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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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„Heidelberger Reueste Nachrichten* — ^Heidelberger Anzeiger

Samstag, 31. Oktober 1935

Nr. 256




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Ankauf angebllcher Nationalistenmarken zu wanren,
dürfte aber nicht zwecklos sein.

Nr. 87.

Marken in kleinen Sögelchen.

(2. Fortsetzung.)

Der Anklang, den die luxemburgischon und belgi-
schen Bögelchen bei den einheimischen Markensamm-
lern gefunden hatten, ließ im Jahr 1925 auch die
französische Poswerwaltung dem Beispiel der
beiden Nachüarn folgen. Den Anlatz dazu bildete die
Briefmarkenausstellung in Paris, deren
Besuchern die Post ein Viererblockbögelchen widmete.
Als Marke wählte man die 5-Franken-Ntark« in der
Zeichnung der sonst längst durch Neuausgaben ersetz-
ten Freimarkenreihe 1877/90, aber in veränderter, jetzt
karminroter Farbe. Eine Randinschrist „Expofition
de Timbres-Poste, Emission speciale, Paris 1925" wies
auf die Veranlassung der Ausgabe hm.

Ganz anders war das Bögelchen gestaltet, das
Frankreich aus Anlaß der Jnternationalen
Briefmarkenausstellung in Strahburg
im Jahr 1927 herausgab. Zum ersten Mal enthält die-
ses Bögelchen zwei verschiedene Werte und zwar
5 Francs und 10 Francs in dem sogenannten Säheriu-
muster mit Vollgrund. Als Farbe für den niedren
Wert wurde blau, für den höheren Wert rot gewählt.
Beide Marken standen jedoch nicht dicht nebeneinander,
sondern waren durch einen freien Raum in Marken-
grötze von einander getrennt. Dadurch gab es die
Farbonzusammenstellung blau-weiß-rot. also die der
französischen Trikolore. Das weitze Mittelstück trug
übrigens die zweizeilige Jnschrift „Strasbourg 1927".
Dieser Gedenkblock war lediglich beim gleichzeitigen
Erwerb einer Eintrittskarte zur Ausstellung er-
hältlich. (Fortsetzung solgt.)

Spanien.

Daß der Bürgerkrieg in Spanien sich irgendwie
auch auf philatelistischem Gebiet auswirken mutz, ist
selbstverständlich. Es liegen bereits angebliche Aus-
qaben der Nationalisten aus Malloroa und aus Se-
villa vor. Ob diese Marken von der nationalistischen
Führung angeregt worden sind, oder ob es sich ledig-
lich um Erzeugnisse von geschäftstüchtigen Privatleu-
ten handelt, ist noch nicht klar zu sehen. Wir haben
daher diese Marken in unserem Neuheitenbericht bis-
her nicht erwähnt. Die Sammler vor dem übereilten

Neuheiten-öericht

nach Mitteilungen der Firma Hermann E. Sieger,
Lorch (Württ.).

Bedarfsmarke» — Europa:

Belgien: Di« ersten Werte einer neuen Markenreihe
mit dem Bild des Königs Leopold III. liegen nunmehr
vor. Für die kleineren Werte hat man ein Bild des Königs
in Fliegeruniform in einem einfachen Rahmen gewählt
und dieie Werte in Rastertiefdruck hergestellt. Die höheren
Werte bringen jedoch eine künstlerisch wertvollere Aus-
führung in Stahlstichtiefdruck. Äeide Arten sind von der
Staatsoruckerei in Mecheln gedruckt. Zähnung 14. — Frei-
marken: 70 Centimes sepia, 1 Franc rosa, 1,75 Fr. vlau.

Dänemark: Jm Rahmen der Reformationsaedenk-
marken sind zwei weitere Werte mit dem Bild Ler Nikolai-
kirche erschienen. — Freimarken: 5 Oere blaugrün, 7 Oere
violett.

