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I l l u st r i r t e Welt.
Schlammausbruch zu Kantzorik bei Erzerum (Kleinasten). (S. 174.)
gewiß haben Sie recht, ein Staat ohne Ordnung aber
ist macht- und wehrlos. Doch darum scheint es mir nicht
nötig, sich in fremde Botmäßigkeit zu geben, mir scheint,
daß es besser wäre, die ungenügende oder gefährliche Ver-
fassung zu verbessern. „Rußland," fuhr er, lebhafter spre-
chend, fort, „hat bei dem letzten Vertrage von den polnischen
Grenzprovinzen freilich den geringsten Anteil genommen,
aber diese Uneigennützigkeit und Selbstbeschränkung wird
wohl reichlich dadurch ausgewogen, daß dafür das ganze
übrige Königreich so gut wie unter russischer Herrschaft
steht. Bleiben die Dinge so, wie sie jetzt sind, so wird
es sich später nur noch darum handeln, der Sache den
Namen zu geben und Polen zu einer russischen Provinz
zu machen."
„Eure Majestät mögen wohl recht haben," sagte Potocky,
immer noch ängstlich zurückhaltend, „aber wie wäre es
möglich, eine Verfassung zu ändern, welche die Eifersucht
des polnischen Adels und die russischen Truppen beschützen,
und welche Verfassung würde man an die Stelle setzen?"
„Ich sehe, mein lieber Graf," sagte Josef, „daß wir
uns vollkommen verstehen werden, daß ich bei Ihnen die
Aufklärung finden werde, die ich suche, denn in der Frage,
die Sie eben gestellt, liegt ja allerdings die ganze Zukunft
Polens; Sie werden begreifen, daß auch ich über diese
Frage eifrig nachgedacht habe. Ein selbständiges, starkes
und blühendes Polen kann für Oesterreich ein guter
Nachbar sein, gedenken wir doch in Wien immer noch
dankbar des großen Sobiesky, der uns mit seinen tapferen
Polen ritterlich Hilfe brachte in großer Not; ebenso
gute Nachbarschaft möchten wir von Rußland erwarten.
Besser aber ist es, wenn zwischen zwei großen Reichen eine
Scheidewand erhalten bleibt, und ein starkes Polen, das
ja, wie ich hoffe, immer der Freund Oesterreichs sein würde,
wenn es seine wahren Interessen versteht, würde zugleich
eine Bürgschaft des Friedens zwischen Oesterreich und
Rußland sein. In diesem Sinne, mein lieber Graf, habe
ich über jene Frage nachgedacht und auch, wie ich glaube,
eine Lösung derselben gefunden."
„Ich wundere mich nicht," sagte Potocky, „daß Eurer
Majestät hoher Geist auch die schwierigsten Rätsel zu lösen
versteht, und bin begierig, zu hören, wie dies geschehen ist."
„Und ich," rief Josef, „wünsche über die von mir ge-
fundene Lösung Ihre Meinung zu hören, das heißt, die
Meinung des Mannes, der die Bedürfnisse seines Vater-
landes am besten kennt, der die Macht hat, eine Meinung,
die er billigt und teilt, zur That werden zu lassen. Ein
Wahlkönigreich," fuhr er lebhaft fort, „ist eine Un-
möglichkeit in unserer Zeit, ein gewählter König muß ein
ohnmächtiger Schatten, ein Spielball der Parteien und
der auswärtigen Mächte werden oder ein Diktator sein.
In beiden Fällen ist er keine Stütze einer auf sicherer
Ordnung begründeten Macht. Werfen Sie das Wahl-
königtum ab, schaffen Sie ein erbliches Herrschergeschlecht,
und Ihr Vaterland wird neu geboren sein!"
„Und wo wäre ein solches Geschlecht zu finden?"
fragte Potocky.
„In dem Blut eines Fürsten," erwiderte der Kaiser,
„der über Polen geherrscht hat und trotz mancher
Schwächen bei Ihnen in gutem Andenken steht, wie ich
glaube. Wählen Sie einen Prinzen des sächsischen Kur-
hauses zum erblichen König von Polen, er wird in dem
deutschen Reich oder der österreichischen Hausmacht eine
feste Stütze finden und man wird anders mit ihm rechnen
müssen als mit Poniatowsky!"
