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Antiquariat und Autographenhandlung Heinrich Hinterberger
Richard Wagner's Briefe an die Prinzessin Marie Sayn-Wittgenstein: 18 eigenhändige, grösstenteils unveröffentlichte und bis vor einigen Jahren unbekannte Briefe an Prinzessien Marie Sayn-Wigggenstein-Berleburg in Weimar, Tochter der Fürstin Karoline Sayn-Wittgenstein-Berleburg, der Freundin Liszts's, geb. 7.II.1837, seit 15. Okt. 1859 Gattin des Prinzen Constantin Hohenlohe-Schillingsfürst, Obersthofmeister Franz Josef I. (geb.1828) : datiert aus den Jahren 1854-75 — Wien: Buch- und Kunst-Antiquariat, Autographenhandlung Heinrich Hinterberger

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https://doi.org/10.11588/diglit.69775#0002
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I

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Den Tenor der Korrespondenz bildet Wagner’s Sehnsucht
nach Liszt. In bewegten, oft herzzerreissenden Worten bittet, ja
fleht er die Freundin an, "Franz” oder ”St.Franciscus" wie er Liszt
meistens nennt, zu bewegen, ihn in seinem Schweizer Exil zu besu-
chen. Oft wird auch die Fürstin Caroline erwähnt, die er meist”die
gute, alte Kapellmeisterin” nennt. Ausführlich berichtet Wagner der
Freundin über sein Schaffen, über das Fort schreiten seiner Arbeiten
und deren Unterbrechungen, über seine Pariser und Londoner Reise und
alles was ihn bewegt. Einen breiten Raum nehmen die Schilderungen
seines Seelenzustandes ein, der oft an Verzweiflung und Todessehn-
sucht grenzt. Eine der Ursachen seiner Seelenqualen ist die Eifer-
sucht seiner (ersten) Frau Minna (geb.Planer) * * ***) auf Mathilde
Wesendonck. (Vgl.hierüber: Jul.Kapp, Wagner, eine Biographie 28.-31.
A. ,Lpz.1922,S.59 ff.)
In dem undatierten Briefe Wagner’s (Februar oder März 1858)
ersucht dieser Marie”mit dem furchtbarsten Nachdruck” schleunigst zu
kommen um in dem Konflikt zwischen Mathilde und Minna zu vermitteln.
"Es handelt sich um die That eines Engels , denn kein Sterbli-
cher kann hier mehr helfen. Ich muss meine in der Kur befindliche,
aufs äusserste leidende Frau opfern und sie sofort einem schnellen
Tode übergeben, oder ein edles, hohes, heiliges Herz, das mir die
unglaublichsten Opfer eines Weibes gebracht, nun durch jene Unglück-
selige verletzt ist, unter den unsäglichsten Seelenqualen, weil es
sich auch von mir preisgegeben hält, sich brechen sehen...” Die Prin-
zessin hat Wagner’s flehentliche Bitte nicht erfüllt und in seinem
nächsten, gleichfalls undatierten Briefe (März oder April 1858)
teilt ihr Wagner mit, dass er sich in seiner Bedrängnis an Frau
Dr. Wille ****) gewendet hat, die eine Versöhnung der beiden
Frauen herbeiführte. ”Könnten Sie”, schreibt Wagner an Marie ”nun
noch eintreten um das Werk zu vollenden, so wäre das himmlisch,doch
da jetzt die äusserste Gefahr abgewendet ist, wage ich nicht mehr
die Bitte um etwas, wie es scheint Unmögliches.”
Wir müssen es uns versagen, weitere Proben aus dem durch-
wegs höchst interessanten Inhalt zu geben und verweisen auf Rich.
Sternfeld’s Artikel "Richard Wagner in seinen Briefen an ”Das Kind””
(Die Musik.XIX/1 Okt. 1926 S. 1-11).

mal von ihr, ihr liebliches Köpfchen sehe aus einem hellblauen
Krepphut hervor wie eine Wunderblume aus einem Kelch.” Ein an-
deres Mal: "Sie ist reizend,schön und kindlich an-
mutig.” Mit dem letzteren Ausdruck stimmt überein, dass
sie Wagner, nach dieser erstmaligen Bekanntschaft in seinen
Briefen an Liszt, mit sichtlichem Wohlgefallen, wiederholt
kurzweg als ”das Kind” bezeichnet und grüssen lässt...”
*♦) W. gratuliert ihr nicht selbst, sondern bittet Liszt, da er
unter Erkältungsfieber leide, und nicht selbst imstande sei an
die Prinzessin Marie direkt zu schreiben, ihr für den Brief zu
danken und ihr zur Verlobung zu gratulieren, ihr zuliebe ver-
zichte er auf Liszt’s entscheidend gewünschten Besuch. (Luzern,
19./8.59 Altmann, 1272).
***) Dresdner Schauspielerin, verehelicht mit Richard Wagner 1837,
gest. 1866,
****) Elisa Wille , geb.Sloman, Tochter eines Hamburger Reeders,
18o4 in Itzehcegeb., heiratete 1845 Francois Wille (geb.1811),
lebte mit ihm seit 1851 auf Mariafeld am Eürichsee, wo sie 1893
starb. Wagner fand dort und auf dem "grünen Hügel” Freundschaft
und Teilnahme. Vgl.über sie Adolf Frey i.Allg.Dt.Biogr.Bd.43,
8.255-57 u.Dr.Wolfgang Golther i.d.Einleit.zu "Richard Wagner
an Elisa” Berl.,19o8.
 
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