Frankreich: Dieser Tage erschien eine querrechteckige
Marke, die den Frieden sywbolisieren soll. Ferner erschien
eine Weöbereihe sür die im Jahr 1637 in Paris statt-
findende Weltausstellung. Jm Vergleich zu den letzten
französischen Marken fällt die Zeichnung dieser Marken
sehr stark ab und ist als schlecht zu bezeichnen. Die Mar-
ken bis zu 50 Centimes zeigen in kleinem Format einen
Herold, der wöhl die Ausstellung ankündigen soll. Die
beiden höheren Werte sind querrechteckig gehalten und
zeigen eine Hand, welche einen Vorhang vor einer Welt-
kugel zurückzieht. Sämtliche Marken tragen die Jnschrift
„Exposition Jnternationale Paris 1937". Die Zeichnungen
stammen von den Künstlern D. Galanis und M. Darag-
nes. Buchdruck, Zähnung 13jL. — Freimarke: 1,50 Fr.
mattblau. — WerbemarrLn: 20 C. lila, 30 C. blaugrun,
40 C. ultramarin, 50 C. orangerot, 90 C. 'karminrosa,
1Ä0 Fr. ültramarin.

Großbritaunie«: Jn der nemen König-Eduard-Zeich-
nung ist am 14. September ein weiterer Wert erschienen.
Rastertiefdruck von Harrison and Sons. — Freimarke:
1 d rot.

Litauen: Die postläufige Marke zu 5 Centu im Wap-
penmuster ist wohl aus Ersparnisgründen in einfarbigem
Druck und kleinerem Format auf Papier mit Waflerzeichen
„Gediminaswappen" erschienen. — Kreimarke: 5 C. grün.

Polnische Post in Danzig: Die neuen Landschafts-
marken von Polen sind jetzt auch mit dem Aufdruck „Port
Gdansk" erschienen. Die Stellung des Aufdrucks ist je
nach dem Äild verschieden angeordnet. — Freimarken:
>6 Groszy violett, 15 Gr. grünblau, 25 Gr. russischgrün.

Bedarssmarken — Uebersee:

Aegypten: Bereits im Frühjahr konnten zwei «eu«
eiinarken mit dem Bild des inzwischen verstorbenen
önigs Fuad, jedoch in geänderter Rahmenzeichnung ge-
meldet werden. Jetzt sinü weitere Werte in dieser abge-
ünderten Zeichnung erschienen, die am linken Rand statt
der Wertbezeichnung die Jnjchrist „Postes" trägt. Raster-
tiefdruck des Surbey Departement in Kairo. Freimarken:
1 Millieme orange, 2 M. schwarz, 3 M. alidbraun, 5 M.
braun, 10 M. violett, 15 M. schwarzviolett.

Afghanistan: Mit gewöhnter Pünktlichkeit ist die dies-
jährige Unabhängigkeitsgedenkmarke erschienen. Sie ist
wie üblich in einheimischem Druck hergestellt. zeigt aber
diesmal nicht das Unäbhängigkeitsüenkmal, sondern eine
Darstellung des aus Anlatz des Freiheitsfestes abgebrann-
ten Feuerwerks. Zähnung 11)4. — Freimarke: 50 Pul
dunkellila.

Eritrea: Zu den im Juli gemeldeten Luftpostmarken
mit Darstellung einer Autostratze sind weitere Werte in

verschiedenen Zeichnungen erschienen. Der Wertfolge nach
" ' " flÜgi " - -

ochgebirg

' t. pflü-

gelangen zur Darstellung: pflügender Bauer,
tal mit Eisenbahn, Buschlcmdschaft, Flutzlandschaft, p
gender Bauer, Hochgebirgstal, Autostratzenbrücke, Busch-
landschaft, Flutzlandschaft. — Luftpostmarken: 25 Cente-
simi olibgrün, 50 C. sepia, 60 C. orangerot, 75 C. braun,
1,60 Lire violett, 2 L. schwarzblau, 3 L. weinrot. 5 L.
grün, 10 L. karminrosa.

Libanonrepublik: Diese unter französischer Verwal-
tung stehende Republik hat neue Luftpostmarken eöhaltsn.
Zur Darstellung kommen ein Schiläuser im Gebirge Li-
banon nach einem Entwurf von Ph. Mourani und eine
Autostratze nach einem Entwurs von M. Farrauk. Die
Schiläufermarken sind selbstverständlich als Werbemarken
für den Fremdenverkehr, insbesondere den Wintersport
gedacht. Rastertiefdruck von Helio-Vaugirard in Paris. —
Luftpostmarken: 0,50 Piaster dunkelolivgrün, 1 P. duwkel-
orange, 2 P. dunkelschiefer, 3 P. hellgrün, 5 P. bräunlich-
lila, 10 P. braunorange. 15 P. dunkelkarmin. 25 P. grün.