„Eure Majestät sprechen einen Gedanken aus, der .
sich schon in manchen Köpfen und auch in dem meinigen
geregt hat," sagte Potocky; „aber wie würde es möglich
sein, eine solche Wahl zu erreichen, die Stimmen des
Reichstages zu vereinigen?"
Josef legte seine Hand auf Potockys Arm und sagte:
„Es gab eine Zeit, mein lieber Graf, in der das Eisen
die Welt beherrschte, das ritterliche Schwert in der Hand
des gepanzerten Kriegers gab den Ausschlag in allen
großen Fragen der Völkerschicksale. Das Eisen hat seine
Macht verloren, heute ist es das Gold, das die Welt be-
herrscht, da man mit dem Golde Pulver, Kanonen — und
auch Menschen erkaufen kann."
Ein flüchtiger Blitz flammte in Potockys Augen auf.
„Freilich," sagte er, „beherrscht das Gold die Welt,
aber dieser mächtige Talisman steht uns in Polen nicht
zu Gebote."
„Darum," rief Josef, „muß man daran denken, ihn
zu schaffen, und das Mittel dazu scheint sich leicht zu bieten.
Ihre Regierung hat in Warschau eine Lombardbank ge-
gründet, um ihre Finanzen zu regeln und dem Handel
und Verkehr einen festen Mittelpunkt zu geben."
Potocky zuckte die Achseln.
„Die Bank hat man wohl gegründet," sagte er, „aber
sie fristet ein Scheindasein, das bald wohl verlöschen wird,
ihr fehlt das Geld und der Kredit."
„Beides will ich ihr bieten," sagte Josef, „die Handels-
gesellschaft in Wien soll mit ihr in Verbindung treten,
sie soll ihr Kapitalien vorschießen und ihre Wechsel
acceptiren. Eine gleiche Bereitwilligkeit wird, wie mir
berichtet ist, in Berlin vorhanden sein. Man muß ja
auch in Preußen wünschen, nicht zu viel russische Grenzen
bewachen zu dürfen. Wenn Sie der Begründer einer neuen
Zeit für Ihr Vaterland werden wollen, so verfügen Sie
über die Mittel, welche die Wiener Handelsgesellschaft,
vereinigt mit Ihrer Lombardbank, nach Ihrer Anweisung
für den großen Zweck flüssig machen wird, und ich zweifle
nicht, daß es Ihnen gelingt, mit dem Talisman des Goldes
den kursächsischen Prinzen Friedrich August zum Nach-
folger Poniatowskys zu machen, der sich wohl auch ohne
Mühe zur Abdankung wird bestimmen lassen. Der Fürst-
Staatskanzler hat die Verbindung der Wiener Handels-
gesellschaft mit der Warschauer Lombardbank eingeleitet, und
es wird sofort Befehl gegeben werden, daß Ihre Ordres
epekutirt und Ihre Wechsel acceptirt werden."
Potocky verbeugte sich tief, um die triumphirende Freude
zu verbergen, welche von seinem Gesicht strahlte.
„Ich werde," sagte er, „alles aufbieten, um Eurer
Majestät großen Gedanken für mein Vaterland zu ver-
wirklichen und demselben einen König zu geben, der ihm
neue Macht und Größe bringen soll."
„Und Sie, mein lieber Graf, werden der erste nach
dem König sein, oder neben dem König," erwiderte Josef.
„Graf Cobenzl hatte recht, als er mir sagte, daß ich in
Ihnen den einzigen Mann in Polen finden würde, der
meine Ideen erfassen und die Kraft haben möchte, sie
auszuführen."
„Graf Cobenzl kennt meine Liebe für mein Vaterland
und meine Bewunderung für Eure Majestät," erwiderte
Potoky, indem er sich vor dem österreichischen Gesandten
verneigte.
