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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 33.1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.56964#0201
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incmcn wohlhabenden, aber schwachen Pater, als man ihn
ruinirt, znm falschen Spiel verleitet: seine Freunde opferten
ibn, um sich selbst aus der Schlinge zu ziehen. Einer der-
selben zeigte mir den Weg, meinen Vater zu retten, und
ich ging ahnungslos in die Falle. In meiner Unschuld
bat ich einen der Schuldigen, der die Rolle des Ministers
spielte, fußfällig um Gnade für den Vater und kehrte ehr-
los in unsere Wohnung zurück. Mein armer Vater war
inzwischen in's Gefängniß abgeführt. Meine Blutter stürzte
sich in den Fluß, als ich mir verzweifelt das Haar ausriß,
und ich. . . ich folgte nach einer Reihe bitterer Erfahrungen
blind einem Manne, der mich zu lieben vorgab, nach Ame-
rika, wo ich sein Weib werden sollte. Ich trennte mich
rcn 'ihm, als er sein Wort nicht hielt, auch weder sich noch
mich ernähren konnte, und zog in jenes Boardinghouse,
um ein Unterkommen als Gouvernante zu suchen. Er be-
lästigte mich auch dort noch, bis es mir gelang, eine Stel-
lung bei einem reichen Mann zu finden . . ."
„Der wenige Wochen später des Nachts in seiner Woh-
nung überfallen und beraubt wurde," fiel John etwas
spöttisch ein. „Sie, so hieß cs in den Zeitungen, hätten
die Räuber überrascht: man fand Sie, die Sie ganz allein
mit dem alten Herrn im Vorderhause wohnten, am Morgen
geknebelt und mißhandelt, aber doch so, daß Sie nicht
allzu großen Schaden davon genommen Auf Alban, Ihren
Pseudogemabl, siel der Verdacht — denn er sollte Sie gegen
Fhrcn Willen mehrmals in dem Hause besucht haben, um
die Lokalität auszukundsckaften — auf ihn und einen seiner
Freunde, aber sie waren nicht zu finden. Wir unsererseits
— das heißt nicht ich — hatten einen andern Verdacht:
man behauptete, Sie hätten den Räubern ein Hinterfenster
geöffnet und seien nur zum Schein geknebelt worden. Der
alle Herr starb vor Schreck am Morgen, als er erwachte,
Tie halb erstickt am Boden liegen sah und fand, daß man
ihm ein Paket mit hunderttausend Dollars in Greenbacks
aus seinem Pulte gestohlen. Ihre Aussagen vor Gericht
waren als glaubwürdig befunden worden: wir sahen und
hörten nichts mehr von Ihnen. Die Menschen glauben
und reden natürlich von ihrem Nächsten immer nur Las
Schlechteste," setzte John entschuldigend hinzu.
„Von Ihrer Gesellschaft konnte ich nichts Anderes er-
warten!" Valeska's Augen richteten sich auf ihn mit einem
Vlick der Verachtung. „Und wenn ich Sie selbst nun trotz
des geschwärzten Gesichtes an Ihrer Gestalt als einen der
Räuber erkannt hätte?" fragte sie entrüstet.
„O, o!" rief John laut lachend und ernster setzte er
hinzu: „Nun, in dem Falle konnten Sie annehmen, daß
icb einigermaßen unterrichtet war! . . . Uebrigens soll man
bei dem alten Herrn nur die lumpige Summe von fünf-
tausend Dollars gefunden haben . . . Ich erinnere mich"
— er fiel in einen scherzenden Ton — „jener Nacht übrigens
mit großem Interesse; sie war eine der schönsten meines
freudlosen Lebens. Nur unter einer Bedingung war ich
aus Alban's Plan eingegangen, als dieser mir denselben
mitgetheilt; ich wollte den schönem Theil der Aufgabe über-
nehmen und er, ein so vorurtheilsfreier, ich dürfte sagen
gewissenloser Gatte, ging darauf ein."
