
mehr zu erwarten standen und es uns ja nicht darauf ankommen konnte, das Gräberfeld voll-
kommen zu erschöpfen. Es schien mir richtiger, einen Teil für etwaige Nachprüfungen unserer
Arbeit unberührt zu lassen. Ein klares Bild der archaischen Nekropole konnte mit dem ge-
wonnenen Materiale gegeben werden. Die Nachforschungen nach Gräbern der „klassischen"
Zeit waren freilich bis auf ein paar vereinzelte Funde im Gebiete der archaischen Gräber
resultatlos geblieben. Hier harrt noch eine Lücke ihrer Ergänzung. Erst für die hellenistische
Zeit mehrt sich das Material wieder, ein Ergebnis, das übrigens zu den Funden in der Stadt
selbst gut paßt. Auf die bedeutende archaische Periode folgt ein Rückgang, und erst in
ptolemäischer Zeit gewinnt die Stadt wieder an Bedeutung.

Die letzte Zeit meines Aufenthaltes war der genauen Durchsicht des Materiales, der
Anfertigung von Zeichnungen, Photographien und genauen Beschreibungen gewidmet. Es
zeigte sich aber, daß es in der mir noch zur Verfügung stehenden Zeit unmöglich sein werde,
alles für die Publikation vorzubereiten. Es war dazu vor allen Dingen eine gründlichere
Reinigung und Zusammensetzung einer Anzahl der besten Gefäße nötig. So verabredete ich
schon damals mit Hiller, daß ich möglichst bald wieder nach Thera zurückkehren sollte, um
diesen Teil der Arbeit zu erledigen.

Schon während der Ausgrabung war beim Evangelismos ein provisorisches „Museum" Museum
für die Aufbewahrung unserer Schätze gebaut. Es bestand freilich bloß aus einem viereckigen
Räume, der mit einer geschichteten Mauer umgeben wurde und an dessen Wänden entlang
auf Steinstufen die Vasen standen; für die gute Jahreszeit und die Dauer unserer Anwesenheit
hatte dieses primitive Antiquarium genügt; jetzt aber mußte für eine gesichertere Unterkunft
gesorgt werden. Die Funde wurden auf Maultieren nach Phira übergeführt, bei ihrem zer-
brechlichen Charakter und dem halsbrecherischen Pfade, der damals noch allein unsere Ver-
bindung mit der Ebene vermittelte, eine sehr schwierige Aufgabe, die aber dank der umsichtigen
Sorgfalt von Grimanis glücklich gelöst wurde. Ich selbst nahm am 1. September von den
Freunden Abschied, mit denen ich hier oben Arbeit und Freude geteilt und Wochen verbracht
hatte, die immer zu den schönsten Erinnerungen meiner Wanderjahre zählen werden.

Meine Absicht, im Frühling 1897 wieder nach Thera zu kommen, wurde durch den 1897
Krieg, der die Verbindungen unterbrach, vereitelt. Aber schon im August desselben Jahres
konnte ich von Athen aus die Reise antreten und für 4 Wochen nach Phira übersiedeln. Die
ganze Arbeit sollte den vorjährigen Funden, ihrer Reinigung, Zusammensetzung und ihrem
genaueren Studium gewidmet sein. Eine Fortsetzung der Ausgrabung war nicht in Aussicht
genommen.

Meine Thätigkeit wurde vor allem durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn
Generalephoros Kavvadias gefördert, indem er mir den geschickten Arbeiter des athenischen
Nationalmuseums, Papadakis, mitgab, welcher in der kurzen Zeit die Funde vom Sinter gereinigt
und eine große Zahl von Vasen wieder aus ihren Scherben zusammengefügt hat. Unser Quartier
schlugen wir in Phira auf, wo wir mit Hilfe unseres Freundes, des Scholarchen Vassiliu, ein
leer stehendes Haus mieteten, in welchem Angelis Kosmopulos für alle unsere Bedürfnisse mit
der gewohnten Umsicht und Zuverlässigkeit sorgte. — Die Funde fanden wir unter der Aufsicht
des Epopten Vassiliu in vortrefflicher Ordnung in den von der Gemeinde zur Verfügung ge-
stellten Räumen bei der Metropolitankirche vor. So konnte ich neben der Arbeit für die
Publikation auch für eine übersichtliche Aufstellung der Grabfunde sorgen. Das „Museum" Museum Phira
von Phira vereinigt jetzt, nach Gräbern geordnet, alle unsere Funde bis auf 5 Vasen, die als
Proben auf Wunsch des Herrn Generalephoros ins athenische Nationalmuseum übergeführt
 
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