„Nun aber darf ich Sie nicht länger Ihrer Gesellschaft
entziehen," sagte der Kaiser, „die verwundert sein wird
über die lange Abwesenheit ihres Wirtes. Möge diese
Stunde Früchte tragen für die Zukunft, wir werden uns
kaum noch unbeobachtet sprechen können, es ist besser, wenn
wir es vermeiden, um Argwohn abzulenken. Wir sind
also einig, mein Gesandter in Warschau wird in jedem
Falle alles Nötige mit Ihnen besprechen."
„Ich bitte Eure Majestät," sagte Potocky fast er-
schrocken, „mir lieber Ihre Befehle durch einen Agenten
der Handelsgesellschaft zugehen zu lassen, die Diplomatie
in Warschau ist von tausend Spionen umgeben."
„Sie haben recht," sagte der Kaiser, „je größer das
Ziel, um so enger und dunkler müssen die Wege sein, es
zu erreichen. Leben Sie wohl — Graf Falkenstein nimmt
von dem Grafen Potocky Abschied — morgen wird der
römische Kaiser den Großfeldherrn der polnischen Artillerie
begrüßen!"
„Eure Majestät erlauben, daß ich Sie begleiten darf,"
sagte Potocky.
„Um keinen Preis," rief Josef abwehrend, „wo bliebe
mein Inkognito und unser Geheimnis, wenn der Graf
Felip Potocky dem Sekretär des Grafen Falkenstein solche
Ehre erwiese! Ich bin gewiß, meinen Weg allein zu
finden!"
Er eilte, Cobenzl mit sich fortziehend, schnell hinaus
und zog die Thür hinter sich zu.
Potocky lächelte.
„Er hat recht," sagte er, „das Gold ist in unseren
Tagen der Talisman, der die Schicksale der Menschen
und der Völker lenkt! Schmerzlich entbehrte ich die Zauber-
kraft dieses weltbeherrschenden Metalls, und nun wird sie
mir von allen Seiten entgegengebracht. Zu ihrem Werk-
zeug wollen sie mich machen, sie legen die Macht in meine
Hand, die Krone zu vergeben. Ich will diese Macht ge-
brauchen, aber, bei Gott, ein Thor wäre ich, wenn ich als
ihr Werkzeug die Krone auf ein fremdes Haupt setzte!
Sie haben Kanonen und Bajonette, mein ist die List, des
Goldes Zauberkraft lebendig zu machen, und mein wird
die Krone sein!"
Die Vorhänge vor der Thür des Schlafzimmers be-
wegten sich leise.
Er bemerkte es nicht.
Noch einen Augenblick stand er, still vor sich hin-
lächelnd, gesenkten Hauptes da. Dann ging er hinaus,
um sich zu seinen Gästen zurückzubegeben. Er entschuldigte
sein Ausbleiben mit dringenden Geschäften.
Niemand vermutete etwas anderes und die fröhliche
Tafelrunde setzte sich noch eine Zeit lang fort, bis man
sich erhob, um in dem Nebenzimmer, wie es in der pol-
nischen Gesellschaft jener Zeit fast unabänderlicher Gebrauch
war, ein Spiel zu machen.
Potocky und der Vizekronfeldherr Sosnowsky, ein
Mann von etwa fünfzig Jahren, mit bleichem, listigem
Gesicht, dessen matte Augen scharf beobachtend umher-
schweiften und zuweiten tückisch aufblitzten, hielten an zwei
Tischen die Pharobank, Sosnowsky gewann. Potocky
verlor fast mit gleicher Regelmäßigkeit, aber die kleineren
Edelleute, welche an Sosnowskys Tisch ihr Glück ver-
geblich versucht hatten, fanden darum dennoch ihre Rechnung,
indem sie zu Potockys Bank gingen und dort mit ver-
doppelten Einsätzen ihren Verlust wieder gut machten.
Das Spiel wurde eher als sonst beendet, da schon
in früher Morgenstunde die Kaiserin eintreffen sollte.
Die Gäste verabschiedeten sich und Potocky zog sich
in sein Kabinet zurück.
Sein Kammerdiener reichte ihm den Schlafrock.
Er entließ denselben schnell wieder mit dem Befehl,
dafür zu sorgen, daß am nächsten Morgen das ganze
Haus rechtzeitig zum Empfange der Kaiserin bereit sei.
