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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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„Heidelberger Neueste Nachrichten" — „Heidelberger Anzeiger"

aus, „und dürfen nicht zulaffen, datz disses kostbars Crbe
leichtsinnig zerstört wird! (Stürmischer Beifall.) .

Dr. Goebbels behandelte dann die Fraae der Or-
ganlsation der Künstler. Cr umrih den Ve-
gryf der Organisation als Arbeitszusammenfaflung und
elrveltsführung und gab in diesem Sinn dem Präsiden-
ten der Cinzelkammein wertvolle Richtlinien für ihre
Arbeit. Cr warnte sie vor allem davor, den Organi-
sationsapparat als Selbstzweck und nicht
als Mittel zum Zweck zu betrachten. In eindringlichen
Worten ersuchte cr die Präsidenten der Cinzelkammern,
ihr besonderes Augenmerk der sozialen Betreu-
ung der schaffenden Künstlcr zuzuwenden. Cr wies dar-
auf hin, dah er selbst durch dcn Ausbau der „Schiller-
Stistung" u»d dis Gründung der Stiftung „Künstler-
dank" dem großen augenblicklichcn llebel abgeholfen habe.
In dcr T h e a t e r k a m m e r habs er einen Kommiflar
eingsseht, dcr die soziale Betreuunq auf eine
feste Basis stellen solle.

Man müsie dem Künstler an sozialer Vetreuung
cbensoviel angedeihen laflen wie dem handarbeiten-
den Volksgcnoflen.

Am Schluß seinerRede gab Reichsminister Dr. Goebbels
in großen Zügen eine Würdigung und Darstellung der
von der Reichskulturkammer in den drei Iahren ihres
Destehens geleistcten Arbsit. „Wir haben mit dem stän-
dischen Aufdau dcr Reichskulturkammer absolutes N e u-
land betreten. Zum erftenmal haben wir in Deutsch-
land den Versuch eincs ständischen Aufbaues
gemacht. Heute stehen wir vor einem gewaltigen geseh-
tichen Unterbau, der sich auf allen Gebieten des kulturel-
len Lebens auswirkt. Die Selbstverantwortung eines
Standcs der sich als Diener im Staat fühlt, ist in der
Reichskulturkammer festgelegt."

Reichsniinister Dr. Goebbels ermahnte die Kunst-
schaffenden, übsr allen kleinen Tagesfragen ststs das
größereIdeal zu sehen und zu verfechten. „Wir
haben heute die salsche, romantische Illusion vom
Künstler als einem unmodernen, unpolitischen und
tausendfach gehemmten Zeitgenoffen beseitigt. Ich wün-
sche, daß aus diesem Kreis eins neue Vorstellung
vom deutschen Künstler auch in ihre Gefolgschaft hinein-
astragen wird, vom deutschen Künstler als einen mo-
dernen und aufgeschlossenen Menschsn, der
mit offsnen klaren Äugen das Leben sieht und es kraft
seiner großen Phantasie und starken Initiative künst-
lerischzu gestalten versucht.

Wenn es uns gelingt, ist das nicht nur eine ilmfor-
mung d e r M e n s ch 'e n." In seinen Schlußfolgerungen
gedachte Reichsminister Dr. Goebbels des Führers.
!,Wir haben das große Gliick, als Führer der Nation
«inen Mann zu besihen, von dem wir wiffen, daß er auf-
geschloffen ist sür die Künsts, wie wohl kein anderes
Staatsoberhaupt, daß er sin osfenes Herz für die Ve-
dürfnifle der Künstler hat und sich verantwortungs-
bewuht mit ihren Fragen und Problemsn auseinander-
seht, so daß man sagen muß: Cs gibt sür den Künst-
lerkeine glücklichereZeit als die heu-
tigs in Dsutschland." (Stürmischer Bsifall.)
„Die großen Genies der neuen Zeit sind noch nicht da,
aber sie werden einmal kommen. — Cs kann für uns
alle keinen sehnlicheren Wünsch geben, als diese Stunde
noch miterleben zu können. Ich bin davon über-
zeuqt, in dieser Stunds wird die Nation ihnen voll An-
dacht lauschen. Glücklich der, der der Stunde teilhaftig
wird, wenn Gott in unserem Volk das Wort ergreift."

