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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Schmitz, Hermann: Kunst-Salon Keller & Reiner in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0105

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INNENDEKORATION

XIX. SflHRGHIlG, Dcirmttcidf 1908. mäRZ-HCFT,

KUNST-SALON KELLE

KELLER & REINER konnten am i. Oktober
1907 das zehnjährige Bestehen ihres Kunst-
salons feiern. Es sei diese Gelegenheit ergriffen,
einen Rückblick auf die Geschichte ihres Unter-
nehmens zu werfen. Viele ihrer Veranstaltungen
gehören zu den wichtigsten Ereignissen des Ber-
liner Kunstlebens. Wenn man ihre Ausstellungen
seit 1897 im Geiste vorüberziehen läßt, so empfängt
man ein in gewisser Beziehung vollständiges Bild
der Entwicklung der modernen Kunst und Innen-
dekoration während der letzten zehn Jahre.

Die Gründung des Salons fällt in das wichtige
Jahr 1897, das gewissermaßen die Entscheidung
zu Gunsten der neuen kunstgewerblichen Be-
wegung mit der Ausstellung der »Vereinigten
Werkstätten für Kunst und Handwerk« in München
und der »Dresdner Ausstellung« einleitete. In dem
Zeitraum von 1890 bis 1900 hatte der Verfall von
Architektur und Kunstgewerbe, der am Ende der
siebziger Jahre begonnen hatte, seinen tiefsten
Stand erreicht. Der schwülstige Boudoirgeschmack
der Salons entfaltete sich in dieser Zeit zur vollsten
Blüte; es war eine sonderbare Mischung: auf der
einen Seite eine Art Rokoko, das heißt mehr eine

\ & REINER IN BERLIN.

Imitation des spießbürgerlichen Talmi-Rokoko, das
die Periode Louis Philipp in Paris ausgebildet
hatte, auf der anderen Seite die sogenannte deutsche
Renaissance, wie sie durch die Kunstgewerbe-
museen Verbreitung fand, jene altdeutsche Kneipen-
poesie mit dumpfigen Ecken, schweren plastisch
verzierten dunkelgebräunten Möbeln, trübe be-
malten Butzenscheiben. Diese Räume waren mit
orientalischen Stimmungselementen gefüllt: Perser-
teppichen, Vorhängen, Japanvasen und Gummi-
palmen. In Berlin feierte naturgemäß dieser
Protzenstil seine wüstesten Orgien, von hier aus
verbreitete er sich über Norddeutschland.

Wir können es heute nur noch ahnen, wie
sehr damals die ersten Ausstellungen des neuge-
gründeten Kunstsalons in Berlin auf alle diejenigen
gewirkt haben müssen, die eine Befreiung aus diesen
Zuständen ersehnten. Gleich die erste kunstgewerb-
liche Ausstellung 1897 führte an die Quelle der
modernen kunstgewerblichen Bewegung. Sie zeigte
die Erzeugnisse der Guild of Handicrafts von
Glasgow, jener Innung junger Handwerkskünstler,
die sich unter dem bedeutenden Architekten
C. R. Ashbee zusammengetan hatten; Ashbee war aus

1908. ULI.
 
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