Malayischer Vund: Weiterer Portomarkenwert mit
der Jnschrist „Malahan Postal Union". — Portomarke:
4 Cents grün.

Reuseelanb: Zur Erinnerung an die Tagung der
Vereiniguna der Handelskammern des gesamten britischen
Reiches sinb einige Erinnerungsmarken in querrechtecki-
gem Format uud mit der Jnschrift „Chamber of Com-
merce Empire Conference Wellingwn Oct. 1936" zur Aus-
gabe gelangt. Dargestellt sind: mit Wollballen beladenes
Lastauto, Molkereibetrieb, Schafherde, Obstversand, Fracht-
danrpser am Kai. — Freimarken: d grün, 1 d rot, 2)4 d
blau, 4 d lila, 6 d karmin.

Rikaragua: Die Telegrafenmarke mit dem Aufdruck
„Reconstruccion Comunicaciones 5 Centavos de Cordoba"
wurde zur Erstellung von zwei Aus'hilfsfreimarken be-
nutzt. Sie erhielt dazu den weiteren Äusdruck »Vale un
centavo (bzw. dos centavos) / Resello / 1938". — Krei-
rnarken: 1 C. aus 5 C. grün, 2 C. auf 5 C. grün.

Paraguay: Jn die Meldung in letzter Nummer üLer
Farbenänderungen bei den Luftpostmarken hat sich ein
Fehler eingeschlichen. Es muß an erster Stelle nicht 40 C.
rot, sondern 80 C. rot heitzen.

^rjraäsn, LismLrokpIshr

Pern: Zur Jahrhundertfreier der Provinz Callao er»
schienen eine Anzahl Gedenkmarken. Callao, die Hafen-
stadt der Hauptstaüt Lima, spielte in der Geschichte der
Uuabhängigkeit Perus von Anfang an eine sehr wichtige
Rolle. Zur Darstellung gelangten das Kriegsschiff San
Cristobal (2 C.). die Seemannschule in La Punta (4 C.),
der Unabhängigkeitsplatz in Callao (5 C.), Lufkbild der
Stadt Callao (10 C.), der Hafen von Callao (16 C.), eine
Karte üer befestigten Stadt Callao aus dem Jahr 1746
(20 C.). Marschall Jostz de la Mar (50 C.). üas Paketboot
Sacramento, das erste Kriegsschisf im Unäbhängigkeits-
kampf (1 S5., der Wiedererbauer Callaos Don Jose de
Velasco (2 «.). das Fort Maipu und seine beiden Ver-
teidiger Dr. Corone und Galvez (5 S.), der Plan der
Besestigung Real Felipe, die als das bedeutendste Befesti-
gungswsrk in Amerika während der Zeit um 1750 ange-
sehen wird (10 S.). Die zugehörige Luftpostinarke bringt
die erst« Lokomotive „La Callao" der ersten südamerrkani-
schen Eisenbähn. die 1851 zwischen Callao und Lima den
Betriöb aufnahm. Die Marken bis zu 1 Sol sind in Raster»
tiefdruck, die höheren in Stahlstichtiefdruck hergestellt.
Den Druck besorgten Waterlow and sons in London, die
jetzt auch die veruanischen Dienst- und PortomaAen lie»
fern. Ginige Werte können bereits gemeldet werden, die
durch den am Unterrand befindlichen Druckvermerk leicht
erkannt werden können. — Freimarken: 2 Centavos
schwarz, 4 C. blaugrün, 5 C. braun, 10 C. mattblau, 15 S.
hellgrün, 20 C. sepia, 50 C. dunkelbiolett, 1 Sol olivgrün,
2 S. purpur, 5 S. karminrosa, 10 S. orangerot/sepia. —
Lustpostmarke: 35 C. blaugrau. — Dienstmarken: 10 E.
braun, 50 C. grün. — Portomarken: 2 C. braun. 10 T.
grün.

