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Hoppe, Stephan
Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schloßbaus in Mitteldeutschland: untersucht an Beispielen landesherrlicher Bauten der Zeit zwischen 1470 und 1570 — Köln: Abteilung Architekturgeschichte des Kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln, 1996

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.69717#0079
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Die Albrechtsburg in Meißen von 1471 - 1490

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, , , 165
Die thuren unuorschlossen , [...]
1 thur vorm Secret [...]“ (Inv. 1612)
(38) Auch das Mittelappartement nördlich des Vorraums am großen Wen-
delstein wurde 1612 nicht mehr bewohnt; seine Stube taucht auch nicht in
den Inventaren des 16. Jahrhunderts auf. 1612 wurde die Stube wie folgt be-
schrieben:
„In der Radestube
Ein steinern ofenherdt,
Eine thur unuorschlossen,
4 fenster [...],
2 Rundt hoch hölzerne gestehe, so die sametmacher gebrauchet“ (Inv. 1612)
(39) Wie das „Herrenappartement“ direkt darunter besaß auch dieses eine
aufwendig gewölbte kleine Stube auf der Ostseite, die hier wie unten aus der
großen Stube und nicht aus der nachgeordneten Schlafkammer zu betreten
war. Sie besaß auch hier einen eigenen Ofen, der von einer erhaltenen Heiz-
kammer in der Nordwestecke des Raums aus befeuert wurde. Diese obere
Nebenstube war 1612 nicht mehr in Benutzung und taucht deshalb nicht in
den Inventaren auf.166
Es liegt nahe, aufgrund der Raumdimensionen und der Anlage dieser Neben-
stube trotz des Fehlens der Wölbung im Hauptraum hier einen dem unteren
„Herrenappartement“ vergleichbar zu nutzenden Wohnbereich zu vermuten.
Am ehesten käme dafür der Bruder des Kurfürsten, Herzog Albrecht, in Be-
tracht.
(40) Die anschließende Kammer besaß 1612 kein Bett, in Analogie zu ande-
ren Appartements ist hier aber der Schlafraum anzunehmen. Er besaß wie
üblich einen eigenen Abort in der Ostmauer:
„In der Cammer darneben,
Eine thur [...],
1 fenster [...],
1 thur vorm Secret [...], 1 thur am Wendelsteine nachm boden [...]“ (Inv. 1612)

Der Raum hat früher nur zwei Türen besessen: die Eingangstür aus der Stube und die
Tür vor der Abortanlage. Von diesen kommt strenggenommen keine für diese Inventar-
passage in Frage, da auch die Eingangstür schon im Rahmen der Stube inventarisiert
worden ist. Wahrscheinlich handelt es sich bei dieser Zeile um eine versehentliche
Wiederholung der entsprechenden Passage für die Stube. Solche Fehler lassen sich auch
in anderen Inventaren beobachten und sind wahrscheinlich als Hörfehler während des
Verlesens eines älteren Textes als Grundlage entstanden.
Hier zeigt sich deutlich das bereits angesprochene Phänomen, daß mit fortschreitender
Inventarisierung bestimmte Angaben „eingespart“ wurden. Die Nebenstube dürfte 1612
zumindest Fenster oder eine Tür besessen haben.
 
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