Der stürmischen Zustimmung des Reichskultursenats
gab Staatssekretär Funk in herzlichen Dankesworten
Ausdruck. Er gedachts des Führers, des obersten
Schirmherrn der deutschen Kunst, und aus dankbarem,
gläubigem und trcucm Herzen ftimmten die Reichs-
kultursenatoren in das Sieg-Heil auf den Führer ein.

LilmnW-Mkelsleiii der.Elireilgottlose"

Er ist stolz auf diese Auszeichnung.

Warschau, 29. Novbr. Wie aus Moskau gemek-
det wird, hat der Zentralrat des Gottlosenverban-
des den Außenkommiffar Litwinow-Finkelstein
zum Ehrengottlosen ernannt. (!)

In einem Schreiben, in dem Litwinow-Finkelstein an
den Gottlosenverband für die „Chrung" seinen Dank aus-
spricht, betont er, daß er nicht nur in der Sowjetunion,
sondern auch im Ausland, besonders aber im Völkerbund,
mit Stolz aus die ihm zuteil gewordene Auszeich-
nung (!) hinweisen und sich stets bemühen werde, zu be-
weisen, daß ihn der Titel eines Chrengottlosen zu neucn
Taten verpslichte. Weiter macht der Außenkommiffar
darauf aufmerksam, daß mit ihm auch seine Fami-
lie zu dem Gottlosenvsrband gehören, die der Organisa-
tion 400 Rubcl zur Verfügung gestellt hätten.

DrokWgeo «os Moska«.

An die Adreffe Lettlands, Estlands und Finnlands.

Moskau, 29! Novbr. Der Leiter der Kommunistischen
Partei des Leningrader Gebiets, einer der Stellvertre-
ter Stalins im Sekretariat der Gesamtpartei, Schda-
now, richete am Sonntag in einer längeren Rede auf
dem Rätekongreß, der, wie üblich, weniger den Fragen
der „Verfaffung", sondern Veschimpfungen des
„Faschismus" gewidmet war, auffallend scharfe Dro-
hungen gegen die Nachbarländsr des Lsningrader Ge-
biets Lettland, Cstland,Finnland.

In diesen kleinen Ländern, so sagte Schdanow, gebe es
„große Abenteurer", die ihr Land „faschistischen Groß-
mächten als Operationsbasis gegen die Sowjetunion zur
Verfügung stellen möchten." Diese kleinen LZnder müß-

ten sich in acht nehmen, daß die Sowjetunion nicht ihr
ihnen zugekehrtes Fenster weit ausmache und „mit
Hilfe der Roten Armee nachsehe, was drüben los
sei." (N)

Montag, 30. November 1936

Hetzredner LiMlnolv-Finkelstein.

Moskau denkt nicht an Demokratifierung.

Moskau, 29. Novbr. Am Samstag abend hl- ^

Reich§»emescr«»»Hotttzy i» Me».

Herzlicher Empsang des ungarischen Staatsoberhauptes.

Wien, 29. Novbr. Der ungartsche Reichsverwessr
von Horthy, der am Samstag abend mit seiner Be-
gleitung im Sonderzug Rom verlaffen hatte, traf am
Sonntag vormittag inWienzu einem Staatsbesuch ein.
Nach dcm festlichen Cmpfang am Vahnhof begab sich
Reichsverweser von Horhy zuerst zum österreichischen
Staatsprüsidenten Miklas, um dann dem Bundeskanz-
ler Schuschnigg einen Vesuch zu machen. Darauf
legte der Reichsverweser am Heldendenkmal und am
Marineehrenmal Kränze nieder, um hierauf in der Gruf
der Habsburger seinen ehemaligen Obersten Kriegsherrn,
Kaiser Franz Ioseph, zu ehren.

Am Sonntag abend gaben Bundespräsident Mik-
las und seine Gatin zu Chren des ungarischen Gastes
einen Cmpfang in der Galerie des berühmten Schlos-
ses Schönbrunn, an dem Vundeskanzler Schu-
schnigg und gemeinsam mit zahlreichen Diplomaten auch
der deutsche Votschafter von Papen teilnahmen. In
ihren Trinksprücheu begrüßten Bundespräsident Mik-
l a s und Reichsverweser von Horthy das freundschast-
liche Verhältnis zwischsn beiden Staaten, wobei sie die
durch dis römischen Protokolle gekennzeichneten guten Ve-
ziehungen zu Italien und zugleich die freundschaftliche
Zusammenarbeit mit Deutschland betonten.