Philippinen: Unter Spanien wurden bererts kürzlich
Gedenkmarken an einen Flug bon Madrid nach Manila
gemeldet. Nun häben auch die Philippinen dazu Gedenk»
marken herausgegeben, wozu man Kreimarken der Aus-
gäbe 1918/28 mit dem Aufdruck „Manila — Madrid Ar-
nacal Flight 1636" und neuer Wertangabe versah. —^
Freimaöken: 2 auf 4 Cents karminrosa. 6 auf 12 C.
orange, 16 auf 26 C. blaugrün.

Straits Settlements: Ergänzungswert der nene«
Rekhe mit König Georg und zusätzlicher Jnschrift „Ma-
laya". — Freimarke: 12 Cents ultramarin.

Bereinigte Staaten: Zur Erinnerung an die 1820 ge-
borene Vorkämpferin der Frauenbewegung in den Staaten
(Dhe National Woman Sufsrage Aflociätion) Susan B.
Anthony gelangte am 26. August eine Gedenkmarke mit
dem Bild dieser Frau und der Beschriftung „Suffrage for
Woman" zur Ausgabe. Stahlstichtiefdruck des Äureau ok
Engraving aud Printing in WasSington. Zähnung 11. —
Frermarke: 3 Cents violett.

Für den Inhalt verantwortlich: Dr. W. Schmidt.

^IsmmsnrsiOksn üdsi- Lpanisn

2 Original-I^omari von Qrups-I-Srolisr. klsciiicki-uOtz vsrboksn

„Nein. Wir wünschen ihn auch aus einer besonde-
ren Llrsache zu sehen. Ich habe mich entschloflen, ihn zum
Alleinerben unseres Vermögens und unseres Vodenbe-
sitzes einzusehen. Anser einziger Sohn ist vor einigen
Iahren einem Autounfall zum Opfer gefallen. llnd Ri-
cardo ist der Nächste, der uns beerben könnte —"

Dubli legt das Besteck neben dem Teller und lehnt
sich etwas in den zierlichen Seflel zurück. Lr denkt:
„Welch glücklicher Mensch muß dieser Ricardo sein, dem
ein MiÜionenvermögen gleich nach seiner Rückkehr aus
Marokko förmlich in den Schoß sällt —! Cin beneidens-
werter Mann!"

Ieht mischt sich auch die Gräsin ein, denn stchtlich ist
sis innerlich von dieser Angelegenheit sehr beschäfttgt:
„Der Verlust unseres Sohnes ist für uns sehr schmerz-
lich. Aber wir hoffen, in Ricardo aufs neue einen Dohn
zu bekommen. Noch weiß er vermutlich nichts vom Tod
unseres Sohnes. Wir müflen bezweifeln, daß er bei
dem oft völlig abgeschloflenen Kampfgelände in Marokko
von uns Briefe erhielt —"

„Dann wird er Ihnen vielleicht sehr fremd gewor-
den sein?"

Sie seufzt leise auf: „Ach, wir kennen ihn noch gar
nicht. Sis wiffsn, man Pflegt in Spanien nicht so viel
zu reisen, wies in anderen Ländern geschieht. Änd wenn
Verwandte ganz drunten im Südzipfel von Spanien
leben und andere droben im Norden —, dann sieht man
sich einfach nicht! Hinzu kommt, daß ich mich nicht sehr
gut mit seiner Mutter einst stand. Immerhin —"

„Immerhin — er ist der einzige Sohn meiner ein-
zigen Schwefter Manuela!" wirft der Graf jetzt mit sanf-
tem Nachdruck ein. Seins Cltern sind tot. Cr findet
außer uns niemand mehr bei seiner Rückkehr vor. Seine
Cltern haben frühsr immer betont, er sei ein vortreff-
licher Sohn. Das wird er nun auch für uns werden.
stnd er verdient es, wenn er jetzt aus diesem Höllenkrieg
kommt, daß er beflere Zeiten sieht —"

In der Stimme des Grafen liegt das ganze warme
Wohlwollen, von dem sein Wesen immsr überstrahlt ist.
Plötzlich kommt ihm ein Gedanke und er zieht aus sei-
ner Drieftaschs ein Vild hervor: „Hier, sehen Sie nur,
in was für Felsenwüsteneien unsere tapseren Soldaten
dort unten hausen müflen! Hier — der erste von rechts,
ist unser Neffe Ricardo —

Dubli nimmt mit einem verbindlichen Lächeln das
Vild in Cmpfang, um es aufmerksam zu betrachten.
llnter einem großen, weichen, an einer Seite durch eine
Kokarde hochgehaltenen Schlapphut, wie ihn drunten die
Soldaten gegen dis Glut der afrikanischen Sonne ttagen,
sieht er dunkle Augen, schmale Wangen —, es ist eigent-
lich ein Gesicht, wie es in Südspanien zu Duhenden vor-
kommt —.

