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Historische Vierteljahrsschrift — 1.1898

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Bernheim, Ernst: Das Verhältnis der Vita Caroli magni zu den sogen Annales Einhardi
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https://doi.org/10.11588/diglit.58935#0176
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Ernst Bernheim.

(der Bearbeitung der Annales Laurissenses majores) ergiebt sich
meines Erachtens unzweifelhaft, dass die Vita von den Annales
abhängig ist; Kurze meint dagegen aus indirekten Schlüssen be-
wiesen zu haben, dass die Vita bereits vor Abfassung der Annales
entstanden sei, und nimmt demgemäss an, ohne sich auf eine
direkte Erörterung des Abhängigkeitsverhältnisses einzulassen,
dass umgekehrt in den Annales die Vita benutzt sei.
Ich hatte mich in dem oben angeführten Aufsatz begnügt,
auf die methodische Unrichtigkeit eines solchen Beweisverfahrens
hinzuweisen, die darin liegt, unter Absehen von der zunächst
erforderlichen direkten Untersuchung des Thatbestandes sich auf
einen indirekten Beweis zu verlassen, der obendrein aus einer
Kette von komplizierten Wahrscheinlichkeitsschlüssen besteht.
Ich hielt und halte diesen Beweis nicht nur für verfehlt, weil er
zu einem Resultat führt, das ich angesichts des direkten That-
bestandes für unrichtig erachten muss, sondern auch, weil ich die
Beweisführung Kurzes an einer Stelle, die ich nachzuprüfen An-
lass hatte, gänzlich haltlos fand. Ich hatte diese Bemerkung
schon gemacht, als ich den vorigen Aufsatz schrieb, sie nur nicht
ausgesprochen, weil mir nicht daran liegt, Kurze dies oder jenes
aufzumutzen, was nicht unmittelbar zu der vorliegenden Frage
gehört; aber ich muss jetzt damit herauskommen, da Kurze auf
die Unantastbarkeit seiner Argumentationen pocht und mir denen
gegenüber Voreingenommenheit vorwirft. Auf Seite 47 seiner
Untersuchungen im Neuen Archiv Band 21 sagt Kurze:
„Einhards Vita muss schon wegen der Schilderung der letzten
Merowinger, in welcher sie mit dem Chronicon Laur. und den Annales
Mett. 692 verwandt ist, zu den Ableitungen des V. W. gehören.“
Das V. W. (verlorene Werk) ist eine verloren gegangene
Chronik vom Anfang des 9. Jahrhunderts, die in den Annalen
der Zeit vielfach benutzt ist und eine wesentliche Rolle in den
entsprechenden quellenkritischen Untersuchungen Kurzes spielt.
K. behauptet in der eben angeführten kategorischen Weise, dass
die bekannte Schilderung des verkommenen Merowingischen König-
tums in Kap. 1 der Vita mit den Schilderungen desselben in
dem Chronicon Laurissense (den in den M. G. SS. I von Pertz
edierten sogenannten Annales Laurissenses minores)1 und in den

1 M. G. SS. I 116, 8ff.
 
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