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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 17.1906

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Zimmermann, Wilhelm: Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0043

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INNEN-DEKORATION

SPRECHSAAL.

(Ausser Verantwortung der Redaktion.)

MODERNE HOLZFÄRBUNG DURCH LICHTECHTE
TEERFARBSTOFFE. - In dem sehr interessanten
Artikel „Moderne Holzfärbung durch lichtechte Teer-
farbstoffe" (August-Dezemberheft dieser Zeitschrift, Jahr-
gang XVI) übte Herr Professor Dr. Sonne mehrmals Kritik
an dem von dem Unterzeichneten verfassten Werkchen „Das
Beizen und Färben des Holzes", weshalb ich mich veranlasst
sehe, hierzu in rein sachlicher Weise Stellung zu nehmen.

Zunächst bemängelt Herr Professor Dr. Sonne an dem
obigen Werkchen das Fehlen von Quellenangaben. Wie
schon der Titel meines Buches „Das Beizen und Färben des
Holzes" ein Hand- und Hülfsbuch zum praktischen Ge-
brauche für Tischler, Maler, Drechsler etc. andeutet, beab-
sichtigte der Verfasser desselben kein wissenschaftliches
Werk zu schreiben, sondern ein möglichst kurz und klar
gefasstes Buch, nach welchem der ausübende Handwerker
direkt zu arbeiten in der Lage ist. Deshalb unterblieben
auch alle theoretischen Erläuterungen und Besprechungen
der sich abspielenden chemischen Vorgänge, für welche
den in Betracht kommenden Handwerkern ja doch die zum
Verständnis derselben erforderlichen chemischen Vorkenntnisse
fehlen und aus welchen dieselben, wie ich aus Erfahrung
weiss, selten eine praktische Nutzanwendung ziehen können.

Aus demselben Grunde unterliess ich es auch in den
ganz vereinzelten Fällen, in welchen ich aus der bereits
vorhandenen Literatur schöpfte, die Quelle anzugeben.

Dagegen führte ich in dem Vorwort zur I. Aufl. des ein-
gangs erwähnten Werkchens wörtlich an: „Die angeführten
Rezepte sind während meiner vieljährigen Tätigkeit als
Lehrer an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in
Barmen neu ausgearbeitet oder bezüglich ihrer Brauchbar-
keit kontrollirt", womit ich doch ausdrücklich darauf hinwies,
dass auch bereits bekannte und bewährte Verfahren Aufnahme
fanden, sodass die Befürchtung, der Leser meines Buches
könne in Folge Fehlens der benutzten Quellen alle Verfahren
als meine ureigensten Erfindungen oder Ausarbeitungen
ansehen, kaum berechtigt ist.

Für den weitaus grössten Teil der von mir beschriebenen
Rezepte muss ich allerdings die Priorität beanspruchen;
denn dieselben wurden in mehrjährigen Versuchen von mir
ausgearbeitet oder doch gemä(3 meiner 20jährigen Praxis
als Chemiker-Colorist aus der Textilfärberei und -Druckerei
auf die Holzfärberei übertragen. Dass dies nicht so ohne
Weiteres möglich war, sondern eine grosse Reihe von Ver-
suchen notwendig machte, ist in Anbetracht der Verschieden-
heit des zu färbenden Materials und der ganz verschiedenen
Arbeitsbedingungen selbstverständlich. Der Umstand, dass
das gleichnamige Werk von Fritz Voss, welches zum grössten
Teil dieselben Beizverfahren beschreibt, zwei Monate früher
erschien, ist ohne Belang, da der Zeichner Fritz Voss bis
Ostern 1903 mein Schüler an der oben genannten Lehranstalt
war und nur die in diesem Unterricht kennen gelernten
Verfahren etc. beschreiben konnte.

Ich beanspruche daher die Priorität für die in diesem
Buche veröffentlichten Beizverfahren, sofern dieselben nicht
vorher schon veröffentlicht waren, insbesondere aber für
das Beizen mit Sufamin und essigsaurem Cobalt sowie holz-
essigsaurem Eisen, Paraphenylendiamin etc. etc.

Herr Professor Dr. Sonne bezweifelt in dem eingangs
erwähnten Artikel (Seite 289 - Novemberheft) den Wert
des Nachtannierens bei basischen Farbstoffen.

Diesen Ausführungen des Herrn Professors Dr. Sonne und
insbesondere der ganz bestimmt gehaltenen Schlussfolgerung,
muss ich in ebenso bestimmter Weise entgegentreten.

Das vorherige Auftragen der aus basischen Farbstoffen
bestehenden Beizlösungen und nachträgliche Übersetzen mit
einer heissen Tanninlösung bietet gegenüber dem von Rotter,
Dr. Mellmann und auch von Herrn Professor Dr. Sonne
empfohlenen Vortannieren und nachherigen Auftragen der
basischen Farbstoffe unbedingte Vorteile und ist von mir
auf Grund meiner langjährigen Erfahrungen in der Färberei-
und Druckereipraxis, sowie auf Grund meiner diesbezüglichen
Versuche beim Beizen grosser Flächen gewählt worden.

