Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

DOI Artikel:
Breuer, Robert: Gute Leder-Möbel
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0146

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
128 INNEN-DEKORATION

1

Sessel, ausgeführt von Alfred Bühler,
Ledermöbel-Fabrik—Stuttgart.

dem Rhythmus, der durch die Konstruktion be-
stimmt ist. Sie verlangen nach einer großzügigen,
klar zu übersehenden Gliederung. Jedes unsichere
Tasten würde sofort Fiasko leiden; Formen-
panscherei ist ausgeschlossen. Der Architekt —
das Ledermöbel verlangt wirklich nach einem Archi-
tekten — muß genau wissen, welches Thema er
zu gestalten gedenkt; auf die Hilfe von Zufällig-
keiten kann er nicht rechnen. Auch darauf hin
sehe man sich einmal genau die hier abgebildeten
Arbeiten an; man wird sofort die Bestätigung solcher
zunächst theoretisch dünkenden Sätze finden. Alle
diese Möbel lassen sich mit einem einzigen Blick
umfangen; es gibt da nichts an verborgenen Ge-
heimnissen zu entdecken. Es gibt da keine Form,
deren Funktion nicht sofort verständlich wäre, die
nicht sofort ein Körpergefühl hervorriefe, das uns
die beste Antwort auf ihre Absicht und Her-
kunft gäbe. Unser Körper und dessen Wohl-
sein war eben das eigentliche Thema, das der
Architekt für diese Möbel wählte; eine funda-
mentale Forderung für jedes gesunde Sitzmöbel
überhaupt. Dabei mangelt es keineswegs an
einer wohlgegliederten Formensprache, die diesen

Arbeiten mannigfach individuellen Charakter
aufprägt. Gradl's wuchtige Einfachheit und
puritanische Strenge unterscheidet sich durchaus
von dem weit beweglicheren Temperament und
der zuweilen sich bis zur Grazie verfeinernden
Nervosität Hausteins. Stets aber bleibt bei
aller Verschiedenheit der Stimmung der Typus
des Ledermöbels, den wir oben fanden und ent-
stehen sahen, restlos gewahrt. — Wenn wir
jetzt zurückdenken an das Ledermöbel, wie es
noch vor zehn Jahren harmlos wucherte, so werden
wir nicht umhin können, diese Entwicklung zur
Höhe — ein Stück Kulturarbeit zu nennen. Auch
das moderne Ledermöbel ist ein Beweis dafür, daß
die Zeiten der Nichtsnutzigkeit vorüber. Nicht, daß
sie nun etwa durch eine Hochflut der Kunst ab-
gelöst worden wären; gewiß nicht! Aber eine
gediegene anständige Sachlichkeit wurde Gesetz
und Tat. Die unfruchtbare Liebe zu Kuriositäten
ist abgehalftert; der werktüchtige Fabrikant sieht
seine Ehre und seinen Ruhm darin: den Menschen

Lehnstuhl. Entwurf von Professor Olbrich—Darmstadt. Aus-
geführt von der Ledermöbel-Fabrik Alfred Bühler—Stuttgart.
 
Annotationen