— Der chinesische Marschall Tschiangkaischek erklärte
in einer Rede, daß das deutsch-japanische Abkommen gegen
die Kommunistische Internationale der Abwehr der roten
Gefahr disne. Die Freundschaft, die zwischen Deutsch-
land und China besteht, werde dadurch in keiner Weise
berührt.

Neue Mitglieder bes Reichskultursenats.

AiMWch >der 3. Jcchrestagung der Neichskulturkammer wuvde der Staatsschauspieler Emil Jannings
und der Staatsrat und Generalintendant am Deutschen Nationaltheater in Weimar Dr. Hans Severus
Ziegler in den ReichAultursenat berufen. — Links : Gencralintendant Ziegler. (Graphische Werk-
stätten, K.) — Rechts: Emil Jannings (Scherl Bilderdienst, K.)

sowjetrussische Außenkommiffar

-sted-,

__ , ...Litwinow

stein von der Tribüne des RLtekongreffes aus prn

die sich durch ihre hetzsrischen Ausfälls §- „„z

„Faschismus" und die Politik Deutschld"

Iapans auszeichnete. ,, Test-'

Der Redner machte zunächst die bemerkenswe
stellung, daß die mit soviel Reklameaufwand -.mnio"
sogenannte „D e m o k ra t i s i e r u n g" der Svwt
von europäischer Seite keineswegs so anoeieyc «cr-
dürfe, als ob Sowjetrußland nunmehr gleichjam Foc>n
lorener Sohn" zur Demokratie in curoparsiy
und zu den bourgeoisen Freiheiten zurückkehren,

Zu den spanischen Creignissen ubttg ,

wiederholte Litwinow aufs neue die schon m-b-j? 'Mresi-
legten unsinnigen Anschuldigungenan .^cojchteiU'
Deutschlands und Italiens. Auch der Londoner -„art-
mischungskommission blieben seine Vorwürfe mfelsts
Pathetisch rief er aus, daß der RLtekongrehr ,
seine Gefühle teile, wenn er das „spanische Vo ^ hcl-
„heißen Anteilnahme und seines Cntzückens uoer
denhaften Widerstand gegen den Faschimus veri , j-
lleber die bekannte Tatsache der s o w I per
sischen llmtriebe in Spanien glauvre >
Volkskommiflar mit einigen billigen l u
Wihen -hinwegsetzen zu können. Größere ^ ftr
verdient die Vegründung Litwinow-Fmkeo
das starke Intereffe der Sowjetunion sür dre ^>„jionn'
in Spanien. Wenn die Pläne der spanischm
listen gelängen, so sührte er aus, wäre keine war ggcy
für mehr vorhanden, dah sich ähnliche Dorgänge n
auf anderen Schauplähen wiederholten.

Zum deutsch-japanischen Abkommen überge^Äter
nete Litwinow natürlich deffen eigentlichen Chara ,
nahm es zum Anlaß, seine bekannten Pläne der r g
tiven Sicherheit empfehlend rn Erinn-^^,cl-
rusen. Cr schloß mit der Versicherung, daß dre (?h
regierung, die fich weitgehender Sympathren er>
keinen Grund habe, ihre Politik zu ändern.

Dcr Kam»s «m Makrid.

Die Lolschewistische Front westlich von
nach Norden durchbrochen.
Salamanca, 30. Nov. (Eigene b"" ^
dung.) Der Heeresbericht des Obersten Befehl v
in Salamanca gibt bekannt, daß am Sonntag "" ^

nationalen Streitkrästen die Kampftätigk-
dcr Front von Madrid wieder aufgenoinnren „(jH
Die Front der Bolschewisten wurde
von Madrid in nördlicher Richtung durchbr
Dabei wurden das Dorf Pozuelo de Alarcon u

7cind>^

diesen Ort beherrschenden Höhen, die vom 8 .
befestigt waren, eingenommen. Die Bolschcwl!
ben allein bei dem Angriff einer einzigen Kolo«
nationalen Truppen über 400 Tote ""d u
Gefangene verloren. Eine andere nationale
fügte dem Gegner bei einem Sturmangriss l „gv
Verluste zu. Hicr ließen die Bolschewisten ü
Tote auf dem Kampfplatz. Außerdem siel ^'^„glen
Waffenmaterial und viel Munition den ua
Streitkräften in die Hände.

