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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 36.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.54536#0271
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Sie war wunderbar schön, als sie so dastand in der
grellen Beleuchtung der Fackeln, welche die Diener trugen,
das Haar halb aufgelöst und von den weiten Falten ihres
Mantels wie von einer dunklen Wolke umwogt.
Winrich näherte sich ihr. Als sie den Hochmeister
erkannte, übergoß ein dunkler Purpur ihr Gesicht und sie
zog den verhüllenden Mantel fester um sich zusammen.
„Mein edles Fräulein," sagte der Meister, „ich bringe
Euch einen armen Verwundeten und bitte Euch, ihn um
Gottes und meinetwillen zu pflegen. Ich weiß, ich kann
ihn keinen besseren Händen übergeben. Wollt die Güte
haben, ihm ein Zimmer und ein weiches Lager zu bereiten;
die Diener werden ihn hinauftragen und Euer Vater wird
Euch die Aufklärung über dies Ereignis geben, das Euch
überraschen muß."
„Seid überzeugt, hochwürdigster Herr, daß ich thun
werde, was iu meinen Kräften steht, um den Armen zu
retten; in einigen Augenblicken soll alles bereit sein."
Mit einer Verneigung gegen den Hochmeister eilte das
Fräulein in das Haus zurück. Auf den Befehl des
Ritters erhoben die Diener den Verwundeten, um ihn
fortzutragcu.
Woidat, der neben seinem Bruder kniete, hatte mit
lebhaftem Erstaunen das Fräulein von Alsleben erblickt
und in ihr diejenige wiedererkannt, welche heute auf den
schwärmerischen Jüngling einen so tiefen Eindruck gemacht
hatte.
„Armer Bruder," seufzte er vor sich hin, „wenn Deine
Wunde dort heilt, wird Dein Herz vielleicht noch schwerer
verwundet werden!"
Er erhob sich, drückte leicht und leise einen Kuß auf
die blutige Stirn seines Bruders und wandte sich dann
an Bormienes.
„Rettet meinen Bruder," sagte er demselben, „und ich
werde täglich die Götter bitten, daß sie Euch segnen."
Der Arzt drückte ihm die Hand und folgte dann dem
Verwundeten, welcher in das Haus des Ritters von Als-
leben getragen wurde. Woidat wandte sich an seinen alten
Diener, welcher mit einer Thräne im Auge dein jungen
Prinzen nachgeblickt hatte, und fragte:
„Nun, mein alter Rolf, kannst Du reiten?"
„Das kann ich immer, Herr, so lange ich nur noch
ein gesundes Glied am Leibe habe."
„So führe die Pferde vor!"
Während Rolf diesen Befehl ausführte, wandte sich
Woidat an den Hochmeister.
„Noch eine Bitte habe ich an Euch, und die ist, daß
Ihr mir gestatten wollt, meinem armen Bruder von Zeit
zu Zeit Botschaft zu senden und mich nach seinem Befinden
zu erkundigen."
Er dachte bei dieser Bitte ebenso sehr daran, die Ver-
bindung mit Hildegard zu unterhalten und ihren Schmerz
und Unwillen darüber, daß er sie über seine Person und
seinen Namen getäuscht habe, zerstreuen zu können.
„Eure Boten sollen ungehindert durch das Land gehen,"
sagte der Hochmeister; „laßt sie als Erkennungszeichen
Euren Namen nennen, damit man sie nicht für feindliche
Späher halte."
Woidat trat noch näher zu dem Hochmeister heran und
sprach mit feierlicher Stimme:
„Lebt wohl, hoher Herr, und seid überzeugt, daß in
meiner Brust ein Herz schlägt, das ganz Euer ist. Ich
habe heute gelernt, Euren Arm zu fürchten und Euren
edlen Sinn zu verehren. Ich schwöre bei Perkun," rief
er, indem er seinen Arm zum Himmel erhob, „daß ich
niemals mein Schwert gegen Euch erheben werde, was
auch geschehen möge und wie lange auch dieser unglückliche
Krieg meines Vaters gegen Euch noch dauern möge!"