Und dennoch!

Dublis Hand zittert. Cr hat eins Gedankenverbin-
duna, die ihn selbst fast wie ein Vlihschlag ttifft. Dieser
Cinsilll ist phantastisch, im Augenblick unübersehbar in
seiner Auswirkung —, ja, dieser Gedanke ist eine urplötz-
liche Lingebung!

Dubli hat einen Freund in Südspanien. Cinen
typischen Andalusier. Cr fieht diesem Nessen Ricardo
durchaus ähnlich. Wsnn man Vincente in diese gelbliche
Llniform steckte und seinen Kops mit diesem großen
Schlapphut bedeckte —, würde er Ricardo so ähnlich
sehen, als sei er — mindestens — sein Bruder. Dielleicht
sogar er selbst!

Wenn Vincente nun die Rolls dieses heimkehrenden
Ricardo übernähme? Wenn man dtesen Ricardo ver-
schwinden ließe. ehe er mit diesen Verwandten zusam-
mentrifft? Wenn Vincente plöhlich zu Ricardo würde,
dem ein Millionenvermögen in den Schoß fallen soll?

Absr der Plan ist einfach zu phantastt'^! Dubli ver-
wirft sekundenlang sein Lustschloß. Warum denn? bohrt
sein Verstand näch, der ewig auf Geld und große
„Loups" erpicht ist. Warum? Ifl nicht gerads bei Sol-
daten, die nach Iahren aus einem Krieg zurückkommen, sin
Personsntausch nicht schon oft vorgekommen? Welch gün-
stige Gslegenheit, hier, wo der Hetmkehrende keine Cltern

mehr hat, seine Verwandten noch nicht kennt und diese
ihn gleichfalls nie sahsn —?

Dubli sieht stch sekundenlang sehr scharf das Dild
an, nicht nur den Soldaten Ricärdo, seine Aniform, die
umstehenden Kameraden, sondern auch die wüste klm-
gebung des Gebirgstrainings. Dann hat er sich vollkom-
men wieder in der Gewalt, um mit einem verbindlichen
Lächeln das Vild dem Grajen zurückzureichen.

Iuwelen der ermordeten Zarin tauchen aus.

Aeber was soll sich Dubli jetzt noch mit diesen altern-
den Spaniern unterhalten, wo sein Kopf plöhlich voll von
neuen Plänen uNd lleberlegungen ist? Cr braucht nun
Zeit zum Nachdenken. Zum Glück schrillen die Glocken
wieder durch das ganzs Haus. Fräulein von Kleist erhebt
sich sofort, als wenn sie von innerer Anruhc gepackt würe.
„Wir wollen hinausgehen!" meint auch die Gräfin.

WLHrend er das Grasenpaar und die junge deutschs
Dame bis zu ihrer Loge geleitet, hält es Dubli doch noch
für richtig, einen gemeinsamen Nachhauseweg zu verab-
reden. — „Vitte fahren Sie mit uns!" schlägt der Graf
in seiner grenzenlosen Liebenswürdigkeit vor. „Sie setzen
meine Frau und mich an unserem Hotel ab und fahren
dann Fräulein von Kleist nach Hause, mögen Sie?"

ANd ob er mag! Cine kurze Weile mit dieser ent-
zückenden Lilly von Kleist allein in einem seudalen Auto
sitzen, mit ihr, die ihm immer so geschickt zu entgleiten
versteht — unter vier Augen plaudern können, wcnn sie
dicht neben ihm sthen bleiben muß —, selbstverständlich!
Cr freut stch auf diese Augenblicke so sehr, daß er sich
selbst schilt, ein dummer verliebter Iunge zu sein, der sich
von einer jungen Sphinx blenden und bcherrschen läßt —.