Er machte eine Pause in der Erwartung, daß sie ihm
schweigen gebieten werde. Lächelnd fuhr er fort:
„Während Alban, nachdem wir scheinbar mit Gewalt
das Fenster geöffnet, in das Schlafzimmer des fest schnarchen-
den alten Herrn schlich, sah ich eine Engelsgestalt, wie sie
eben auf dem Lager aus dem Schlummer erwacht, in der
einen hoch erhobenen Hand eine Lampe, die andere auf
Me schöne Brust gepreßt, mit über den Nacken gefallenem
Haar und allen Zeichen des Schreckens im Antlitz sich mir
entgegen bewegen. Ich ersuchte sie höflichst, zu schweigen,
hamil ter alle Herr nicht im Schlafe gestört werde, nahm
wr die Lampe ad, bak sie, sich auf den Teppich zu legen
und band ihr die weißen, runden Arme, die zierlichen Füge;
ich ihr die schönen Lippen durch ein Tuch schloß,
nnnte ich's mir nicht versagen, einen langen Kuß auf die-
lllben zu drücken, nach dem die meinigen so lange gelechzt.
Me Wehrlose duldete es; nur als ich ihr endlich den Mund
^erschließen mußte, flehte sie: .Nicht so fest, ich ersticke sonst!"
«tban rief, und ich mußte mich von dem reizenden Bilde
rennen. Ich nahm die Lampe, warf sie aus den Boden
"d in tiefer Finsterniß traten wir den Rückzug an. Er
Schelm genug, zu glauben, ich sei vollauf bezahlt, und
"schwand mir dem Gelbe; sie aber entwarf am nächsten
dem Richter eine Schilderung erlittener persön-
> Mißhandlung, welche den Leserinnen der Zeitungen
^Behaut über den Rücken zog. Vermuthlich war
solchen Alban und ihr verabredet, daß sie ihm auf seiner
täk r^ folgen solle, aber er hatte es wahrscheinlick für ge-
uhrück gehalten, eine Adresse zurückzulassen, und so viel
rückzu/hE iEworden, fano sie die Mittel, nack Europa zu-
".^ie sehen, es eristirt wider Ihren Willen zwischen
diev gewisses Band, und thöricht wäre es vielleicht,
^^zerreißen zu wollen, wenn Sie" — er betonte dieß —
Leb a^nweitige Verpflichtungen haben sollten. Unsere
tz^dumstände haben eine gewisse Aehnlichkeit: wir sind
c aus gutem Hause, das Glück aber, das wir nicht
tyx, ^letzlichem Wege finden konnten, suchen wir auf Um-
fzAZ um die Gesetze herum; hingegen darf ick von mir
Ruf ' nicht Jeder von sich sagen kann: ich besitze den
unbescholtenen Mannes innerhalb der Ufer und
dein Est^opas, von Grönland bis zum Kaukasus und
Kap San Vincente bis zum tauschen Meer. Ich

Zllustrirte Welt.

bin ein freier Mann! Zwar habe ich Verwandte in Hol-
land, von wo mich mein Vater frühzeitig nach Deutschland
verpflanzte, aber wir kennen uns nicht und fallen uns nicht
lästig, weder mit unserer Liebe noch mit dem Gegentheil;
zudem lebe ich in sorglosen Verhältnissen, als ein Mann,
der Anspruch auf Achtung hat, ich wüßte also nichts, was
Sie bestimmen könnte, meine Bekanntschaft zu verleugnen."
«Forisctzung folgt.)

Die 8öltne Kbmarck's.
(Porträt S. rOZ.)
