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Heydemann, Heinrich
Hallisches Winckelmannsprogramm (Band 3): Mittheilungen aus den Antikensammlungen in Ober- und Mittelitalien — Halle/​Saale, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.5990#0013
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VICENZA.

Vgl. Conze Arch. Anz. 1667. S. 101.

Die Antikensammlung des Museo Civico, das
in Palladio's schönem Palazzo Chieregati sich findet,
ist recht unbedeutend; der bei weitem gröszte Theil
besteht aus Architecturbruchstücken und Ornament-
resten, die bei der Ausgrabung des alten Theaters
(Teatro Berga) zu Tage gekommen sind. Beachtens-
wert ist darunter zB.

1. Die Maske eines Waszergottes, aus dessen ge-
öffnetem Munde vielleicht lebendiges Waszer hervorkam;
von wirkungsvoller decorativer Arbeit.

Auszerdem sind die folgenden Antiken zu be-
merken :

2. Sog. Euterpe; Replik der vaticanischen Figur
Visconti Pio-Gleim I 17. Neu beide Hände. Conze
beurtheilt die Figur ein wenig zu streng als 'todte
Copie eines schönen Vorbildes;' die Arbeit ist deco-
rativ, aber als solche nicht schlecht. Dasz die nied-
liche liebenswürdige Statue keine Muse ist, scheint
mir E. Braun (Mus. Ruin. Roms S. 389) richtig gefühlt
zu haben; sie ist wol sicher eine Genrefigur oder
vielmehr eine Localnymphe, die in den verwandten
Personifikationen auf campanischen Wandgemälden
(vgl. Heibig Unters. S. 116 ff.) zahlreiche Analogien
findet. Nicht gefunden oder bemerkt habe ich 'den
vorn ganz unten in die Felsenbasis hineingehenden
halbrunden Ausschnitt, der ganz so aussieht, als sei
er zum Waszerausflusz bestimmt gewesen' (Conze
a. a. 0.), so sehr er zu meiner Ansicht von der Figur
passen würde. Ausgegraben in den Caracallathermen
zu Rom und geschenkt von Conte Girolamö di Velo.

3. Eben daher stammt die Genrefigur eines kleinen
sitzenden Knaben (Arme und Kopf neu), der neben
sich einen Korb mit Fischen hat und richtig als 'Angler'
ergänzt ist; vgl. ähnliche Figuren bei Clarac Mus. de
Sculpt. 881, 2243 A; B; u. a.

4. Auch die zierliche Statuette des auf einem
Felsen sitzenden jungen Mädchens kommt von jenem
Ausgrabungsort; vgl. über sie Conze (a. a. 0.), welcher
drei Repliken10) nachweist. Ich bemerke, dasz der
rechte fehlende Arm sowie der fehlende linke Unterarm
(der mit dem Ellenbogen auflag) ursprünglich besonders
angesetzt waren; die rechte Hand ruhte wol an der

,c) Die Statue verwandter Art, die nach Michaelis in
einem Nebenhofe des Palazzo Pitti sich befinden soll und
von Conze angeführt wird, habe ich nicht zu finden vermocht
und sie findet sich auch nicht bei Diitschke verzeichnet;
[vgl. auch denselben zur Replik in den Uffizien no. 153].

rechten Hüfte, wo jetzt ein Stück herausgebrochen ist.
Vgl. auch Bernoulli Aphrodite S. 379, 3.

."). Gleichfalls in den Caracallathermen ist ge-
funden die thronende Athene (H. ungefähr 0,95), mit

! der erhobenen Linken die Lanze aufstützend, in der
gesenkten Rechten etwa eine Schale haltend; der
Mantel fällt über der linken Schulter herab und
bedeckt den Rücken sowie vorn den Unterkörper;
auszerdem Helm (mit Widderköpfen vorn) gegürteter
Chiton und Sandalen. Neu ist Nase und Hals; es
fehlen der Daumen und der Zeigefinger der linken
Hand (in der noch ein Stück Lanzenschaft erhalten
ist) und Theilc der Finger der Rechten (der Mittelfinger

' ist ganz erhalten). Die Arbeit ist römische deco-
rative Dutzendarbeit; der Gesichtstypus ist dem der
Athene von Velletri sehr ähnlich.

Im Museum war auch eine Anzahl von Marmor-
werken deponiert, die dem Conte Antonio Barbar an-
Capra gehörten und (für enorme Preise) verkäuflich
sind, meistens ganz werthlose 'roba'; nur die folgenden
vier Stücke verdienen etwa Beachtung:

6 (des gedruckten Verzeichnisses no. 4; nach dem-
selben betragt die Höhe = 1,41). Jüngling als 'Me-
leager', den linken Ellenbogen auf den Eberkopf auf-
stützend, der auf einem hohen Baum- oder Felsstamm

I neben ihm liegt; auf der anderen Seite sitzt sein Hund,
I dem er den Kopf zuwendet. Gewöhnliche römische
Arbeit. Vielgebrochen und genickt , aber im Wesent-
lichen antik: der Hals ist neu; ob der Kopf ursprünglich
zugehörig war, musz ich unentschieden laszen.

7 (no. 5). Kleine auf Fels sitzende Nymphe
die linke Hand auf den Sitz aufstützend, nach links
herabblickend; der Mantel bedeckt den linken Arm
und Schulter, den Rücken und den ganzen Unter-
körper. Höhe (ohne Basis) = 0,63; gewöhnliche deco-
rative Dutzendarbeit: der Kopf ist neu; der rechte
Arm fehlt. Vgl. die 'in Art und Arbeit' verwandte
Figur oben no. 4 (nebst Repliken); ferner eine Statue,
di ■ auf dem Palatin ausgegraben ist (ohne Kopf
und rechten Arm vom Deltoides an; mitten durch
den Leib gebrochen: die Füsze sind übereinander
gesetzt, der Mantel der den Unterkörper verhüllt wird
unter der linken Achsel gehalten; jederscits fällt
eine Haarlocke auf die Brust herab); u. a.

8 (no. 10). Venustorso; viel aber richtig ergänzt:
sie beugt sich sehr vornüber und faszt mit der gesenkten
Rechten nach der linken erhobenen Wade; die linke
Hand (die jetzt das Gewand hebt) ist vielmehr ausge-
streckt 'balancierend' zu denken. Vgl. auch Bernoulli

I Aphrodite 8. 339, 2.
 
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