S.BONAVENTURA/ABELS TOD
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Glanz hebt die Madonna vom dunklen Gewölbe ab, und noch nachdrück-
licher als z. B. im Antoniuswunder derselben Kirche wirkt die Durch-
brechung und Aushöhlung der im rechtwinkeligen Dreieck geschlossenen
Figurengruppe. Die spielenden Putten vorn tauchen aus dem klaren Vor-
derlicht in das Helldunkel der Mitte ein, die Hand des Heiligen, die das
Rauchfaß schwingt, aus dem Dunkel ins Licht. Fast schwarz steht über
dem Altar die Wolke, als dunkle Masse der Engel hinter dem Heiligen
gegen die ferne Lichtöffnung in der Tiefe, deren Glanz von den Profilen
der Hallenarchitektur reflektiert wird. Hat Sacchi hier venezianische Ein-
drücke verarbeitet? So gewaltige in die Tiefe stoßende Innenräume,
glitzernd im Licht, mit einem rückwärts wieder in sonnige Helle sich öff-
nenden Tor traf man nicht bei Correggio, sondern nur in den Gemälden
des Tintoretto wie z. B. der ,,Auffindung des Leichnams des hl. Markus".
Malvasia spricht ausdrücklich von Sacchis venezianischen Studien, die er
im Palazzo Barberini alli Giubbonari gesehen hat.
Gleich dem ,,Transito di S. Anna" hat auch der ,,S. Bonaventura"
Sacchis seinem Schüler Maratti als Vorbild gedient. Aber dieser hat die
Romposition (S. Filippo Heri, dem die Madonna erscheint, Florenz, Gail.
Pitti) durch einen reichen Apparat von Engeln, Cherubim und Heiligen auf
Wolken in eine prunkvolle himmlische Szene im Sinne des Zeitgeschmacks
gewandelt, neben der Sacchis Erfindung mit ihrer Sachlichkeit und der
klaren Gegenstellung der Figuren streng und beinahe nüchtern wirkt.
Hoch deutlicher spricht die Tendenz einer Vereinfachung und Beschrän-
kung der Akzessorien aus einigen Kabinettbildern, die zu den Malereien
in S. Giovanni in Fonte und dem ,,Heimgang der hl. Anna" in nahen Be-
ziehungen stehen.
Mehrfach hat Sacchi in diesen jahren das dramatische Motiv von Kain
und Abel beschäftigt. „Un quadro sopraporto di Adamo, che piange Abele
ucciso da Caino" wird schon im Inventar Kardinal Antonios von 1644 auf-
geführP). Wahrscheinlich handelt es sich um dasselbe Bild, das nach
Passeri (327) für Don Taddeo Barberini gemalt ist und das sich noch
heute in der barberinischen Sammlung befindet, ln weiter einsamer Land-
schaft ist Adam dargestellt, kniend über die aus der Kopfwunde blutende
Leiche Abels gebeugt, mit der Gebärde ratloser Verzweiflung, während in
der Ferne der Mörder bei den rauchenden Altären zur Flucht sich wendet.
Wie im „Ikarus" sind zwei in Bewegung und Ausdruck kontrastierende
G. )ncisa delta Rocchetta, L' Arte XXV)!, 73.
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Glanz hebt die Madonna vom dunklen Gewölbe ab, und noch nachdrück-
licher als z. B. im Antoniuswunder derselben Kirche wirkt die Durch-
brechung und Aushöhlung der im rechtwinkeligen Dreieck geschlossenen
Figurengruppe. Die spielenden Putten vorn tauchen aus dem klaren Vor-
derlicht in das Helldunkel der Mitte ein, die Hand des Heiligen, die das
Rauchfaß schwingt, aus dem Dunkel ins Licht. Fast schwarz steht über
dem Altar die Wolke, als dunkle Masse der Engel hinter dem Heiligen
gegen die ferne Lichtöffnung in der Tiefe, deren Glanz von den Profilen
der Hallenarchitektur reflektiert wird. Hat Sacchi hier venezianische Ein-
drücke verarbeitet? So gewaltige in die Tiefe stoßende Innenräume,
glitzernd im Licht, mit einem rückwärts wieder in sonnige Helle sich öff-
nenden Tor traf man nicht bei Correggio, sondern nur in den Gemälden
des Tintoretto wie z. B. der ,,Auffindung des Leichnams des hl. Markus".
Malvasia spricht ausdrücklich von Sacchis venezianischen Studien, die er
im Palazzo Barberini alli Giubbonari gesehen hat.
Gleich dem ,,Transito di S. Anna" hat auch der ,,S. Bonaventura"
Sacchis seinem Schüler Maratti als Vorbild gedient. Aber dieser hat die
Romposition (S. Filippo Heri, dem die Madonna erscheint, Florenz, Gail.
Pitti) durch einen reichen Apparat von Engeln, Cherubim und Heiligen auf
Wolken in eine prunkvolle himmlische Szene im Sinne des Zeitgeschmacks
gewandelt, neben der Sacchis Erfindung mit ihrer Sachlichkeit und der
klaren Gegenstellung der Figuren streng und beinahe nüchtern wirkt.
Hoch deutlicher spricht die Tendenz einer Vereinfachung und Beschrän-
kung der Akzessorien aus einigen Kabinettbildern, die zu den Malereien
in S. Giovanni in Fonte und dem ,,Heimgang der hl. Anna" in nahen Be-
ziehungen stehen.
Mehrfach hat Sacchi in diesen jahren das dramatische Motiv von Kain
und Abel beschäftigt. „Un quadro sopraporto di Adamo, che piange Abele
ucciso da Caino" wird schon im Inventar Kardinal Antonios von 1644 auf-
geführP). Wahrscheinlich handelt es sich um dasselbe Bild, das nach
Passeri (327) für Don Taddeo Barberini gemalt ist und das sich noch
heute in der barberinischen Sammlung befindet, ln weiter einsamer Land-
schaft ist Adam dargestellt, kniend über die aus der Kopfwunde blutende
Leiche Abels gebeugt, mit der Gebärde ratloser Verzweiflung, während in
der Ferne der Mörder bei den rauchenden Altären zur Flucht sich wendet.
Wie im „Ikarus" sind zwei in Bewegung und Ausdruck kontrastierende
G. )ncisa delta Rocchetta, L' Arte XXV)!, 73.