Hrri ZtrLrr«kr?LLIrk«r^ LrLLL» WtrLrrskMsrrsL? k

Nsr? H^vrkraM vvrr Akrr»r»k«r?raIraL D«m«1k «ak «ksr^ ^aM«rr§f «Ls« Nsr^kksLraHarssrrak».

Verlin, 29. November. Der stellvertretende Preffe-
chef der Reichsrsgieruna, Ministerialrat Alfred-Ingemar
Verndt sprach — wre an anderer Stelle mitgeteilt —
auf der dritten Tagung dss Rsichskultursenats am
Samstag im Festsaal des Reich.-ministeriuins für Volks-
ausklärüng und Propaganda über das Thema „Vom
Kunstrrchter zum Kunstdiener".

Ministerialrat Berndt erörterte zunächst die Bsdeu-
tung des Vegrisses „Kritik" an sich. Cr wies daraus
hin, daß bisher landläufig Kritik als Kunstrichter-
tum gegolten habe und nun der Vegriff „Kritik" auf
das zurllckgeschraubt werden solle, was er nach der
rich'igen Aebersetzung des Wortes aus dem Griechischen
bedeüte: nämlich „unterschsiden" odsr „auseinandersetzen",
aber nicht „entscheiden". Cr zeigts dann die Cntwicklung
auf, die, von der Cntstehung der Kunstkritik vor 150 Iah-
ren ang.sangen, zu der heütigen Verfügung geführt habe,
er sagte da u. a.: Kunstkritik in unsereni Sinn qibt es
erst seit Gottsched und Leffing. Sie ist ein Kind der be-
ginnenden Ausklärung, und es ist bezeichnend, daß das
Wort „Kritik" erst äus dem llmweg über die französi-
sche Sprache zu uns gekommen ist. So wenig lag also
bis dahin dem Deutschen die Kritik schlechthin. Im Alter-
tum ist das Schauspiel, die Tragödie, höchstes gemeinsa-
mes Crleben von Dichtern, Darstsllern und Zuschauern.
Cine Kritik hätte sich in der Zeit des Altertums von
selbst verboten, weil sie der Cinstellung zum Theater wi-
dersprochen hätte. Gegen Mitte des vorigen Iahrhun-
derts wurde das Amt des Kritikers aus einer Verusung
zu einem Veruf.

Es entwickelte sich die Kunstkritik, die eigent-
lich Dienst an der Kunst sein sollte, zu einer
eigenen Kunstform, der das beschriebene Kunstwerk
nur noch Ausgangspunkt war.

Am ausgeprägteften zeigt sich das schließlich bei dem jü-
dischen Kritiker Alfred Kerr, der an einer Stslle sagt:
„Das Verdienst mancher besprochenen Schauspiele war:
Anlaß meiner Kritik zu werden".

Derjudete Kntik.

In einem ausführlichen Aufriß der Geschichte der
Kritik schilderte Ministerialrat Verndt sachkundig die
Vestrebungen der großen deutschen Kritiker Leffing, Her-
der und Kleist, der als erster die Theatsrkritik in
threr politischen Vedeutung erkannt habe. „Zu
Kleists Zeiten bäumte sich zum erstenmal das Theater
gegen die Theaterkritik mit allen Mittsln auf. Iffland
sührte als Leiter des Verliner Königlichen Schauspicl-
hauses einen fanatischen Kampf gegen dis Theaterkritik
und erreichte schlicßlich, daß Heiürich von Kleists Ver-
liner Abendblätter durch die Zensur die Theatcrkritik
vsrboten wurde. Welche Vedeutung die Theaterkritik zu
jener Zeit hatte, mag daraus zu ersehen sein, daß dieses
Verbot das Schicksal der Verlinsr Äbendblätter besie-
gelte". Ueber die Tätigkeit derKritiker derRo-
mantik kam er zu dsn „letzten großsn Kritikern, die
aus den Gesilden der Kunst selbst zur Kritik kamen":
Gustav Freytag, Otto Ludwig und Theodor Fontane"
in dsr Zeit vor und nach der Reichsgründung waren von
einer beispiellosen Gewtffenhaftigkeit. Das Gefühl, an-
deren wehe tu» zu wollen, peinigte Fontane persönlich
aufs stärkste. Nach Börne kamen die Iuden Paul Lindau
und Oskar Vlvmenthal. Sie schoben die Kritik vollkom-
men auf die Cbene des Persönlichen und machten eine
Skandalchrontc aus ihr. Cs kam weiter Heinrich
Laube, d-r abwechselnd Kritiker und Theaterdirektor
war, und es kam der Ivde Otto Vrahm, dsr eigentlich
Otto Abrahamsohn hieß vnd ebenfalls nach einer' lang-
jährigen kritischen Tättgksit zum Theater ging und das
Deutsche Theater tn Verlin übernahm. Seine jüdische
Herkunft und Cinstellunq hat er in seiner Arbeit niemals
verleugnen können. Seme Kritiken sind Musterbeispiele
für negative Kritik. Die Iudsn Maximilian Har-
dsn, Alfred Kerr, Siegfried Iacobwhn und Felix Hol-
länder beherrschten dann von der Iährhundertwende ab
die Kritik in Verlin, dazu die Iuden Iulius Vab, Kurt
Pinthus, Arthur Closffer, Stepban Großmann und Al-
fred Polaar. Die Gefühle der Kunstschaffsnden. die von
dieser Pest nicht angesteckt waren, faßte Hermann Su-
dermann im Iähr 1902 zu einer^Schrist zusammen
„Die Verrohung in der Theaterkritik . __

