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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 9.1923

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Heft 2
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Aichhorn, August: Über die Erziehung in Besserungsanstalten
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https://doi.org/10.11588/diglit.28544#0199

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ÜBER DIE ERZIEHUNG
IN BESSERUNGSANSTALTEN'
Von AUGUST AICHHORN
Meine Damen und Herren! Ich sage absichtlich Erziehung in Bes-
serungsanstalten, obwohl ich weiß, daß der offizielle Terminus Zwangs-
erziehung heißt. Mich veranlassen dazu zwei Überlegungen. Erstens
könnte das Wort Zwangserziehung leicht zu der Meinung verleiten,
es handle sich um eine Erziehungsform, die dem zu Erziehenden auf-
gezwungen wird, da ja von den Besserungsanstalten soviel Zwang be-
kannt ist. Zwangserziehung ist aber eine Erziehung gegen den Willen
des zur Erziehung Verpachteten. Zweitens erscheint mir dadurch
das Thema gegen die offene Jugendfürsorge und die in der freien
Jugendbewegung versuchten Erziehungsformen schärfer abgegrenzt.
Wenn auch zweifellos innige und tiefe Beziehungen zwischen der
Erziehung des normalen und des dissozialen Kindes bestehen, sind
wir in den Besserungsanstalten noch lange nicht so weit, aus unserer
Erziehungsarbeit mit Sicherheit Schlüsse auf die Erziehung des nor-
malen Kindes ziehen zu können. So wie wir unter unsern Zöglingen
Grenzfälle und fließende Übergänge zur Neurose und Psychose finden
und uns daher im Grenzgebiete mit der Psychiatrie berühren, stoßen
wir auch auf Grenzfälle und fließende Übergänge zum normalen Kinde
und berühren uns dadurch in unserer Arbeit mit der offenen Jugend-

1) Vortrag, gehalten in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung am 21. Juni 1922.
 
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