Es ist sehr häufig der Fall, daß die Söhne berühmter Väter
wenig hervorragende Begabung zeigen. Fürst Bismarck ist auch
in dieser Hinsicht vom Geschick außerordentlich begünstigt. Seine
beiden Söhne, deren wvhlgetrofsene Porträts wir in dieser Nummer
bringen, sind beide in hohem Grade tüchtige Menschen und so vor-
zügliche Staatsbeamte, daß sich von ihnen wieder Großes mit
Sicherheit erwarten läßt. Fürst Bismarck, vermählt mit Fürstin
Johanna (geborene von Puttkanier) 1847, hat drei Kinder, eine
Tochter Marie, seit 1878 Gemahlin des Grafen Rantzau, und
zwei Söhne, Graf Herbert, geboren 1849 in Berlin, und Graf
Willplm, der 1852 in Frankfurt a. M. das Licht der Welt er-
blickte. Tie Söhne erhielten ihre Schulbildung in öffentlichen
Lehranstalten, zuerst in dem Planmann'schen Institut, dann auf dem
Friedrichs-WerLer'schen Gymnasium in Berlin. 1869 machten die
jungen Grafen gemeinschaftlich das Abiturientenexamcn und bezogen
dann die Universität zu Bonn, uni Kameralia und Jurisprudenz
zu studircn. Ebenso wie der Vater, waren die Söhne lustige
und tapsere Korpsstudenten, die manche Mensur wacker durch-
sichten. Tas stürmische Jahr 1870 wurde auch für die Söhne
Les großen Staatsmannes bedeutungsvoll, sie traten sofort in die
Reihen der Streiter für das Vaterland als Freiwillige des ersten
Gardedragonerregiments, und zwar als gemeine Dragoner, und
machten mit der himmelblauen Brigade den berühmten Todes- und
Siegssritt bei Mars-ta-Tour mit, wobei Graf Herbert schwer
verwundet wurde. „Die Söhne des Kanzlers," erzählt Moritz
Busch, „waren tapser mit dreingeritten in den Kugelhagel, und
der ältere hatte nicht weniger als drei Schüsse bekommen, einen
durch das Bruststück des Nockes, einen auf die Uhr und einen
durch Las Fleisch des Oberschenkels." Ter Kanzler fand den Ver-
wunderen in einem Gehöst auf einem Hügel, wo auch andere Ver-
wundete in ziemlicher Anzahl lagen. Tie Besorgung derselben
hatte ein Oberarzt in den Händen gehabt, der kein Wasser zu be-
schaffen gewußt und die Puten und Hühner, die auf dem Hofe
herumgewandelt, aus einer Art Prüderie nicht für seine Kranken
hatte in Anspruch nehmen wollen. „Er sagte, er dürfe nicht,"
belichtete der Minister weiter, „Vorstellungen in Güte, die ihm
gemacht wurden, halfen nichts. Da drohte ich ihm erst, die
Hühner mit dem Revolver todtzuschießen; dann gab ich ihm zwanzig
Franken, dafür sollte er fünfzehn Stück kaufen; zuletzt besann ich
mich, daß ich ja preußischer General war, und jetzt befahl ich ihm,
worauf er gehorchte. Das Wasser aber mußte ich selber suchen
und in Fässern heranschaffen lassen." — Graf Herbert wurde dann
nach einigen Tagen aus dem Feldlazareth zu seinem Vater in's
Quartier gebracht, in dessen Zimmer man ihm ein Lager auf dem
Fußboden bereitete. Als er transportfähig war, wurde er bis zu
seiner Heilung nach Deutschland zurückgeschasst. Glücklicher war
Gras Wilhelm bei jener berühmten Attake gewesen. Mit berech-
tigtem Stolz erzählte der Kanzler, Laß Gras Bill bei der Umkehr
einen seiner Kameraden, der am Vein verwundet war, mit kräf-
tigen Armen aus dem Getümmel herausgezogen und, davonreitend,
mit sich sortgeschleppt habe, bis sie gereitet gewesen. Ueberhauvt
gedenkt Fürst Bismarck gerne der körperlichen Kraft dieses seines
Sohnes. Man kann sich das behagliche Schmunzeln des Kanzlers
vorstellen, mit dem er erzählt, wie er bei einem Lagerbesuch seinen
jüngeren Sohn angetroffen habe, als derselbe auf seinen Armen
ein junges Schwein zum Kochfeuer trug. „Ich Hütte nie geglaubt,"
bemerkt er Labei, „daß er so viel Talent zum Schweinetragen
hätte." — Die militärische Carrisre der jungen Grafen ging ihren
regelmäßigen Gang.
