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DtE TRUNRENHEtT NOAHS/HACAR UMD 1SMAEL
lichten sehr naturalistisch behandelten Akt des unter einem von Weinreben
übersponnenen Baum schlafenden Noah, der trunken, mit willenlos gelösten
Gliedern (die aber wiederum kunstvoll in zwei sich kreuzende Diagonalen
gebracht sind) über eine Bodenerhöhung nach der Tiefe gestreckt ist. Wie
im „hl. Petrus" ruht der Hauptakzent auf der unmittelbaren Wendung an
den Beschauer, der hinweisenden Gebärde des Spötters vorn. Hier wird
ihre Bedeutung dadurch gestärkt, daß beide Hände gegen das gebrochene
Weiß des Tuches gestellt sind, mit dem die zwei anderen Söhne getreu
der Schriftquelle abgewandten Hauptes die Blöße des Trunkenen zu ver-
decken sich anschicken. Und dieser eindringlichen Geste Chams folgt auch
der kompositionelle Aufbau, der, alle Figuren umfassend, von rechts her
in den fließenden Linien des Aktes keilförmig nach der Tiefe zusammen-
führt und durch eine sehr zarte Beleuchtung gegliedert wird. Die Gestalt
Chams mit ihrer für Sacchi eigentümlichen, von der Seite über die ver-
kürzte Schulter gesehenen Pose und der elastisch schwingenden Schritt-
bewegung erinnert wieder an des Malers oberitalienische Reise, diesmal
läßt auch der Ausdruck des satyrhaft lächelnden Gesichts an Correggios
johannes in der „Madonna des hl. Georg" denken. Die Darstellung ist in
einen weichen bräunlichen Ton getaucht, mit warmen nackten Körpern vor
einem sehr farbig behandelten hellblauen Himmel mit rötlichen Wolken. Wenig
kaltes Karminrot mit bläulichen Lichtern im sorgfältig drapierten Gewand
gibt dem schlanken Akt im Vordergrund eine an Venedig erinnernde Note.
Wie eine Variation dieser von der hinweisenden Geste beherrschten
Komposition erscheint die kleine Darstellung der „Hagar" mit dem ver-
schmachtenden Kind und dem ihr die Quelle weisenden Engel in der
Galleria Barberini (Tafel XX). Umgekehrt geht hier der Aufbau von der im
Dreieck geschlossenen Gruppe von Mutter und Kind aus, er öffnet sich mit der
weiten Gebärde des Engels in der Mittelachse des Bildes nach rechts in
die landschaftliche Tiefe. Die stärkste Helligkeit ruht diesmal auf dem
weißen Tuch links vorn, dem Körper des Kindes und den darüber gefalte-
ten Händen Hagars, während die lichtumflossene Gestalt des Engels in zarte
Halbschatten gehüllt ist. Aber noch kunstvoller sind hier alle Bewegungs-
richtungen in die Bildfläche gebunden, und die Bedeutung des kompositio-
nellen Gefüges wird erst verständlich im Zusammenhänge mit der ursprüng-
lichen achteckigen Form des Keilrahmens, deren Originalität durch die
barberinischen Inventare bestätigt wird^). Denn das beziehungsreiche Spiel
*) Nota de' quadri esistenti net Palazzo ... di Patestrina, Nr. 39: ,,Un ottangoto per
tongo conAgar et Ismaetemoribondo, et'Angeto mezze figure, convedutadipaese Opera
DtE TRUNRENHEtT NOAHS/HACAR UMD 1SMAEL
lichten sehr naturalistisch behandelten Akt des unter einem von Weinreben
übersponnenen Baum schlafenden Noah, der trunken, mit willenlos gelösten
Gliedern (die aber wiederum kunstvoll in zwei sich kreuzende Diagonalen
gebracht sind) über eine Bodenerhöhung nach der Tiefe gestreckt ist. Wie
im „hl. Petrus" ruht der Hauptakzent auf der unmittelbaren Wendung an
den Beschauer, der hinweisenden Gebärde des Spötters vorn. Hier wird
ihre Bedeutung dadurch gestärkt, daß beide Hände gegen das gebrochene
Weiß des Tuches gestellt sind, mit dem die zwei anderen Söhne getreu
der Schriftquelle abgewandten Hauptes die Blöße des Trunkenen zu ver-
decken sich anschicken. Und dieser eindringlichen Geste Chams folgt auch
der kompositionelle Aufbau, der, alle Figuren umfassend, von rechts her
in den fließenden Linien des Aktes keilförmig nach der Tiefe zusammen-
führt und durch eine sehr zarte Beleuchtung gegliedert wird. Die Gestalt
Chams mit ihrer für Sacchi eigentümlichen, von der Seite über die ver-
kürzte Schulter gesehenen Pose und der elastisch schwingenden Schritt-
bewegung erinnert wieder an des Malers oberitalienische Reise, diesmal
läßt auch der Ausdruck des satyrhaft lächelnden Gesichts an Correggios
johannes in der „Madonna des hl. Georg" denken. Die Darstellung ist in
einen weichen bräunlichen Ton getaucht, mit warmen nackten Körpern vor
einem sehr farbig behandelten hellblauen Himmel mit rötlichen Wolken. Wenig
kaltes Karminrot mit bläulichen Lichtern im sorgfältig drapierten Gewand
gibt dem schlanken Akt im Vordergrund eine an Venedig erinnernde Note.
Wie eine Variation dieser von der hinweisenden Geste beherrschten
Komposition erscheint die kleine Darstellung der „Hagar" mit dem ver-
schmachtenden Kind und dem ihr die Quelle weisenden Engel in der
Galleria Barberini (Tafel XX). Umgekehrt geht hier der Aufbau von der im
Dreieck geschlossenen Gruppe von Mutter und Kind aus, er öffnet sich mit der
weiten Gebärde des Engels in der Mittelachse des Bildes nach rechts in
die landschaftliche Tiefe. Die stärkste Helligkeit ruht diesmal auf dem
weißen Tuch links vorn, dem Körper des Kindes und den darüber gefalte-
ten Händen Hagars, während die lichtumflossene Gestalt des Engels in zarte
Halbschatten gehüllt ist. Aber noch kunstvoller sind hier alle Bewegungs-
richtungen in die Bildfläche gebunden, und die Bedeutung des kompositio-
nellen Gefüges wird erst verständlich im Zusammenhänge mit der ursprüng-
lichen achteckigen Form des Keilrahmens, deren Originalität durch die
barberinischen Inventare bestätigt wird^). Denn das beziehungsreiche Spiel
*) Nota de' quadri esistenti net Palazzo ... di Patestrina, Nr. 39: ,,Un ottangoto per
tongo conAgar et Ismaetemoribondo, et'Angeto mezze figure, convedutadipaese Opera