„Schwört das nicht, mein junger Freund," sagte der
Hochmeister, „Ihr seid Eurem Vater Gehorsam schuldig
uud müßt ihm folgen, wenn er Euch zu den Waffen ruft,
und wäre es gegen Euren besten Freund."
„Niemals gegen Euch, hoher Herr," rief Woidat leb-
haft, indem er noch einmal dem Hochmeister voll in das
Gesicht blickte, als wollte er sich diese so edlen und schönen
Züge für immer einprägen. Dann schwang er sich auf
sein Pferd, welches der alte Rolf ihm vorgeführt hatte.
Dieser bestieg ebenfalls sein Pferd, sein ausgerenkter
Arm schmerzte rhn zwar, aber die rauhen, kriegerischen
Naturen der damaligen Zeit beachteten solche kleine
Schmerzen nicht, an die sie gewöhnt waren.
Winrich befahl dem Herrn von Pappenheim, den
Prinzen und seinen Diener zu begleiten und sie sicher
zum Thor hinauszuführen.
Darauf entließ er den alten Alsleben, trug ihm noch-
mals Sorge für den Verwundeten auf und fragte ihn
zuletzt lächelnd:
„Nun, mein lieber Freund, ich habe es Euch angesehen,
Ihr wäret der Meinung, ich thäte unrecht, als ich allein
hieher ging. Ihr meintet, ich hätte den Prinzen fangen
lassen und als Geisel behalten sollen. Tadelt Ihr mich
noch?"
„O, verzeiht, hochwürdigstcr Herr," erwiderte der
Ritter, „daß ich den Maßstab meines Urteils an Eure
Handlungen zu legen wagte! Ihr seid der edelste Ritter
und der weiseste Fürst, Ihr habt heute mehr als eine
Schlacht gewonnen."
Winrich liebte die Schmeichelei nicht, aber das Lob

Illustrirle Welt.

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eines alten, bewährten Freundes, von dem er wußte, daß
er nie gegen seine Ueberzeugung sprach, erfreute ihn. Er
drückte dem Ritter die Hand.
Alslebens Diener führte die Pferde vor und der Hoch-
meister ritt nach dem Schloß zurück, während der Ritter
in sein Haus ging, um Bormienes und seiner Tochter in
ihren Hinrichtungen zur Pflege des Verwundeten beizu-
stehen.
In der Nähe des Schlosses holte Pappenheim den
Meister ein und brachte ihm nochmals die lebhaftesten
Dankes- und Ergebenheitsversicherungen des Prinzen
Woidat, den er aus den Thoren geleitet hatte. Im Thor
begegnete er den heimkehrenden Bürgern, welche, von seinen
edlen Weinen lebhaft aufgeregt, in lautem Gespräch an
ihm vorbeigingen. Er hüllte sich in seinen Mantel nnd
ritt unerkannt mit leichtem Gruß durch die Gruppen nach
dem Schloß zurück und suchte den Schlaf auf dem ein-
fachen harten Lager in der schmucklosen Zelle mitten in
dem fürstlichen Glanz der stolzen Marienburg.
(Fortsetzung folgt.)


Ueber das plötzliche Ergrauen der Haare.
Angst, Kummer, Schreck, Aufregung, kurz alles, was Seele
und Gemüt erschüttert, soll gelegentlich einmal ganz plötzlich aus
einem Blonden oder Schwarzen einen Graukops gemacht haben.
Eble, ein bekannter Forscher, gibt ein großes Verzeichnis der-
artiger Ereignisse, die außerordentlich interessant zu lesen sind.