Nach der Rückkehr in's Vaterland wandten die beiden jungen
Grafen sich in Berlin Len unterbrochenen Studien wieder zu,
um demnächst in den Staatsdienst einzutreten. Doch gehen von
hier ab die bisher vereinigten Lebenswege auseinander. Graf
Herbert betrat die diplomatische Laufbahn und war abwechselnd
bei Len preußischen, respektive deutschen Gesandtschaften in Dresden,
Bern und London, sowie zuletzt in St. Petersburg beschäftigt, hat
somit gewiß, zumal unter einem obersten Chef, wie es der Kanzler
des Deutschen Reiches ist, eine tüchtige Vorschule durchgemant.
Im September hat er sein Amt als Gesandter am niedertändijchen
Hofe angetretcn.
Graf Wilhelm Bismarck hat sich der Verwaltungscarriere ge-
widmet. Er wurde im Jahre 1878 Assessor, nachdem er vorher
als Referendarius am Kreisgericht zu Schlawe gearbeitet hatte.
Von 1879—1881 war er Lear Statthalter von Elsaß-Lothringen
attachirt und erhielt dann mit dem Range als kaiserlicher Regie-
rungsrath eine Stellung als ständiger HUIssarbeiter in der Recchs-
i kanzlei. Diese Behörde hat als Centralbureau des Reichskanzlers
den amtlichen Verkehr desselben mit den Chcjs der einzelnen Ressorts
zu vermitteln. In den jüngsten Tagen ist Gras Wilhelm zum
Geheimen Regierungsrath und Vortragenden Rath im staats-
mmisterium ernannt worden. Dem Reichstage gehörte er von
als Abgeordneter für Len Wahlkreis Mühlhausen
in Thüringen an- ,
Was die äußere Erscheinung der beiden Söhne des Reichs-
kanzlers betrifft, so ist Graf Herbert, eine schlanke Gestalt mit
dunkelbraunem Haarwuchs und Schnurrbart, der Mutter ähnlicher,
während Graf Wilhelm, obgleich wenig über Mittelgröße, mehr
die Züge des Vaters trägt. Auch Las blonde Haupthaar beginnt
sich bereits zu lichten. Einen starken Anfang zum Embonpoint
haben bei Lein Einen die zehrenden Wasser von Mehadia, bei dem
Andern Lie Kur Schwcninger's glücklich überwunden.

195

Die große Spekulation.
Novelle
»on
Karl Weik.
VIII.
Die Erklärungen, welche zwischen Mutter und Tochter
stattgefunden hatten, konnten dem Reimann'schen Ehepaare
nicht verschwiegen bleiben; die Kommerzienräthin hielt es
für das Beste, Hedwig selbst von dem tiefen Eindruck in
Kenntnis) zu setzen, den der Baron auf Ottilien gemacht,
und versuchte dabei, über den Charakter und die Verhält-
nisse des jungen Mannes etwas Näheres zu erfahren.
Hedwig konnte ihr freilich nichts weiter mittheilen, als
was sie selbst durch ihren Mann wußte. Auch dieser wurde
verlegen, denn die sorgsame Mutter drang in ihn nach
Fraucnart, sie wünschte die geringfügigsten Einzelheiten zu
erkunden. Er zog sich indessen noch glücklich genug aus
der Bedränguiß, indem er die Mittheilungen des Barons
möglichst ausschmücktc und mit verschiedenen kleinen, harm-
losen Zusätzen bereicherte.
Die Kommerzienräthin sah ein, daß hier keine be-
sonders wichtigen Entdeckungen zu machen seien; in ihrem
Innern war sie eigentlich recht froh darüber, denn sie hatte
eine instinktmäßige Abneigung vor den Männern, die mit
dreiundzwanzig Jahren schon so viel erlebt haben; sie ent-
schloß sich daher, die Dinge, die da kommen würden, ab-
zuwarten, selbst zu prüfen und darnach ihre Entscheidung
einzurichten.
Herr Reimann war nun einerseits ein wenig wegen der
nächsten Zusammenkunft besorgt, weil die Mutter ihren
Entschluß, derselben beizuwohnen, ausgesprochen hatte.
Würde der Baron dieser welterfahrenen Frau gegenüber
im Stande sein, seine Rolle ebenso gut zu spielen, wie au
jenein Abend bei Schott?