Vor den Arkaden des Staatsthcaters wartet die Li°
mousine des Grafenpaares. Man ist im Nu am tzotel.
Der Graf entschuldiyt sich, wenn er stch bereits jetzt mit
seiner Gattin zurllckzieht. Aber die Vorstellung hat lange
gedauert und er spürt noch die Nachwirkung der Badekur.
Aber man wird morgen abend einen hübschen kleinen Ab°
schied zu vieren feiern, wenn Herr Dubli aus dem Tann-
Häuser-Klavierauszug vorspielt — und man Pläne. sür
das Wiedersehen auf dem Landgute bei Valencia schmie
det . . .

Dubli steigt aus, ehe noch der kleine Voy herbeigceilt
ist, um den Herrschaften aus dem Wagen zu helfen. Zm
Licht des Hoteleingangs sieht Lilly von Kleist des Man
nes Silhoustte. Cr macht eine sehr gute Figur. Cr ist
groß, fast übermäßig schlank. Seine Vewegungen find
gelaffen und doch völl höflicher Zuvorkommenheit.

Was er wohl eigentlich treibt?! denkt sie. Ist er so
wohlhabend, daß er sich in der Hauptsache aus Reisen be-
findsn kann? Cr ist ein fabelhaft anregender Gesellschaf-
ter, der über die intereffantesten Dinge unterhalten kann.
Die Ausstcht, ihn auf dem Landgut des Grafen rn einiger
Zeit wieverzutreffen, ist Fräulein von Kleist nur ange-
nehm. Denn vielleicht ist es reichlich einsam auf diesen
Orangeplantagen, die draußen vor Valcncia liegen?

Die Derabschiedung ist erfolgt, Das Grafenpaar
verschwindet im Hotel. Dubli steigt wieder ein, nach-
dem er dem Chaufseur die Adrefle seiner Begleiterin an-
gegeben hat.

„Ganz reizenbe Leute, diese beiden Herrschaften! Wo
haben Sie sie eigentlich kennengelernt?"

„Wie Äe, im Kurhaus. Vei einem der Philharmo-
nischen Konzerte saßen sis nsben mir. Und da ich Wics-
badnerin bin, konnte ich ihnen vieles erzählen, ihnen
raten und sie auf vieles aufmerksam machen —

„Sie haben immer hier in Wiesbaden gelebt, Fräu-
lein von Kleist?"

„Mein Vater zog stch nach der Novemberrevolte vom
aktiven Dienst zurück und stedelte nach Wiesbaden über.
Wir haben während der Vesstzung schwere Iahre hier er-
lebt. Ia, schwere Iahre --"

Das Auto gleitet geräuschlos über die asphaltierten
Straßen. Dubli späht unaussällig von der Seite in Cilly
von Kleists Gesicht. Der Ausdruck ihres Proffts ist plötz-
lich ganz ungewöhnlich hart und verschloffen. Cr fühlt es:
irgendein früheres Crlebnis beherrscht ganz die Seele

dieses jungen MLdchens. Das Lrgert ihn, macht ihn
eifersüchtig. Wer ist der Mann, an den sie eben in die-
sen Augendlicken denkt?

„Laflen Sie die Vergangenheit," sagt er daher sast
brüsk. „Ieht ist Wiesbaden Gott sei Dank wieder frei."

„Sie haben recht!" murmelt sie, „das römische Sprich-
wort ist wahr: „6arxs äism! Genieße den Tag!" Des-
wegen freue ich mich auch, diesen sympathischen beiden
Leuten begegnet zu sein und durch sie in eine ganz neue
Llmwelt zu kommen. Hisr in Wiesbaden vergräbt man
sich ja doch immer wieder in die Vergangenheit."

Dubli überlegt sekundenlang. „Darf ich Sie morgen
vormittag irgendwie treffen und sehen?"

„Anmöglich, Herr Dubli. Ich habe dem Grafenpaare
versprochen, um zehn fthr ins Hotel zu kommen. Cs han-
delt sich um eine ganz intereffante Sache. Cin Iuwelier
bietst der GräfiN einen fabelhaftcn Schmuck zum Kause
an-"

„2lh, einen Schmuck? Die Grüfin besitzt doch genug
wundervolle Iuwslen."