Der englische Kanzler Thomas Morus wurde nach Ankündigung
seines Todesurteils in einer Nacht grau, dieselbe Veränderung
erlitten die blonden Haare der unglücklichen Herrscherin Marie
Antoinette, als man ihr verkündete, daß sie in den Temple ge-
bracht werden solle. Diego Osorius, der ans Befehl seines
Königs ins Gefängnis geworfen wurde, bekam einen grauen
Kopf, indessen hatte derselbe das Glück, daß seine Haare wieder
ihre normale Farbe erhielten, als er freigesprochen wurde. Das-
selbe pafsirte einem Eseltreiber, der, als ihm fein Esel gestohlen
war, grau, als er ihn wieder erhalten hatte, jedoch wieder
schwarz geworden war. Ein Mönch, der, zum Bischof erwählt,
wegen seiner Jugend vom Papste die Bestätigung nicht erhielt,
wurde aus Gram darüber in einer Nacht grau, so daß der Papst
ihn am nächsten Tage nicht mehr erkannte. Jetzt wurde er Bischof,
da der Papst diese plötzliche Veränderung der Haare für ein
Zeichen Gottes ansah. Es gibt noch unzählige Beispiele, diese
weuigen mögen jedoch genügen. Die Möglichkeit eines plötzlichen
Ergrauens der Haare kann — wie das Fachblatt der Vereinigung
deutscher Perückenmacher und Friseurs meint — heute wohl nicht
mehr bestritten werden, seitdem durch den berühmten Greifs-
walder Physiologen, Professor Landois, sichergestcllt ist, daß der
Eintritt einer größeren Menge von Luft in die Haare, als
normal ist, denselben eins graue Farbe verleiht, und daß ein
derartiger erhöhter Lustgehalt sehr schnell eintreten kann; indes
wird man sich doch immer vorstellen müssen, daß in solchen
Fällen die Lust nur von außen in den fertig gebildeten Haar-
schaft eindringt, mit anderen Worten, daß sich die in feiner
Rinde schon vorhandenen und mit Luft erfüllten Spalten ent-
weder vergrößern oder vermehren. Denn daß etwa Lust von
den lebenden Teilen des Haares, vom Bulbus (Wnrzelzwiebcl)
aus, in den Haarschaft emporsteige, daß sie aus den Gefässen des
Haarbodens stamme und vielleicht unter Mitwirkung von Nerven
aus ihnen hervorgegangen sei, muß als eine absolute Unmöglich-
keit betrachtet werden. Denn der normale, aus der Atmungs-
sphäre stammende und mit ihr in Verbindung stehende Luftgchalt
des Haares erstreckt sich nur so weit, als dasselbe nicht von
seinen Wurzelscheiden eng umschlossen ist, und darf nicht weiter
reichen, weil andererseits die zwischen den Zellen zirkulirende Er-
nährungsflllssigkeit verdunsten und die Zellen eintrocknen müßten.
Der Untergang der Ernährungsquelle des Haares und ein Aus-
fall würden die unausbleiblichen Folgen eines derartigen Ver-
hältnisses sein. Dasselbe müßte mit Sicherheit auch eintreten,
wenn von der Papille (ein Hautwärzchen, welches in den Boden
der Haargrube hineinragt) her Luft in den Bulbus einträte und
mit der im Schaft vorhandenen atmosphärischen Lust in Verbin-
dung käme. Aus diesen Thatsachen geht hervor, wie wenig nervöse
Einflüsse bei der in Rede stehenden Veränderung Les Haares in
Rechnung kommen können. Der Haarschast ist dem Einfluß der
Nerven ebenso entrückt, wie dem Einfluß der Gefässe, so daß
unter Vermittlung dieser Momente eine Vermehrung des Luft-
gehaltes in keiner Weise stattfindet.

Beseitigung des Schnees durch Salz.
