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fest in .sich selber ruht und alle weiteren Bezüge ablehnt. Kämpfende
Leidenschaft, Angriff, Abwehr und Widerstreit, deren Darstellung
u n t e r s c h i e d n e Gestalten zu eine m Kunstwerk verflechten muss,
fallen ihr schwerer. Den Wechselbezug vermag sie hinreichend aus-
zudrücken. Es gelingt ihr auch, in gegebenem Raume Einzelfiguren
der Trennung zum Trotz aneinander zu reihn oder frei für sich zum
gegliederten Ganzen zusammen zu schliessen. Der reicher belebende
Einklang aber, in welchen die sonstige Wirklichkeit schon verschieden
gesonderte Einzelgestalten durch Farbe und Luft miteinander sowohl
als mit der äusseren Umgebung bringt, ist nicht ihre Sache. Reichere
Ereignisse, buntere Fülle verdoppeln die Schwierigkeit. Vorgrund,
Mittel- und Hintergrund zu sondern und in Vermittlung zu setzen
bleibt der Sculptur versagt. Muss sie es zur Lösung verwickelter
Aufgaben andeutungsweise dennoch versuchen, so steht sie bereits auf
dem Sprung,, die volle Körperform aufzuopfern und mit Reliefen zu-
frieden zu sein. Das Relief jedoch, folgerecht fortgebildet, lockt Schritt
für Schritt in ein anderes Gebiet.
Ein bedeutender Kreis christlicher Gegenstände ist durch weiten
Umfang der Hergänge wie der Personenzahl unbestritten von dieser
Art. Die Sculptur muss ausserhalb dieses Kreises stehn oder Mittel
ergreifen, mit welchen andere Künste dasselbe Ziel leichter und un-
gehemmter erreichen. Nach der andern Seite ist zwar auch sie des
geistigen Ausdrucks in hohem Grad mächtig. Doch streng genommen
nur immer so weit, als die Körperform in gesammter Gestalt
dazu tauglich bleibt. Wenn Seele und Leib als unzertrennliches Ganzes
erscheinen, wenn sich das Innere unverhüllt durch alle Glieder des
Körpers ergiesst, verharrt die Sculptur ohne Grenzüberschreitung auf
dem ihr zugehörigen festen Boden. Das unsichtbar in sich gezogene
Gemüth, das kaum als Seelenblick die geheimen Tiefen zur Mittheilung
öffnet, entzieht sich ihr mehr oder minder. Verborgene innere Vor-
gänge aber sind ohne Frage ein Hauptbereich, das die christliche
Welt zu breiter und gültiger Ausbildung bringt.
Das Ueberragen des geistigen Theils führt ausserdem jene
Duldsamkeit gegen speciellere Eigenheiten der Charaktere und Formen
herbei, in deren sprechenden Wiedergabe die christliche Kunst sich
häufig bemüht, es dem wirklichen Leben gleich zu thun. Der Sonn-
tagsschmuck nur des inneren Herzens aber ist weder der Zweck der
Sculptur, noch das Alltägliche, wie es zufällig vorliegt, ihr günstiges
Vorbild. Sie vereinfacht gern ihre Charaktere und läutert mit richti-
gem Kunstgefühl deren Aussengestalt zu entsprechend geregelten Körper-
formen. Wer nur die Gestalt zu verwenden hat, vermeidet abweichende
fest in .sich selber ruht und alle weiteren Bezüge ablehnt. Kämpfende
Leidenschaft, Angriff, Abwehr und Widerstreit, deren Darstellung
u n t e r s c h i e d n e Gestalten zu eine m Kunstwerk verflechten muss,
fallen ihr schwerer. Den Wechselbezug vermag sie hinreichend aus-
zudrücken. Es gelingt ihr auch, in gegebenem Raume Einzelfiguren
der Trennung zum Trotz aneinander zu reihn oder frei für sich zum
gegliederten Ganzen zusammen zu schliessen. Der reicher belebende
Einklang aber, in welchen die sonstige Wirklichkeit schon verschieden
gesonderte Einzelgestalten durch Farbe und Luft miteinander sowohl
als mit der äusseren Umgebung bringt, ist nicht ihre Sache. Reichere
Ereignisse, buntere Fülle verdoppeln die Schwierigkeit. Vorgrund,
Mittel- und Hintergrund zu sondern und in Vermittlung zu setzen
bleibt der Sculptur versagt. Muss sie es zur Lösung verwickelter
Aufgaben andeutungsweise dennoch versuchen, so steht sie bereits auf
dem Sprung,, die volle Körperform aufzuopfern und mit Reliefen zu-
frieden zu sein. Das Relief jedoch, folgerecht fortgebildet, lockt Schritt
für Schritt in ein anderes Gebiet.
Ein bedeutender Kreis christlicher Gegenstände ist durch weiten
Umfang der Hergänge wie der Personenzahl unbestritten von dieser
Art. Die Sculptur muss ausserhalb dieses Kreises stehn oder Mittel
ergreifen, mit welchen andere Künste dasselbe Ziel leichter und un-
gehemmter erreichen. Nach der andern Seite ist zwar auch sie des
geistigen Ausdrucks in hohem Grad mächtig. Doch streng genommen
nur immer so weit, als die Körperform in gesammter Gestalt
dazu tauglich bleibt. Wenn Seele und Leib als unzertrennliches Ganzes
erscheinen, wenn sich das Innere unverhüllt durch alle Glieder des
Körpers ergiesst, verharrt die Sculptur ohne Grenzüberschreitung auf
dem ihr zugehörigen festen Boden. Das unsichtbar in sich gezogene
Gemüth, das kaum als Seelenblick die geheimen Tiefen zur Mittheilung
öffnet, entzieht sich ihr mehr oder minder. Verborgene innere Vor-
gänge aber sind ohne Frage ein Hauptbereich, das die christliche
Welt zu breiter und gültiger Ausbildung bringt.
Das Ueberragen des geistigen Theils führt ausserdem jene
Duldsamkeit gegen speciellere Eigenheiten der Charaktere und Formen
herbei, in deren sprechenden Wiedergabe die christliche Kunst sich
häufig bemüht, es dem wirklichen Leben gleich zu thun. Der Sonn-
tagsschmuck nur des inneren Herzens aber ist weder der Zweck der
Sculptur, noch das Alltägliche, wie es zufällig vorliegt, ihr günstiges
Vorbild. Sie vereinfacht gern ihre Charaktere und läutert mit richti-
gem Kunstgefühl deren Aussengestalt zu entsprechend geregelten Körper-
formen. Wer nur die Gestalt zu verwenden hat, vermeidet abweichende