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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 17.1906

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Hampe, Theodor: Die angewandte Kunst auf der Bayer. Landesausstellung, Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0245

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INNENDEKORATION

XVII. 3HHRGHI1G, Dcirmffadf 1006. SePTCmBER- HEFT.

Die angewandte Kunst auf der Bayer. Landesausstellung—Nürnberg.

Von Dr. Theodor H a m p e-Nürnberg.

Schon die Bezeichnung »angewandte Kunst«,
die erst die jüngste Vergangenheit für das
Kunstgewerbe oder Kunsthandwerk neu geprägt
hat, läßt die höhere Wertung, deren sich die da-
runter zusammengefaßten Arten künstlerischer Be-
tätigung in unserer Zeit erfreuen, deutlich durch-
fühlen; und welche Bedeutung ihr im heutigen
Kunstleben zukommt, welche dominierende Stellung
das Kunstgewerbe sich errungen hat, das lehrt uns
eine jede größere Ausstellung, welcher Art sie
auch sei.

Durchschreiten wir die gegenwärtige Baye-
rische Jubiläums-Landes-Industrie-, Gewerbe- und
Kunstausstellung in Nürnberg, vielleicht bisher die
umfangreichste und vielseitigste derartige Veran-
staltung auf deutschem Boden, und vergleichen
wir sie mit den Ausstellungen früherer Jahre, so
wird sich uns namentlich bei der Betrachtung von
Architektur und Kunstgewerbe, die heute zum
Kampf gegen Unnatur und Ungeschmack eine Art
Kartell geschlossen zu haben scheinen, wie von
selbst der Gedanke aufdrängen, wie sehr sich doch
das Niveau der künstlerischen Leistungen vornehm-
lich während des letztverflossenen Jahrzehnts ge-

hoben hat und wie viel freier sich die Kunst jetzt
bewegt, als noch vor etwa fünf oder zehn Jahren.

Nicht daß sich schon unsere Kunstübung von
allen Fesseln der Tradition und Konvention los-
gemacht hätte, wir den so oft berufenen »neuen
Stil«, der sich freilich nicht von heute zu morgen
schaffen läßt, sondern aus veränderten Kunst-
anschauungen und Zeitströmungen, insbesondere
aus veränderten Aufgaben, veränderten Bedürf-
nissen langsam erwachsen muß und guter alter Tra-
dition schwerlich ganz wird entraten können, bereits
rein und schlackenlos besäßen. Gerade im Augen-
blick könnte man eher versucht sein, zu sagen:
im Gegenteil. Wie seit den Tagen der ersten und
der zweiten Weltausstellung (1851 in London, 1855
in Paris) zunächst eine äußerlich angenommene,
die Hoch- und Spätrenaissance in ihrem Dekor
plump nachäffende Manier das Kunstgewerbe be-
herrscht hat, wie dann in raschem Wechsel Barock,
Rokoko und Empire in der Herrschaft gefolgt
sind, so, möchte es scheinen, ist heute der Bieder-
meierstil, ursprünglich die Verbürgerlichung des
Empirestils, etwa mit einem Einschlag von dem
graziöseren Louis Seize am Ruder. In der Tat

1906 IX 1
 
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