FRANCESCO FIAMMINGO
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des Himmels entgegenlächelnden Antlitz der Märtyrerin ausklingt. Die mit
emporschwingende Rechte hat sich aus dem geschlossenen Blocke gelöst.
Der strengen Einfachheit des plastischen Umrisses bei Fiammingo, der
äußersten Beschränkung des Details im klassischen Sinn steht bei Bernini
eine aufgelockerte Beweglichkeit des Konturs und ein Reichtum an natu-
ralistischen Einzelmotiven entgegen. Die Gewandung ist unterhöhlt, schon
löst sie sich stellenweise vom Block, das bewegte Spiel der Gewandfalten
besitzt ein eigenes, nur mittelbar vom Bewegungsmotiv des Körpers noch
abhängiges Leben*).
Francesco Fiammingo steht mit der Formenstrenge seiner Statue, in
der die Antike wiederaufgelebt schien, in jener „antica puritä sprezzata
da moderni ScultorP"), in einem künstlerischen Gegensatz zur Entwicklung
des Hochbarocks und seinem Führer Bernini. Die Schöpfung dieses ein-
gewanderten Nordländers war ein Bekenntnis zu den nie erloschenen Tra-
ditionen der Hochrenaissance. Bellori nennt ihn sogar zusammen mit
Michelangelo, nach ihm habe Francesco als einziger einen „anderen Gipfel"
der neueren Bildhauerkunst erklommen. Dabei entspricht im Grunde nichts
mehr dem barocken Empfinden als die weiche schwellende Behandlung der
Marmorstatue in S. Maria di Loreto, die gefühlvolle Empfindsamkeit ihrer
Aktion. Der Maler Andrea Sacchi hat dieser Schöpfung des Bildhauers seine
besondere Hochachtung bezeugt, weil er dort auf eine dem eigenen Emp-
finden verwandte Gesinnung traf, die auf Klarheit und Einfachheit von Form,
Aufbau und Ausdruck drängte. Wie der Fiammingo den barocken Affekt,
das Augenblickliche der Aktion ins Sanfte und Stimmungsvolle gemildert
hat, so ist beim Maler in seiner „Vision des hl. Romuald" das barocke
Thema zu jener feierlich-stillen und stimmungsreichen Szene geworden, die
gleich der hl. Susanna eine Sonderstellung in ihrer Zeit einnimmt. Gestalten
Sacchis wie der „Apollo" kommen in der plastischen Geschlossenheit der Form
und dem straffen Schwung der Bewegung der Auffassung des Bildhauers
nahe. Die strengeren formalen Grundsätze Francesco Fiammingos lassen die
Sympathien des Malers verständlich erscheinen, dem die Behandlung einer
für den Figurendarsteller so wichtigen Frage wie der Gewandung Anlaß
zu einer ausführlichen Kontroverse gegen einen Teil der Modernen ge-
geben hat und der (gleichwie Bellori und Passeri an Francesco Fiammingos
Statuen die Enthüllung der Form in jeder Gewandfalte priesen) gegen die
Belastung des Körpers mit schweren und bizarr behandelten Stoffmassen
h A. E. Brinckmann, Barockskulptur, 259.
Betlon, 168.
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des Himmels entgegenlächelnden Antlitz der Märtyrerin ausklingt. Die mit
emporschwingende Rechte hat sich aus dem geschlossenen Blocke gelöst.
Der strengen Einfachheit des plastischen Umrisses bei Fiammingo, der
äußersten Beschränkung des Details im klassischen Sinn steht bei Bernini
eine aufgelockerte Beweglichkeit des Konturs und ein Reichtum an natu-
ralistischen Einzelmotiven entgegen. Die Gewandung ist unterhöhlt, schon
löst sie sich stellenweise vom Block, das bewegte Spiel der Gewandfalten
besitzt ein eigenes, nur mittelbar vom Bewegungsmotiv des Körpers noch
abhängiges Leben*).
Francesco Fiammingo steht mit der Formenstrenge seiner Statue, in
der die Antike wiederaufgelebt schien, in jener „antica puritä sprezzata
da moderni ScultorP"), in einem künstlerischen Gegensatz zur Entwicklung
des Hochbarocks und seinem Führer Bernini. Die Schöpfung dieses ein-
gewanderten Nordländers war ein Bekenntnis zu den nie erloschenen Tra-
ditionen der Hochrenaissance. Bellori nennt ihn sogar zusammen mit
Michelangelo, nach ihm habe Francesco als einziger einen „anderen Gipfel"
der neueren Bildhauerkunst erklommen. Dabei entspricht im Grunde nichts
mehr dem barocken Empfinden als die weiche schwellende Behandlung der
Marmorstatue in S. Maria di Loreto, die gefühlvolle Empfindsamkeit ihrer
Aktion. Der Maler Andrea Sacchi hat dieser Schöpfung des Bildhauers seine
besondere Hochachtung bezeugt, weil er dort auf eine dem eigenen Emp-
finden verwandte Gesinnung traf, die auf Klarheit und Einfachheit von Form,
Aufbau und Ausdruck drängte. Wie der Fiammingo den barocken Affekt,
das Augenblickliche der Aktion ins Sanfte und Stimmungsvolle gemildert
hat, so ist beim Maler in seiner „Vision des hl. Romuald" das barocke
Thema zu jener feierlich-stillen und stimmungsreichen Szene geworden, die
gleich der hl. Susanna eine Sonderstellung in ihrer Zeit einnimmt. Gestalten
Sacchis wie der „Apollo" kommen in der plastischen Geschlossenheit der Form
und dem straffen Schwung der Bewegung der Auffassung des Bildhauers
nahe. Die strengeren formalen Grundsätze Francesco Fiammingos lassen die
Sympathien des Malers verständlich erscheinen, dem die Behandlung einer
für den Figurendarsteller so wichtigen Frage wie der Gewandung Anlaß
zu einer ausführlichen Kontroverse gegen einen Teil der Modernen ge-
geben hat und der (gleichwie Bellori und Passeri an Francesco Fiammingos
Statuen die Enthüllung der Form in jeder Gewandfalte priesen) gegen die
Belastung des Körpers mit schweren und bizarr behandelten Stoffmassen
h A. E. Brinckmann, Barockskulptur, 259.
Betlon, 168.