I l l u st r i r t e Welt.
Schlammausbruch zu Kantzorik bei Erzerum (Kleinasten). (S. 174.)
gewiß haben Sie recht, ein Staat ohne Ordnung aber
ist macht- und wehrlos. Doch darum scheint es mir nicht
nötig, sich in fremde Botmäßigkeit zu geben, mir scheint,
daß es besser wäre, die ungenügende oder gefährliche Ver-
fassung zu verbessern. „Rußland," fuhr er, lebhafter spre-
chend, fort, „hat bei dem letzten Vertrage von den polnischen
Grenzprovinzen freilich den geringsten Anteil genommen,
aber diese Uneigennützigkeit und Selbstbeschränkung wird
wohl reichlich dadurch ausgewogen, daß dafür das ganze
übrige Königreich so gut wie unter russischer Herrschaft
steht. Bleiben die Dinge so, wie sie jetzt sind, so wird
es sich später nur noch darum handeln, der Sache den
Namen zu geben und Polen zu einer russischen Provinz
zu machen."
„Eure Majestät mögen wohl recht haben," sagte Potocky,
immer noch ängstlich zurückhaltend, „aber wie wäre es
möglich, eine Verfassung zu ändern, welche die Eifersucht
des polnischen Adels und die russischen Truppen beschützen,
und welche Verfassung würde man an die Stelle setzen?"
„Ich sehe, mein lieber Graf," sagte Josef, „daß wir
uns vollkommen verstehen werden, daß ich bei Ihnen die
Aufklärung finden werde, die ich suche, denn in der Frage,
die Sie eben gestellt, liegt ja allerdings die ganze Zukunft
Polens; Sie werden begreifen, daß auch ich über diese
Frage eifrig nachgedacht habe. Ein selbständiges, starkes
und blühendes Polen kann für Oesterreich ein guter
Nachbar sein, gedenken wir doch in Wien immer noch
dankbar des großen Sobiesky, der uns mit seinen tapferen
Polen ritterlich Hilfe brachte in großer Not; ebenso
gute Nachbarschaft möchten wir von Rußland erwarten.
Besser aber ist es, wenn zwischen zwei großen Reichen eine
Scheidewand erhalten bleibt, und ein starkes Polen, das
ja, wie ich hoffe, immer der Freund Oesterreichs sein würde,
wenn es seine wahren Interessen versteht, würde zugleich
eine Bürgschaft des Friedens zwischen Oesterreich und
Rußland sein. In diesem Sinne, mein lieber Graf, habe
ich über jene Frage nachgedacht und auch, wie ich glaube,
eine Lösung derselben gefunden."
„Ich wundere mich nicht," sagte Potocky, „daß Eurer
Majestät hoher Geist auch die schwierigsten Rätsel zu lösen
versteht, und bin begierig, zu hören, wie dies geschehen ist."
„Und ich," rief Josef, „wünsche über die von mir ge-
fundene Lösung Ihre Meinung zu hören, das heißt, die
Meinung des Mannes, der die Bedürfnisse seines Vater-
landes am besten kennt, der die Macht hat, eine Meinung,
die er billigt und teilt, zur That werden zu lassen. Ein
Wahlkönigreich," fuhr er lebhaft fort, „ist eine Un-
möglichkeit in unserer Zeit, ein gewählter König muß ein
ohnmächtiger Schatten, ein Spielball der Parteien und
der auswärtigen Mächte werden oder ein Diktator sein.
In beiden Fällen ist er keine Stütze einer auf sicherer
Ordnung begründeten Macht. Werfen Sie das Wahl-
königtum ab, schaffen Sie ein erbliches Herrschergeschlecht,
und Ihr Vaterland wird neu geboren sein!"
„Und wo wäre ein solches Geschlecht zu finden?"
fragte Potocky.
„In dem Blut eines Fürsten," erwiderte der Kaiser,
„der über Polen geherrscht hat und trotz mancher
Schwächen bei Ihnen in gutem Andenken steht, wie ich
glaube. Wählen Sie einen Prinzen des sächsischen Kur-
hauses zum erblichen König von Polen, er wird in dem
deutschen Reich oder der österreichischen Hausmacht eine
feste Stütze finden und man wird anders mit ihm rechnen
müssen als mit Poniatowsky!"
