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Heydemann, Heinrich
Hallisches Winckelmannsprogramm (Band 3): Mittheilungen aus den Antikensammlungen in Ober- und Mittelitalien — Halle/​Saale, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.5990#0075
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73

sein: man eopierte trefflich, porträtierte wundervoll,
benutzte und variierte die vorhandenen Motive styl-
voll und geschmackvoll — aber zur Erfindung eines
neuen künstlerischen Originals war die Zeit zu
gedankenarm und nicht mehr befähigt. Das Original
dieser sitzenden Frau ist unzweifelhaft viel früher
entstanden, etwa gegen den Schlusz des vierten
Jahrhunderts174): vielleicht war es 'zuerst'eine Dia-
dochenfürstin, die in dieser wundervollen Haltung —
welche Würde und Anmuth, Vornehmheit und Nach-
läszigkeit, königlichen Stolz und Frauenmilde in sich
vereint — dargestellt und bald als Vorbild ähnlicher
Frauengestalten copiert wurde175). Auf gute grie-
chische Zeit weist auch die beste erhaltene Replik
hin, die zweite Statue Torlonia (F), meiner Ueber-
zeugung nach trotz der leider starken Corrosion
der Oberfläche die bei weitem schönste Statue des
gesammten Museums: sicher griechischer Marmor
und griechische Arbeit, steht sie dem einstigen
Original zeitlich nahe17C) und läszt für dasselbe
einen Künstler ersten Ranges erkennen; der wach-
same Bullenbeiszer unter dem Stuhl belebt und sichert
zugleich die Ruhe der sitzenden sinnenden Frau.
Ihre häufige Wiederholung in der römischen Kaiser-
zeit erklärt sich vielleicht auch daraus, dasz man
die Figuren als Grabstatuen benutzte?

62 a. Der Bronzekopf schien mir unzweifelhaft
modern.

83. Ebenfalls modern.

84. Stand zur Linken der Figur ursprünglich
etwa Dionysos?

115. Der Kopf des Ganymedes ist modern; der
alte war docli wol zum Adler herabgeneigt, dem der
Jüngling in der Rechten etwa die Schale anbot.

130. Den von Jahn aufgezählten Repliken der
'Gruppe des Pan und des Daphnis' ist die kleine Mar-
morreplik im Museo Torlonia (Visconti no. 267: gef.
'nella Villa de' Gordiani sulla via Labicana') hinzuzu-
fügen. Zugleich bemerke ich, dasz die Albanische

m) Vgl. dieselbe Figur auf Vasenbildern dieser Zeit:
zB. Heydemann Griech. Vasenb. XI 1; Bull. Nap. Arch. V 1
(Jatta 1526); u. a. in. — Zu beachten sind auch verwandte
Stellungen unter den Tanagraterracotten zB. Gazette Arch.
II 33; n. a.

176) So sitzend kann man sich zB. die Mutter der
Gracchen vorstellen: Plin. Nat. Hist. 34, 31; [das einstige
Postament dieser Statue: Bull, della Comm. arch. munic. VI
p. 99, 14 s; Bull, dell' Inst. 1878 p. 209 ss].

176) Die Faltengebung der Statue Torlonia erinnert sehr
an die Demeter von Knidos (Newton Discov. of Halik. pl. 55)
oder die sog. Artemisia (Newton Travels und Diso. II pl. 10).

Gruppe sich jetzt gleichfalls im Museo Torlonia (Vi-
sconti no. 266) befindet. Vgl. auch unten no. 232.

139. Mir schien und scheint hier wie in der
Figur des Louvre das Ballspielen oder genauer
Ballemporwerfen 177) unzweifelhaft dargestellt178);
[vgl. jetzt auch die kleinen (von den Herausgebern
ebenso erklärten) Terracotten aus Tanagra: Kekule
Tanagr. Thonfig. Taf. V 1; Fröhner Coli. Barre
no. 458].

144. Doch wol sicher eine Bacchantin, mit Thyr-
sos in der erhobenen Rechten zu ergänzen: tanzend
schreitet sie vorwärts. Das Original aus alexandri-
nischer Zeit muss trefflich gewesen sein.

146. Der aus dem Felsgestein emporsteigende
Jüngling (sie) wird als 'Berggott' zu deuten sein *).

155. Als Gegenstück zu dieser 'Porträttigur
eines Knaben als Apollino' erwähne ich die Büste
eines 'Mädchen als Diana', wie der hinter den
Schultern erhaltene Köcher sie zu bezeichnen fordert,
im Museo Torlonia Visconti Catal. no. 101 (gef.
zu Centocelle; sicher Porträt; der Köcher gleichfalls
sicher alt).

205. Der begeistert nach oben blickende schöne
Kopf, der nicht abgebrochen war, giebt dieser Statue
unter ihren Repliken einen besonderen Werth.

231. Abgebildet schon bei Episcopius Sign. icon.
62; auch bei Clarac Mus. de Sculpt. 692, 1631. Die
Ergänzungen stammen von Michelangelo, wie Hr.
Dr. Adolf Bayersdorfer erkannt hat und demnächst
belegen wird (vgl. Lützow Ztschr. f. bild. Kunst XII
S. 129). Demselben Gelehrten wird die hübsche
treffende Beobachtung verdankt, dasz der antike
Torso17!>) nebst Nebris eine lebensgrosze genaue

'") Diese Art des Ballspielens hiesz bei den Griechen
'Urania'; vgl. Poll. 1X106: tj 6h ovQavia- b /xhv avaxläaaq
avzbv äve^Qinxei zr\v ocpaiQav siq zbv ovQtxvöv xzX.

178) Dasselbe Motiv ist dagegen in einer Marmorgruppe
für einen 'Traubenpflückenden' Eros verwendet: Michaelis
Arch. Ztg. 1874 S. 58, 2.

*) [Nach Conze Arch. epigr. Mitth. aus Oesterreich II
S. 119 f. dagegen der '»ebq ix nizQaq'. Wenn Conze weiter
sagt, 'es fehle eine Oeffnimg zum Ausflusz des Waszers
nach vorn', so scheint mir dies nicht richtig — das Waszer
lief ursprünglich aus dem geöffneten (jetzt an der Unterlippe
ergänzten) Maske hervor und dünkt mich daher die Deutung
der Maske auf einen Waszergott allein richtig und demnach
auch der 'Berggott' bei dieser 'Brunnendecoration' ange-
meszener als der '&ebg ix Ttizguo1.]

"°) An der linken Hüfte ist deutlich etwas abgearbeitet:
da waren wol die Ansatzreste der linken Hand erhalten
gewesen.
 
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