Der Kampf gegen Nichard Waßner.

Auf dem Gebiet der Musikkritik, die noch um
einige Zahrzehnte älter sei als die Theaterkritik, hat es
in den letzten fünszig- Zahren nicht viel -beM aitsg'esehen.
Auch hier sind es zünächjt Genies gewesen, die sich der
Musikkritik zuwandten, so z. V. C. T. Ä. Hossmann,
Friedrich Reichardt, Robert Schumann, in Cin-
zelfällen auch Carl Maria von Weber und Richard
Wagner. Zu der gleichen Zeit, zu der die reinen
Fachkritiker sich der Musikkritik bemächtigten, begann der
Äbstieg dsr Musikkritik. Genau so wie beim Theater-
kritiker — so betonte Ministerialrat Verndt — sei es
selbstverständliche Voraussetzung für das Amt eines Mu-
sikkritikers, daß er Partituren lesen könne und ein
gründliches Fachwiffen über alle Aeußerungen des
Musiklebens besihe. Dieses Fachwiffen habe jedoch bei
vielen Musikkritikern der lehten sünfzig Iahre gefehlt und
es sei ohne Zweifel, daß vielvcrsprechende Talente schließ-
lich resigniert hättcn, weil dieMusikkritik ihnen jeden Lr-
folg unmöglich machte.

Am heftigsten sei die Kritik der Iuden an Richard

Wagner gewesen, weil Richard Wagner anti-

semitisch« Aeußerungen gemacht habe.

In den zeitgenöffischen Kritiken über Richard Wagner
finde man u. a. solgende musikalische „Fachausdrücke":
„Hirnverbrannter blühender Unsinn", „stinkeude Musik",
„Henker der modernen Kunst", „Größenwahnfinn und
Gehirnerweichung", „trostloses Getute", „Gequaffel und
Gequatsche", „Deliriummusik". Die Oper „Rheinqold"
wird als „Hurenaquarium" bezeichnet. Ministerialrat
Berndt gab dann ein Veispiel für die völlige Ähnungs-
losigkeit gewiffer Musikkritiker auf musikalischem Gebiet:
„Im Iahr 1926 gab Frederic Lammond in Mann-
heim einen Klavierabend. Im Programm stand Deet-
hovens „Appaffionata". In Wirklichkeit spielte Lam-
mond in Aenderung seines Programms die „Waldstein-
Sonate". Die große Äsberraschung dss nächsten Morgens
war, datz die gesamte Preffe in Mannheim und Lud-
wigshafen wacker di« „Appassionata" kritisierte.

Dle §ilmkritik.