Ueber die Verwendung des Salzes zum Freimachen der
Pariser Straßen von Schnee berichtet Barabant: Im Jahre 1880
gab d'Ussel eine Beschreibung seiner ersten Versuche, die dünne
Eisdecke, welche auf den Fahrwegen durch Pressen des Schnees
durch die Fuhrwerke entsteht, zu beseitigen. In den strengen
Wintern von 1879/80 und 1880/81 verausgabte Paris beinahe
200,000 Franken für sruchtlose Versuche, den Schnee wegzu-
schassen. Nachdem die hohe Steuer für Salz, welches für ge-
wöhnliche Haushaltungszwecke nicht verwendbar ist, aufgehoben
war, wurde für den Winter 1885/86 ein Salzvorrat von 4000
Tonnen angeschasst und Vorkehrungen getroffen, den Schnee so

schnell wie möglich zu beseitigen, ehe er durch Pferde und Wagen
festgestampft wird. Da in Paris die Temperatur auch bei
Schneefall selten viel unter den Gefrierpunkt herabgeht, so erhält
man durch Bestreuen des Schnees mit Salz eine Flüssigkeit, die
niemals gefriert. Das Salz ist auszustreuen, sobald es zu schneien
beginnt, es mischt sich dann unter dem Einflüsse des Verkehrs
nut dem Schnee und verflüssigt sich allmälich, so daß nach vier
bis fünf Stunden die Straßen mittelst Kehrmaschine gereinigt
werden können; die Fußwege werden mit Kautfchukbesen gefegt
und die Mischung mit Wasser in die Kanäle geschwämmt. Diese
kalte Mischung thut auf Straßen mit gewöhnlichem Steinpflaster,
mit Asphalt- und Holzpflaster keinen Schaden, dagegen ist ihre
Anwendung für Makadam nicht zu empfehlen, weil dieses in-
folge des häufigen künstlichen Auftauens leicht verwittert. Dies
ist ein weiterer Umstand zu Ungunsten des Makadam, welches
die großen 'Nachteile besitzt, bei Regen- und Tauwetter sehr
schmutzig zu sein und Sand iu die Kanäle gelangen zu lassen.
In Ländern, wo die Temperatur häufig unter — 15 Grad
Celsius sinkt, ist die Verwendung von Salz cinzuschränken; überall
sonst ist es das beste Mittel, Schnee möglichst rasch zu beseitigen.
Man hat dagegen geltend gemacht, daß die Kälte der Mischung
unangenehm auf die Fuße, zerstörend auf das Schuhwerk der
Fußgänger und schädlich auf die Pferde einwirkc. Bedeutende
Chemiker sind jedoch der Meinung, daß die Temperatur der
Schnee- und Eisnnschung im Freien nicht erheblich niedriger sei
als dis der umgebenden Lust und Erde; ganz anders gestalten
sich die Verhältnisse in einem geschlossenen Raume. Pferd- können
übrigens durch Bestreichen der Innenseite des Hufes mit Fett
geschützt werden, und da die Mischung sehr schnell flüssig wird,
so dauert die Unannehmlichkeit nicht lange und kann gegenüber
den sonstigen Vorteilen und der Billigkeit des Verfahrens nicht
in Betracht kommen. Früher erwuchs der Stadt Paris für
jeden Kubikkilometer Schnee eine Ausgabe von 60,000 Franken,
jetzt betragen die Kosten nur noch 20,000 Franken, also nur ein
Drittel der früheren. Ferner füllt das Bestreuen der Straßen
bei Glatteis mit Sand weg, der bei cintretcndcm Tauwetter in
die Kanüle gelangte und dort Ablagerungen verursachte. Zieht
man ferner noch das Aufhören der Verkehrsstockungen in Betracht,
so darf man den indirekten Gewinn der Bevölkerung Wohl nach
Millionen berechnen. Mit keiner der verschiedenen Maschinen zum
Wegschasfcn des Schnees erzielt man gleich günstige Ergebnisse;
auch das Auftauen mittelst Dampf kommt erheblich teurer zu
stehen.

Ein interessantes Bild der klimatischen Verhältnisse
des russischen Reiches
gewahrt eine Betrachtung der Zeiten, in welchen die Gewässer
desselben zufrieren und wieder auftauen. Der russische Forscher
Rykatjchew hat, wie man der „Post" schreibt, für das europäische
Rußland und für Sibirien eine Karte entworfen, auf welcher
alle diejenigen Ocrtlichkeiten durch eine Kurve verbunden sind,
an denen der Aufgang der Gewässer gleichzeitig erfolgt. Der-
artige Kurven bezeichnet er als Jsotaken. Dieselben sind gegen
die Breitenkreise geneigt, und zwar erheben sie sich — ebenso
wie die Jahresisotherme 0 Grad und die übrigen Jahresisothermen
(Linien gleicher durchschnittlicher Jahrestemperatur) der Gegend
— im Westen über die Breitenkreise und fallen nach Osten ab.