Das war eine gefährliche Probe, die der junge Oekonom
noch zu bestehen hatte. Um ja nichts zu unterlassen, was
seinen Plänen förderlich sein könnte, entschloß sich der
Agent, seinen Schützling auf die Frau Mama vorzubereiten,
ihn: einige Winke über die Art und Weise zu geben, wie
er sich verhalten möge.
Hedwig, von dieser Absicht unterrichtet, billigte sein
Verfahren, bestand indessen darauf, sich mit der einfachen
Mittheilung zu begnügen, es werde Ottiliens Mutter den
Baron gleichfalls kennen lernen; von besonderen Ver-
haltungsmaßregeln wollte sie durchaus nichts wissen. „Man
muß die Sache ihren ruhigen Gang gehen lassen," meinte
sie: „seine Natürlichkeit darf nicht auf Abwege gelenkt, seine
Naivität, die ihres gefälligen Eindrucks sicher ist, nickr ge-
stört werden. Alan würde ihn verwirren, vielleicht blöde
machen und so viel verderben start zu nützen."
In ihrem Innern aber sagte sie ganz offen: „Mein
Gott, was dieser Mann sich einbildet! Er will dem
Baron Vorschriften machen, wie er an's Ziel gelangt!
Welche Thorheit! Dieser junge, so natürliche und einfache
Adonis hat im kleinen Finger mehr Schlauheit und Ueber-
legung, als der gute Reimann in seinem ganzen Kopfe.
Der gelangt sicherlich an's Ziel, wird ein sehr reicher Mann
werden. Und Ottilie? Nun, die bekommt einen Mann,
den sie liebt; hoffentlich Wird es ihm gelingen, sie ein wenig
von ihren Träumereien zu heilen, denn wenn sie denen
nicht entsagt, darf sie auf kein Glück rechnen. Arme
Ottilie! Ich hoffe, Du wirst das Leben nehmen, wie es
nun einmal ist! Mag es Dir leichter werden, zur Er- ,
keuntniß zu kommen, als es mir wurde! Man muß es
verstehen, sich zur rechten Zeit zu fügen, wenn mau die
Herrschaft im Hause für immer behalten will."
Wie Hedwig vorausgesehen, kam es: Baron Hugo
wußte durch sein einfaches und natürliches Benehmen, Lurch
die Aufrichtigkeit und Geradheit in seinen Aeußerungen
das Wohlwollen der Mutter in eben so hohem Grade zu
gewinnen, wie er bereits die Liebe der Tochter erobert hatte.
Ottiliens Neigung äußerte sich in unverkennbaren An-
zeichen.
Sie, welche bisher gewohnt gewesen, die jungen Männer
sckaarenweise um sich zu versammeln und ihre Huldigungen
als pflichtschuldigen Tribut zu empfangen, zitterte bei dem
bloßen Klang seiner Stimme, errölhete wie ein junges
> Mädchen, das soeben aus der Pension entlassen ist. Und
dabei ward ihr so selig ums Herz; ihr Auge strahlte, ein
bisher unbekanntes Gefühl, als ob ihr ein hohes Glück zu
Theil geworden, verlieh ihrem ganzen Wesen einen eigen-
thümlichen Liebreiz. Ja, dieses wunderbare Geheimniß der
Menschenbrust balle sich ihr enthüllt, sie liebte.
Die Kommerzienräthin konnte es nicht unterlassen,
dem Baron gegenüber die leise Andeutung fallen zu lassen,
es wäre ihr angenehm, ihn in ihrem Hause zu sehen.
Ottiliens Auge dankte der Mutter; der Baron küßte der
gütigen Frau die Hand und sprach die Hoffnung aus, ihr
bald seine Aufwartung macken zu können. So schieden sie,
Alle befriedigt und mit der angenehmsten Erwartung in die
Zukunft blickend.
Niemand aber war glücklicher als Herr Reimann.
Sein Plan war gelungen, die zweimalhundertundfünfzig-
tausend Thaler so gut wie verdient; hatte er doch dem
Baron eine Frau mit einer Million verschafft. Eine vor-
treffliche Spekulation! Seine Gedanken waren von jetzt
! ab nur damit beschäftigt, wie er sein Vermögen wohl am
 
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