„Der Film ist das jüngste Kind der darstellenden
Muse. Cr wurde zu Anfang'mehr artistisch als
künstlerisch gewertet und hat sich als sslbständige
Kunstform eigentlrch erst nach dem Weltkrieg durchzü-
sehen begonnen, also zu einer Zeit, als das Iudentum die
lehten Vastionen kllnstlerischer Vetätigung in Deutsch-
land zu erstürmen beganm War das Filmschassen selbst
zu 90 Prozent und mehr versudet, so wurds auch die
Filmkritik eine rein jüdischeDomäne. Der
Verband der Filmkritiker bestand dis aus wenige Aus-
nahmen fast nur aus Iuden. Datz in dieser Zeit jeder
Film zerrrffen wurde und oft nicht einmal einen Ver-
leiher sand, der den jüdischen Filmgeschäftsleuten nicht in
den Kram paßte, kann als bekannt gelten. — Nicht-
jüdische Kritiker waren so selten, däß sie nicht ins Ge-
wicht fislen. Der gute deutsche Film mußte sich
bis 1933 seinen Weg selbst suchen. Förderung durch
die Filmkritik hatte er nicht zu erwarten.

Die Kritiksr der bildendenKunst waren bis
1933 alsichfalls vielfach Iuden. Das Scheidewaffer
ihrer Kritik war das Geschäftsintereffe des ihnen ver-
schwägerten jüdischen Kunsthandels. Was er
glaubte gut vsrkaufenzu können, das wurde auch
gut krrtisisrt.

So lange es etne Kunstkritik gibt, gibt es auch eine
Kritik derKritik. Denn bereits die erste Kritik
bat Widersprüche hsrausgefordert, und so ist es gsblieben
vis auf den heutigen Tag- Cs gibt keinen großsn deut-
ichen Dichter, der «icht auch mi( der Frage der Kunst-
kritik sich auseinandergeseht hätte. Wenn Goethe an
einer Stelle gesagt habe: „Schlagt ihn tot, den Hund! Cr
ist ein Nezenssnt!", so habe er doch 1821 an anderer
Stelle sich über die Theaterkritik der „Berliner Nachrich-
ten" sehr lobend geäußert, und den Äunsch ausgespro-
chen, daß diese Kritiken einmal gebunden erscheinsn möch-
ten. Schillcr habe den Grundsatz aufgestellt, daß der Kri-
tiker bescheiden, aber nicht schllchtern sein solle. 1905 sei
sogar eine Zeitschrift erschienen „Kritik der Kritik", in
der sich namhaste Künstler gegen das Diktatorentum der
Kritiker zur Wehr setzten. .

Kritik als Zeusur.

„Denen, die der Meinung sind, daß Kunstkritik kei-
nsswegs entbehrt werden könne, muß ich eins cntgegen-
haltcn: 'Die^Gtschichte der Menschheit weist aus allen
Iahrtausenden eine Fülle groher Kunstschöpsun-
gen aus, vor denen wir uns noch heute ehrfürchtig nei-
gen. And alle diese Kunstschöpfungcn bis vor 150 Zahren
sind ohne jede Kritik entstanden und haben trohdem
viele Iahrhunderte oder Iahrtausende überdauert. Man
denke nur an die Kunst der Hellenen, an den herrlichen
Bau der Akropolis, man denke an die edlen Verse des
Homer oder des Horaz, an dis Schöpfungen eines
Michelangelo und Leonardo da Vinei. Sie alle entstan-
den ohne jsde Kunstkritik. Ihr Meistertum ist uns
Veweis dafür, datz auch die großen Kunstleistungen der
letzten 150 Iahre nicht dank der Ärbeit der Kunstkritik,
sondern trotz der Kunstkritik entstanden sind.

Wenn bcute endgültig ein Strich unter 150 Iahre
Kunstkritik gemacht und nach 150 Iahren das „Ich*
auch in der Kunstbesprechung das „Wir" zum
Maßstab genommen wird, dann wird es zweifellos
an Angrisfen auf diese Aufsaffung nicht fehlen.

Man wird vom „Maulkorb" sprechen, von Polizeimaß-
nahmen auf dem Gebiet der Kunst, von einem Verbot
der lehten Möglichkeit „sreier geistiger Vetätigunq" in
Deutschland. Diesen ausländischen oder emiqrierten
Kunstjuden sei hrer gleich eines entgegengehalten: Nie-
mand hat scharfer gegen die vom Staat ausgeübte Zen-
sur gekämpft als sis und ihresgleichen. Sis' haben die
staatlrchs Zensur als Cingnff in die Freiheit des Volkes
abgelehnt. Was war aber ihr Kunstrichtertum drnn an-
deres als ems Z e n s u r? Vrachten denn die Kunst-
kritiken euw Memung des Volkes zum Ausdruck?
Auch die Kunstkritik war wsiter nichts als eine
Zensur. Nur verhängte sis nicht der Staat, sondern
eine anonyme Clique, dis sich als eigene Zen-
surbshörde ohne Auftrag niedergelaffen hatte.

