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Historische Vierteljahrsschrift — 3.1900

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Kritiken
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https://doi.org/10.11588/diglit.60745#0463
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Kritiken.

447

folgt den Anschauungen Moltkes, dass die Bayern, die den Kern der
süddeutschen Koalition bildeten, zuerst geschlagen werden mussten.
Ich persönlich bin überzeugt, dass der eine wie der andere Weg
zu einem glänzenden Erfolg führen musste, wenn man konsequent
blieb. Entweder machte man zum Oberbefehlshaber einen General,
der genau den Weisungen Moltkes sich anschloss, oder man liess
Falckenstein freie Hand. In dem einen Fall wurden die Bayern ent-
scheidend geschlagen, in dem anderen das achte Bundeskorps. In
Wirklichkeit wurde aber kein Plan einheitlich durchgeführt, sondern
Falckenstein nahm widerwillig die Ideen Moltkes an, kam dann aber
auf seine eigenen zurück, als ein Telegramm Bismarcks zur faktischen
Okkupation der Länder nördlich des Mains riet. So erfochten die
Preussen wohl eine Reihe von Siegen, die aber nicht genügend zur
Geltung kamen. Vom rein militärischen Standpunkt aus betrachtet
hatten die Preussen schwere Fehler begangen, die Süddeutschen aber
noch viel grössere. Jedoch es war ein Glück, dass in diesem Kriege
zwischen Deutschen dem unterliegenden Teil die Schmach einer völ-
ligen Niederlage erspart blieb. Die Frage, die Scherff S. 57 unten
aufwirft, wollen wir gern bejahen.
Viel Interesse gewähren die Nachrichten, die Scherff über das
Gefecht bei Hammelburg giebt. Man nahm gewöhnlich an, dass
Falckenstein hier persönlich kommandiert habe, und dass dieses einzige
Gefecht, wo er selbst, und nicht Goeben die Führung gehabt, miss-
leitet gewesen sei. Scherff tritt diesen Anschauungen entgegen. Der
eigentliche Leiter war nach ihm General von Beyer. Falckenstein hat
nur einmal versucht, einzugreifen, und hierbei allerdings keinen
glücklichen Blick gezeigt. Auf Vorstellung des Generals von Glümer
gab er aber den beabsichtigten Frontalangriff auf.
Erwähnen möchte ich noch, was Scherff von der staunenswerten
Treffsicherheit des bayerischen Podewils-Gewehres erzählt (S. 64.
Anmerkung 2). Bekanntlich hatte in Rücksicht auf dieses Gewehr
der bayerische Generalstabs-Chef von der Tann geraten, sich möglichst
defensiv zu halten und die Preussen anrennen zu lassen.
Berlin. Richard Schmitt.
 
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