„Eure Majestät sprechen einen Gedanken aus, der .
sich schon in manchen Köpfen und auch in dem meinigen
geregt hat," sagte Potocky; „aber wie würde es möglich
sein, eine solche Wahl zu erreichen, die Stimmen des
Reichstages zu vereinigen?"
Josef legte seine Hand auf Potockys Arm und sagte:
„Es gab eine Zeit, mein lieber Graf, in der das Eisen
die Welt beherrschte, das ritterliche Schwert in der Hand
des gepanzerten Kriegers gab den Ausschlag in allen
großen Fragen der Völkerschicksale. Das Eisen hat seine
Macht verloren, heute ist es das Gold, das die Welt be-
herrscht, da man mit dem Golde Pulver, Kanonen — und
auch Menschen erkaufen kann."
Ein flüchtiger Blitz flammte in Potockys Augen auf.
„Freilich," sagte er, „beherrscht das Gold die Welt,
aber dieser mächtige Talisman steht uns in Polen nicht
zu Gebote."
„Darum," rief Josef, „muß man daran denken, ihn
zu schaffen, und das Mittel dazu scheint sich leicht zu bieten.
Ihre Regierung hat in Warschau eine Lombardbank ge-
gründet, um ihre Finanzen zu regeln und dem Handel
und Verkehr einen festen Mittelpunkt zu geben."
Potocky zuckte die Achseln.
„Die Bank hat man wohl gegründet," sagte er, „aber
sie fristet ein Scheindasein, das bald wohl verlöschen wird,
ihr fehlt das Geld und der Kredit."
„Beides will ich ihr bieten," sagte Josef, „die Handels-
gesellschaft in Wien soll mit ihr in Verbindung treten,
sie soll ihr Kapitalien vorschießen und ihre Wechsel
acceptiren. Eine gleiche Bereitwilligkeit wird, wie mir
berichtet ist, in Berlin vorhanden sein. Man muß ja
auch in Preußen wünschen, nicht zu viel russische Grenzen
bewachen zu dürfen. Wenn Sie der Begründer einer neuen
Zeit für Ihr Vaterland werden wollen, so verfügen Sie
über die Mittel, welche die Wiener Handelsgesellschaft,
vereinigt mit Ihrer Lombardbank, nach Ihrer Anweisung
für den großen Zweck flüssig machen wird, und ich zweifle
nicht, daß es Ihnen gelingt, mit dem Talisman des Goldes
den kursächsischen Prinzen Friedrich August zum Nach-
folger Poniatowskys zu machen, der sich wohl auch ohne
Mühe zur Abdankung wird bestimmen lassen. Der Fürst-
Staatskanzler hat die Verbindung der Wiener Handels-
gesellschaft mit der Warschauer Lombardbank eingeleitet, und
es wird sofort Befehl gegeben werden, daß Ihre Ordres
epekutirt und Ihre Wechsel acceptirt werden."
Potocky verbeugte sich tief, um die triumphirende Freude
zu verbergen, welche von seinem Gesicht strahlte.
„Ich werde," sagte er, „alles aufbieten, um Eurer
Majestät großen Gedanken für mein Vaterland zu ver-
wirklichen und demselben einen König zu geben, der ihm
neue Macht und Größe bringen soll."
„Und Sie, mein lieber Graf, werden der erste nach
dem König sein, oder neben dem König," erwiderte Josef.
„Graf Cobenzl hatte recht, als er mir sagte, daß ich in
Ihnen den einzigen Mann in Polen finden würde, der
meine Ideen erfassen und die Kraft haben möchte, sie
auszuführen."
„Graf Cobenzl kennt meine Liebe für mein Vaterland
und meine Bewunderung für Eure Majestät," erwiderte
Potoky, indem er sich vor dem österreichischen Gesandten
verneigte.
