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Hipp, Hermann
Studien zur "Nachgotik" des 16. und 17. Jahrhunderts in Deutschland, Böhmen, Österreich und der Schweiz: Text — 1979

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.66169#0963
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aller Wahrscheinlichkeit nach eine Erklärung der Oberdeut-
schen Nachgotik, die beide Fragenkomplexe zu verbinden
vermag:

Für den Bereich der Oberdeutschen Nachgotik findet man
geographisch eine zunächst zufällig erscheinende Überein-
stimmung mit dem Straßburger Sprengel der spätgotischen
deutschen Steinmetzenbruderschaft. Diese Koinzidenz ist
für den Zeitraum der Nachgotik zu erhellen durch eine
Untersuchung der bisher nur selten und ansatzweise ins
Gesichtsfeld der Forschung getretenen nachmittelalterlichen
Geschichte der Bruderschaft. Dabei kann nachgewiesen werden,
daß diese neben gleichrangigen Verbänden in Österreich und
Sachsen allein in Oberdeutschland einschließlich der
Schweiz und unter Führung der Straßburger Steinmetzen
(Münsterbauhütte und Zunft) sowie wahrscheinlich überhaupt
erst in nachmittelalterlicher Zeit (dann aber weit bis ins
18. Jahrhundert hinein) allgemein verbindlich war, und
zwar für alle Steinmetzen (auch und gerade die der Zünfte
im Gegensatz zur geläufigen Vorstellung, daß nur die Dom-
bauhütten den Steinmetzenverband getragen hätten). Dadurch
wird die Koinzidenz zum objektiven Tatbestand einer Abhängig
keit der Nachgotik von der Steinmetzenbruderschaft in Ober-
deutschland im sachlichen Sinne, insofern die Handwerker,
die sie verwirklichten, dem Kreis der Bruderschaft ange-
hörten. Darüberhinaus kann diese Abhängigkeit im Sinne der
Ausgangsvermutung, nämlich zur Erklärung der Oberdeutschen
Nachgotik in ihrer besonderen Beschaffenheit, herangezogen
werden. Die Vermittlung zwischen Bruderschaft und Archi-
tektur geschieht einmal im Wege der Untersuchung des hand-
werklichen Selbstverständnisses dieser Steinmetzen; mit ihm
ordnen sie sich sowohl in die Vorstellungen ihrer Zeit ein
mit der Auffassung vom Aussehen der Kirchengebäude und der
Rolle der nachgotischen und modernen Formen an ihnen als
auch in die Oberdeutsche Nachgotik, für deren Besonderheiten
es eine Grundlage bietet. - Der andere Weg, die Abhängigkeit
der Oberdeutschen Nachgotik von der Bruderschaft der Stein-
 
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