Es ist jedem praktischen Färber, welcher vegetabilische
Faserstoffe mit basischen Farbstoffen auf vortannierte Stoffe zu

färben hat, bekannt, dass diese basischen Farbstoffe sehr
schnell von dem in der Faser abgelagerten Tannin fixiert
werden.

B jä Ebenso ist es dem praktischen Färber bekannt, dass
auf einem ungleichmässig vortannierten Fasermaterial absolut
keine gleichmässigen Farben zu erzielen sind.

Ganz ebenso verhält es sich beim Beizen von mit
Tannin vorgestrichenem Holz. Der auf die vortannierte
Holzfläche aufgetragene basische Farbstoff verbindet sich
mit dem Tannin sehr schnell zu einem schwer löslichen
Farblack. Das Auftragen der Beizlösungen kann aber
bei grossen Flächen mit dem Pinsel praktisch nie absolut
gleichmässig erfolgen und müssen die vorhandenen Un-
gleichmäßigkeiten in der Verteilung des Farbstoffs, solange
die Heizfläche noch ganz nass ist, durch Vertreiben mit
einem grossen Pinsel, Schwamm oder Wolllappen sofort
nach dem Auftragen der Beizlösung beseitigt werden. Wird
der auf die vortannierte Holzfläche aufgetragene basische
Farbstoff aber sehr schnell als sehr schwer löslicher Tannin-
lack fixiert, dann ist ein nachheriges Vertreiben und Aus-
gleichen des bereits fest gebundenen Farbstofflacks nicht
mehr möglich. Ausserdem ist beim Vorbeizen der Holz-
flächen mit der nahezu farblosen Tanninlösung die Gefahr
des ungleichmässigen Ausfalls einer Beizung stets vorhanden,
weil der Beizer eben nicht sehen kann, ob an eine Stelle
mehr Tanninlösung aufgetragen ist, als auf eine andere,
und da an denjenigen Stellen einer Holzfläche, welche zu
wenig Tannin enthalten, der später aufgetragene basische Farb-
stoff nicht vollständig in den Tanninfarbstofflack umgewandelt
werden kann.

Bei der Umwandlung vieler basischer Farbstoffe, ins-
besondere aber der blauen und violetten Farbstoffe, findet
gleichzeitig ein nicht unwesentlicher Farbenumschlag statt,
weil eben der Tanninlack eine andere Färbung besitzt, als
der freie Farbstoff. Alle blauen Farbstoffe besitzen als
Tanninlack einen grüneren, die violetten und roten Farbstoffe
dagegen meistens einen blaueren Ton als der freie Farb-
stoff, z. B. Methylenblau, Naphtolblau, Echtviolett, Fuchsin,
Rhodamin etc. Ganz anders liegt die Sache, wenn die
Holzflächen ohne vorherige Tannierung mit der Lösung eines
basischen Farbstoffs gebeizt werden. In diesem Falle lagert
sich der Farbstoff (bei gerbstoffarmen Holzarten) nur
mechanisch in den oberen Zellschichten des Holzes ab,
und zwar in dem Mafje als das Lösungsmittel (Wasser)
verdunstet. Es kann also nach dem ersten Auftragen der
Beizlösung, so lange die Fläche noch ganz nass ist, noch
eine gleichmäßige Verteilung des Farbstoffs durch Vertreiben
mit einem grossen Pinsel, Schwamm oder Wolllappen statt-
finden. Ebenso kann der Beizer sofort beim Auftragen der
Beizlösung an der erzielten Färbung deutlich erkennen, ob
an eine Stelle zu viel oder an eine Stelle zu wenig Beiz-
lösung gekommen ist und dementsprechend nachhelfen.

Wurde aber eine Holzfläche ohne Vortannierung mit
basischen Farbstoffen gleichmäj3ig gebeizt, so kann durch
das nachherige Auftragen der heissen Tanninlösung auf die
bereits trockene Fläche kaum eine Ungleichmäßigkeit bewirkt
werden, umsomehr, als man an einer farbigen Fläche viel
leichter erkennen kann, ob dieselbe an allen Stellen gleich-
mäßig benetzt wurde, als an naturfarbigem Holz.

Um nun aber ganz sicher zu sein, dass allen Stellen
der bereits mit basischen Farbstoffen gebeizten Flächen so-
viel Tannin zugeführt wird, als der in der Holzfaser ab-
gelagerte basische Farbstoff zu seiner vollkommenen Um-
setzung in den Tanninfarblack erfordert, empfehle ich in
der III. Aufl. meines Buches selbst bei hellen Beizungen
die Anwendung einer fünfprozentigen und bei dunklen
Beizungen einer zehnprozentigen Tanninlösung, sodass also
immer ein grosser Überschuss an Tannin auf die Holzfläche
gelangt und so die Gewähr für eine vollständige Umsetzung
des auf das Holz aufgetragenen Farbstoffs in den Tannin-
lack gegeben ist.

Ein weiterer Beweis für die Richtigkeit der von mir
empfohlenen Umkehrung des Beizverfahrens bei Anwendung
basischer Farbstoffe ist die mir von mehreren praktischen
Beizern mitgeteilte und von mir selbst gemachte Beobach-
 
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