„Da mützte sie keine Spanierin sein! Vei diesem
Kaus reizt sie übrigens das Geheimnisvolle. Die Wahr-
scheinlichkeit, daß es sich um Schmuckstücke aus dem Nach-
laß der ermordeten Kaiserin von Rußland handelt, ist

grvß-"

„Das ist intereffant! Woher hat man diese Dermu-
tung?"

„Der Schmuck ist derarttg wertvoll — und einzig-
arttg, daß er überhaupt nicht zum öffentlichen Derkaus
gelangt. Anch nicht auf einer Auktton —"

„Aus welchem Grunde?"

Sie zuckte die Achseln. „Der Graf vermutet — und
auch der Iuwelier, daß die Sowjets vielleicht auf die Iu-
welen Beschlag legen würden, falls diese irgendwo ösfent-
lich zum Verkäuf kommen."

Dubli schweigt. Cr ist vollkommen benommen von der
Crzählung. Cs ist ihm auch im Augenblick völlig aleich-
gültig, daß er morgen vormittag kein Zusammentresien
mit Cilly von Kleist hat. Morgen abend wird er beim
Musizieren im kleinen Salon unauffällia durch fie erfah-
ren, ob der sagenhaft wertvolle Schmuck von der Gräsm
gekauft worden ist oder nicht. Geschah es, dann wird er
Gelegenheit haben, in deflen unmittelbare Nähe zu kom-
men, wenn er der Cinladung aus das Landaut bei Va-
lencia folgt. And dazu die qroße Sache mit Vincente,
der Ricardo werden soll! Dnbli ist der Pläne übervoll,
seine Nerven sind bis zum Zerreißen gespannt . . .

Zwei Freunde kommen aus dem Krieg zurück.

Durch die trüben lehmgelben Fluten des Guadal-
quivir schraubt sich sehr langsam ein Transportdampfer
mft spanischen Truppen nach Sevilla.

Cs ist derselbe Weg, den einst am Palmsonntag des
Iahres 1493 Christoph Columbus nahm, als er nach der
ersten Rückkehr aus Amsrika in der berühmten Kathedrale
seine Palme weihen lasfen wollte.

Wieder ist Palmsonntag . . . Wie einst sind Tau-
sende am Morgen in die Kathedrale geströmt und tragen
nun ihr langes gebleichtes Palmblatt nach Hause, um es

detcn Menschcn. Hier ist ja jedes kirchliche Fest zugleich
ein Volksfest!

Vorne am Vug des Dampfers stehen zwei Männer.
Sie haben wie zwei gute Kameraden den Arm um die
Schultor des anderen geschlunaen. Veide tragen die
schmuckloss Offtziersuniform. Der etwas Kleiners an
Statur ist der typisch vornehme Andalusier, dsn eine klas-
sisch-edle Nasenlinie auszeichnet, eine freie Stirn und
Feingliedrigkert an Händen und Füßen. Gang und Hal-
tung sind von wunderbarer Gemeflenheit.

Der andcre Offizier, größer, stattlicher, blauäuqig
und blond, fallt unter den zierlichen, dunklen Männer-
typen des Transport-s auf. Sein Auge ruht auf den
längs der ttser stch hinzishenden Weiden, wo Hunderte
junger Strere jagen, die hier in diesen Gehegen für die
Arenen der tstterkampse aufgezogen werden.

Der Blick des Spaniers aber eilt immer dem Schiff
voraus, und plohiich schreit der junge Mensch in einem
Ausbruch rmpulftver Freude auf. „Lort rst dre Gtralda!
Oh, der Turm der Kathedrals von Sevilla. — Ich habe


oft nicht mehr gehofft, sie noch einmal rn meinem Lebea
wrederzujehen!"

klm die beiden Offiziere nimmt di« klnruhe zu. Slus,
dem Schiffsbauch werden bererts die Maschinengewehre
heraufgeholt.

„Ob mrr meine Heimat noch gefallen wrrd?" murmelt
jeht der Andalusier und heftet den Vlick unverwandt auf
den herrlichen weißen Turm, — der stch immer plastischer
in das Vergißmeinnichtblau des Frühlrngshimmels hsbt.
„Ob rch mrch nach diesen ungeheuren ftmwälzunaen, die
Spanien inzwrschen durchmachte, zurechtfinden werve?" .