Der Verlauf der verschiedenen Jsotaken ist im allgemeinen ein
übereinstimmender; die Störungen in der Gleichförmigkeit des-
selben lassen sich auf den Einfluß örtlicher Verhältnisse zurück-
führen, wie die Nordsüdrichtung der Flüsse, starkes Gefälle und
dergleichen. So spiegelt sich in diesen Kurven der Gang der
Frühlingstemperatur ziemlich unverfälscht wider; natürlich tritt
der Auf- und Zugang der Gewässer später, und zwar einen halben
bis einen Monat später auf als die mittlere Temperatur von
0 Grad, weil die Wärme, beziehungsweise Kälte Zeit gebraucht,
um ihre Einwirkung auf den Fcstigkeitszustand des Wassers aus-
zuüben. Diese Einwirkung verhält sich übrigens gegenüber den
verschiedenen Arten der Gewässer verschieden. Zuerst frieren die
stilleren Kanäle zu, dann die kleinen, die großen Flüsse und
zuletzt die Seen, während beim Auftauen die bewegteren Flüsse,
erst die kleinen (weil sich ihrer der Temperaturwechsel schneller
bemächtigt), dann die großen den Ansang machen; auf sie folgen
die Kanäle und wieder zuletzt die Seen. — An der Südgrenze
des europäischen und mittelasiatischen Rußlands, insbesondere auch
im Kaukasus, gibt es Orte, an denen die Gewässer das ganze
Jahr hindurch offen bleiben. Der früheste Aufgang zerfrierender
Gewässer füllt auf den 15. Februar für einige Oertlichkeiten an
der Nordkllstc des schwarzen Meeres; der späteste in den Juli,
in welchem auf der Halbinsel Tainryr in Sibirien noch eis-
bedeckte Flüsse angetroffcn werden. Am 12. März verläuft die
Eisgrenze in der Richtung von Warschau nach der Krim. All-
mälich zieht sie sich nach Norden zurück, und zwar im Westen
langsamer als im Osten, so daß die aufeinander folgenden Jsotaken
im Westen einander näher kommen als im Osten. Das Vor-
rücken des Aufganges der Flüsse um 10 Grad Breite nach Norden
vollzieht sich im Westen in 36, im Osten in 19 Tagen. Am
I. April zieht sich die Eisgrenze annähernd vom Rigaischen
Meerbusen, nördlich an Astrachan vorbei, bis zum Aralsee; am
21. April von St. Petersburg über Kasan, südlich von Barnaul
in Sibirien bis zu den Quellen des Jenissei; am 1. Mai von
Nord-Finnland über Bcresow und Jakutsk in Sibirien bis nach
Ochotsk, biegt dann in ihrem Verlaufe nach Süden um und
folgt der Küste des ochotskischen Meeres bis zum Amur. Im
Anfang Juni geht der letzte Fluß in Europa, die Petschora, an
der Mündung auf und noch später (Ende Juni) das Lena- und
das Jenisseidelta. — Einen ganz ähnlichen Verlauf wie diese
Jsotaken des Festlandes zeigt die Grenzlinie des ewigen Eises
im nördlichen Eismeer. Dieselbe nimmt im westlichen Europa
ihre höchste Lage ein (82 Grad nördliche Breite auf dem Längen-
kreise von Spitzbergen) und senkt sich ebenfalls nach Osten (bis
zu 73 Grad). Bei der Halbinsel Taimyr berührt sie das Fest-
land. Während nun zwar auch südlich von dieser Grenze das
ganze Jahr hindurch Eis anzutreffen ist, gibt cs doch auch eis-
freie Stellen, welche ein Vordringen der Schiffe zulassen, und
zumal im August wird das Meer vom Eise befreit.
 
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