Cs war ein Grundsatz des Richtertums zu allen Zei-
ten, daß es an einen Äuftrag gebunden sein muß.
Dresen Auftraq vermag nur eine Gemeinschast, ein Volk,
ein Staatswesen zu erteilen. Das Kunstrichtertum der
lehten 150 Iahre handslte ohne Austrag. Ohne Auf-
trag wemgstens derer, für die es zu richten vorgab. Wie
wert unsichtbare Auftraggeber im Hintergrund standen,
war ja zu allen Zeiten für dsn Leser nicht erkennbar. —
Unsere heutrgs Auffaffung ist, nicht aus der Meinung
aeboren, daß jede kritische Würdigung eines
Kunstwerkes unterbleibsn müffe, sondern daraus
entstanden, daß unser Iahrhundsrt an Geistes-
heroen sy gxm und angroßen Aufgaben
s o r e r ch rst, datz dem Genie eine vislfältige Wirkungs-
möglrchkert geboten ist, die jede Möglichkeit zur kriti-
schen Betätrgung ausschließt. Wir räumen nun den
Schutt von 150 Iahren sort und machen Schluß mit
der Aufsaffung, daß der Kritiker wichtiger oder genau so
wichtrg wre das Kunsthandwerk sei. Mittler soll er
sein zwrschsn Kunstwsrk und Volk, nicht Richter in
einer Zeit, m dsr keine anonymen Kräfte mehr das
Recht der Cinwirkung auf das Volk haben, sondern jede
Vetätigung an einen Auftrag der Gemcinschast
gebunden ist. Diese Gemeinschäft wird nur durch die
Volksfuhrung repräsentiert; disse aber hat kerne
Kunstrichter ernannt. tzerr Reichsminister Dr.
Goebbels hat dahsr in seiner gestrigsn Vsrordnung
dis notwendigen Anordnungenzur Neuordnung der
Kunstkritik getroffen und an die Stelle dsr Kunstkritik die
K u n st bstrachtung, an die Stelle dss Kritikers
den Kunstschriftleiter gesetzt.

Ehrsurcht vor der schSpserischen Leistnng.

Aufgabe der Kunstbesprechung ist es, jed« iunge
Pflanze zu hegsn und zu Pslegen, bis sich zeigt, ob sie chn
stolzer Baum wird oder von selbst eingeht, und nicht
Salzsäurs darüber gießen, weil sich das als unbekömm-
lich erwiesen hat. Gewiß muß — um im Bild zu blei-
ben — auch das Unkraut gejätet werden. Wir
sind aber in der Pflanzenkunde unserer Iahre noch nicht
so weit vorgedrungsn, um unmißverständlich schon an je-
dem ersten grünen Blättchen eine Wertbsstimmung des
Keimenden vornehmen zu können. In fünfzig Iahren,
wenn einige Generationen völlig im Nationalsozialis-

mus aufgswachsen sind, dann wird das zweifellos xrxage
sein, und dann wird man sich vielleicht mit drei
erneut beschäftigen köunen. jst

Ein Hauptgrundzug d«s Nationalsozialism" h^M
seine Ehrfurcht vor dem Schöpfer
Schöpserischen.

Das gilt nicht nur für den WeltenschöPfar'
dsrn sür alles Positive, für jedes gute Wolle« » jß
Lsistung, sei sie auch noch so unvollkommen. ^„s'd-r
die heütige Cntscheidung eine logische Folgerung
Lurchsehung der nationalsozialistischsn Idee, m msi
gezogen werden mußte. Man wird vielleicht >rah
denn nun in Zukunft eine Vesprechunq künstlerii v 9
stungen aussehen solle, denn selbst eine W»r ^ yar'
schließt schon eine gewisse Wertung ein. - ^ „ nck
kenne nicht, daß 'eine Vegriffsunters W r ^ jchr
hier schwieriger als anderswo ist; dsnn wir wou ' .^gs
den Schritt von der Kritik zur reinen R-p -^vok'
die z. V. das rein Aeußerliche^ einer^Dar-

tun.

stellung wiedergibt, ohne Dichter, Dichtung » „,-jreN
stellsr zu nennen. Dichter, Darsteller und Mun jjrvev-
dabei die ersten, die dagegen Sturm laufen ^ ge'
Ihnen ist es vielfach lieber, schlecht kritistert » pe«
nannt zu werden. Cs ist auch klar, daß der ^ fjjr d>-
— . ^ 2Zewers

vok

z. V. ein Theaterstück findet, noch
Qualität des Werkes ist.