„Nun aber darf ich Sie nicht länger Ihrer Gesellschaft
entziehen," sagte der Kaiser, „die verwundert sein wird
über die lange Abwesenheit ihres Wirtes. Möge diese
Stunde Früchte tragen für die Zukunft, wir werden uns
kaum noch unbeobachtet sprechen können, es ist besser, wenn
wir es vermeiden, um Argwohn abzulenken. Wir sind
also einig, mein Gesandter in Warschau wird in jedem
Falle alles Nötige mit Ihnen besprechen."
„Ich bitte Eure Majestät," sagte Potocky fast er-
schrocken, „mir lieber Ihre Befehle durch einen Agenten
der Handelsgesellschaft zugehen zu lassen, die Diplomatie
in Warschau ist von tausend Spionen umgeben."
„Sie haben recht," sagte der Kaiser, „je größer das
Ziel, um so enger und dunkler müssen die Wege sein, es
zu erreichen. Leben Sie wohl — Graf Falkenstein nimmt
von dem Grafen Potocky Abschied — morgen wird der
römische Kaiser den Großfeldherrn der polnischen Artillerie
begrüßen!"
„Eure Majestät erlauben, daß ich Sie begleiten darf,"
sagte Potocky.
„Um keinen Preis," rief Josef abwehrend, „wo bliebe
mein Inkognito und unser Geheimnis, wenn der Graf
Felip Potocky dem Sekretär des Grafen Falkenstein solche
Ehre erwiese! Ich bin gewiß, meinen Weg allein zu
finden!"
Er eilte, Cobenzl mit sich fortziehend, schnell hinaus
und zog die Thür hinter sich zu.
Potocky lächelte.
„Er hat recht," sagte er, „das Gold ist in unseren
Tagen der Talisman, der die Schicksale der Menschen
und der Völker lenkt! Schmerzlich entbehrte ich die Zauber-
kraft dieses weltbeherrschenden Metalls, und nun wird sie
mir von allen Seiten entgegengebracht. Zu ihrem Werk-
zeug wollen sie mich machen, sie legen die Macht in meine
Hand, die Krone zu vergeben. Ich will diese Macht ge-
brauchen, aber, bei Gott, ein Thor wäre ich, wenn ich als
ihr Werkzeug die Krone auf ein fremdes Haupt setzte!
Sie haben Kanonen und Bajonette, mein ist die List, des
Goldes Zauberkraft lebendig zu machen, und mein wird
die Krone sein!"
Die Vorhänge vor der Thür des Schlafzimmers be-
wegten sich leise.
Er bemerkte es nicht.
Noch einen Augenblick stand er, still vor sich hin-
lächelnd, gesenkten Hauptes da. Dann ging er hinaus,
um sich zu seinen Gästen zurückzubegeben. Er entschuldigte
sein Ausbleiben mit dringenden Geschäften.
Niemand vermutete etwas anderes und die fröhliche
Tafelrunde setzte sich noch eine Zeit lang fort, bis man
sich erhob, um in dem Nebenzimmer, wie es in der pol-
nischen Gesellschaft jener Zeit fast unabänderlicher Gebrauch
war, ein Spiel zu machen.
Potocky und der Vizekronfeldherr Sosnowsky, ein
Mann von etwa fünfzig Jahren, mit bleichem, listigem
Gesicht, dessen matte Augen scharf beobachtend umher-
schweiften und zuweiten tückisch aufblitzten, hielten an zwei
Tischen die Pharobank, Sosnowsky gewann. Potocky
verlor fast mit gleicher Regelmäßigkeit, aber die kleineren
Edelleute, welche an Sosnowskys Tisch ihr Glück ver-
geblich versucht hatten, fanden darum dennoch ihre Rechnung,
indem sie zu Potockys Bank gingen und dort mit ver-
doppelten Einsätzen ihren Verlust wieder gut machten.
Das Spiel wurde eher als sonst beendet, da schon
in früher Morgenstunde die Kaiserin eintreffen sollte.
Die Gäste verabschiedeten sich und Potocky zog sich
in sein Kabinet zurück.
Sein Kammerdiener reichte ihm den Schlafrock.
Er entließ denselben schnell wieder mit dem Befehl,
dafür zu sorgen, daß am nächsten Morgen das ganze
Haus rechtzeitig zum Empfange der Kaiserin bereit sei.