Der andere schweigt. Aber Ricardo sieht dre tiese
Falte von Kummsr und unverkennbarer Crbitterung . - -
Cr ahnt, was Ludwrg jetzt denkt.

Ludwrg Cscheburgs Weg.

Zum zweiten Male rn serrrem Leben kehrt Ludwig
Cscheburg aus einem Feldzug zurück. Damals, bei der
Hermkehr aus dem Weltkttea, dsflen letzten Abschnitt -r
als blutjunger Krrsgsfreiwilliger mitgemacht hatte, war
serne Kraft noch ungebrochen, so datz er in den Kreis
derer trat, die sich nrcht mit dem Dersailler SchaNddrktat
zuftiedengaben. Mit ganzer Lttdenschaft hat er im Dalti--
kum gskämpft, in Oberschlesten. Cr lernte Schlageter ken-
nen, sttne Bewunderung für diesen Frtthtttskcjmpfer wirS
so ttef, daß er rhm mrt in die Ruhrkämpfe folgt . . .

Cscheburgs blaue Augen mit dem eigsnarttq klarew,
zielbewußten Vlick betommen während dieser Gedanks»
ettvas Hartes. Cr denkt an die Stunden sernes Lebens,
die bis jetzt die schwerstsn für ihn waren. An die Crschre»
ßrmg Schlageters dentt er, und an den Cntschluß, das ver»
ratene Vaterland zu verlaflen.

Nach Spanien ist er damals rn seiner Zerriflenhert
ausgewandert; denn da sttn Großvater rn Spanren als
Konsul ernst eine Spanierin aehttrattt hatte, sind sein«
Vezrehungen zu diesem Lande dis besten. Sttne Sehnsucht
von feinen schweren Crlebniflen rn Deutschland abgelenkr
zu werden, lreß rhn am Kolonralkriege teilnehmen, d«n
Spanien um seine lehte Kolonie in Marokko aussocht-

!lnd nun rst rn Spanien das Könrgtum gestürzt, di<
Republik hat dsn Marokkottieg liquidiert. Kür Luvwig
ist ttne Pflicht erfüllt. Zuglerch steigt jedoch ttne groß?
Cntschlußlosigkeit in ihm aüf. Cr weiß noch nicht, rvas
er jetzt beginnen wird, was jeht seines Lebens Inhalt
werben könnte. Nur das eine weiß er: er wrrd veu
Dienst rm spanischen Heer beenden, weil er dreser Links-
republik den Treuerd nicht leisten mag . . .

„Sorrderbar, jeht wo rch mich der Heimatstadt nähs«-
brennt die Frags immer herher, ob mttne Braut Rka»
nucla mir die Treue gehalten hat?" Ricardo reißt CsH<'
burg aus seinem Simren und starrt zum näherrückendsu
ftfer hinübsr: „Wenn nicht, darf ich ihr nicht zürnen. 3"
lange habe ich ste ost ohne Nachricht laflen müflen, weN"
wir droben rn den weltabgelegenen Felsenwüsteneien
aen! Damals rückts mrr alles oft so fsrne, was mit
Hermat zusammenhing."

»Ia, es war, als ob man auf einem andern Stett^
lebte!" sagt Ludwig in eine neue Pause hinein. —
lag ernem alles, was man hinter sich laflen wollte! Nd«r
jetzt, wo man den Fuß wieder auf europärschen Vvven
setzt, droht alles wieder aufzubrechen — und vor eintt»
aufzustehen."

„Dich psinigt nicht dre Frage, ob deine Braut di^
erwartet, Ludwig."

Der Deutsche lächelt resigniert. „O nein. Als
damals dem Mädel schrieb, das mir das liebste von alleu
war, rmd rhr mttnen Cntschluß mittttlte: dsr deutickb'"
Heimat den Rücken zn kehren, da wußte ich, daß ich d»"
Namen Cilly von Kleist zum lchtenmal schrerben würdt-

„Wer vielleicht hat ste dich nicht vergeflen, und ws""
du nun nach Deutschland zurückkehrst-" .

Crne ablehnende Handbewegung des Freundes E
Ricardo verstummen.

(Fortsetzunq folgtll


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