Aber halten Sie sich noch einmal etwas and ^ ^r-
Augen: Wem ist es rncht schon so gegangen, o u . Iaw
ärgert ein Vuch aus der Hand legts, es nack» z er
ren wieder las und nun plöhlich Werte entoear>
vorher nicht erkannt hatte. Wer hat nichtun
Drama abgelehnt, das ihn nach Iahren p>o ^in-

... . naa, sst,gn „v

gemem zu feffeln begann, und wer hörte nicyr > un

.. n Hören st-md^dun^vg-n

erwandte Se
sich, in welck
- Dichtung m
........ Kritikerschaft

worden sind und wis die gleichen Kritiker o.-e-
fünf Iähren beschämt berichtigen mußten, werl
werk recht behalten hatte.

Chor, der ihm nur beim ersten axoren „nkiu'n'k,

nach längsrer Zeit plöhlich verwandte Se'ten > ^ off

ließ. Vsrgegenwärtigen Sie sich, in welchem . cMui,
großeSchöpfungen der Dichtung oder ^^hn
vom Publikum und von der Kritikerschast g v g na
.. ' - si?si?sKvE


ftic

Der Kunstfchristleiter als Mittler.

Wir wollen den Kunstschriftleiter
listischen Staat einer solchsn Möglichkeit n e u-
Llnd darum haben wir die neuen Grundi r a>i
dis Kunstbetrachtung aufgestellt. Sw ^ t - .
enthalten, was zu sagen ist, aber sie soll n i M j,„ nas',.
Für die Veurteilung eines Kunstwerkes kau,,„-ia> ,
nalsozialistischen Stäat nur die nationa I.^. R ,,
sttsche Kulturauffassunq maßgebend .! „„jionn
Partei und Staat stnd in der Lage, aus dr-izu
sozialistischen Kunstauffaffung heraus
stimmen. . . d'

Ist eine Wertbcstimmung durch düü-"

einen Äuftrag zum Richtertum hnv 'fuchriskl-

dann selbstverständlich steht es dem K«

ter srei, mit diesem Wert zu meff-n- ^ -chgN

Knd wir wollen hier nicht verkennen, daß
hsute eins Anzahl von Männern gibt, di-,zhez-E
hcrkömmliche Vezeichnung „Kritiker" als ^ siuß-^^
nung tragen, die aber bereits innerlichn

l i ch nach nationalsozialistisch'-,, jchrtfi'

sähen sich ausgerichtet hgben. D«r Staa.

lsiter ist gerade für den nationalsozia > ^ ^jc u»

eine dringende Notwendigkeit, R-^n
mals zuvor ist heute dis Preffe Miitl-r s
und Führung. . wi--^Dr-

So ist das Amt des Kunstschristl-rt-^^jnjstsr ,
PrLsident der Reichskulturkammer, R > , ein-
Goebbels, in seinen Richtlinien urnrilw / Verantw ^
meinschaftsaufgabe von Vdch s -jters U -k

lichkeit, denn in die Hand des Kunsilcki ' „ nd t-'rfeii

gelegt, Mittler auch zwischen K u n V^.olk

zu sein und der Kunst und dem Voik z öa» tjqe«

wir, daß dieser Dienst für dis K"NI oen b-u
rsiche Früchte trägt. Dann. w'.rd man^ p e
Tag als den Tag siner g-behalt-N'umd-"
dicsem Gebiet für immer im Gedacht« ^ umfasi^ jin

Die Reichskultursenatoren 1?lgt-n ,m>m^^.

Vortrag mit gespannter Aufmcrkiamke '-„^hcnde . tztsi
Reichskultursenat fand dann -jn-f,s„m'stattz
sprache über das behandelte ^-^„„gLben.
sich zahlreiche wertvoüe Anregungen
 
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