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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Messerer, Ernst: Ein Künstler-Heim in Isartal
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0173

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INNENDEKORATION

XIX. 3HHRGHI1G. üarmltadt 1908. mHI-H€FT.

EIN KÜNSTLER-HEIM IM ISARTAL.

Darf ich den Leser zu einer kleinen Wanderung
einladen? Ins Isartal gehts, dem »prächtigsten
Teppich der Welt«. Hüben und drüben ein unver-
gleichlich schöner Hochwald voll geheimnisvoller Poesie.
Graubärtig stehen die alten Baum-Recken da, mit
Narben übersät, Sieger im Kampfe der Elemente. Ihre
wetterharten Arme ragen schirmend über das aufkeimende
Jungholz. Glitzernd goldig, hellgrün und gelb malt die
Sonne Lichtflecken auf die runzligen Stämme; durch
das Geäst huschen flimmernd und schillernd die Sonnen-
strahlen hin und her, und Goldfäden spinnen sich über
bemooste Reiser. In das Dunkelgrün des Nadelholzes
mischt sich das frische Laub alter Eichen und leitet
über zu dem Saftgrün der zwischengestreuten Wiesen.
Diese Landschaftsbilder begleiten zu beiden Seiten das
Tal und zwischendurch schlängelt sich in ungebundenen
Umrissen das breite Band der smaragdgrünen Isar, der
freien Tochter der Berge. Sie hat sich ein tiefes Bett
in die lachende Landschaft gegraben und mit Schöpfer-
kraft mächtige Hänge herausmodelliert, von wo der
Blick über den grün eingefaßten Flußlauf, über Dörfer,
Burgen und Schlösser hinschweift bis zur majestätischen
Alpenkette, die nicht selten Felsenhänge, Schneefelder,
Lawinenrinnen, Zacken und Grate mit bloßem Auge
unterscheiden läßt.

Mitten in dieser Landschaft liegt das Dorf Pullach
und am Südende des Dorfes, ganz am Hang, das Ziel
unserer Wanderung, das Landhaus einer Münchner Malerin.

In der Hausform ist das Urthema aller Baukunst, der
Würfel abgewandelt. Und dieser Würfel ruht gar wohl
behütet unterm großen, weit ausladenden Dach, Der
andere Baugedanke war das schlanke Oval. Ovalform
hat der rosenbewachsene Treppenvorbau, Ovalform hat
die Rasenfläche des Gartens, Ovalform hat die Höhung
der Fensterläden, und auch die Einbiegung der Fassade
macht die Ovalform in lebendigem Rhythmus mit. Diese
Einbiegung der Wandfläche bedeutet in der Behandlung
der Schauseite eine wertvolle Neuerung; sie verleiht der
sonst toten Mauer ein eigentümliches Leben, das keiner
Steigerung durch Schmuck bedarf. Wozu auch Schmuck?
Wirkt doch die Reihung der runden Balkenköpfe unterm
Dach, die vorgezogene Türkonstruktion, der Beleuch-
tungskörper darüber, die Abwechslung in den Fenster-
formen und die Ausladung der Fenstergitter mehr wie
alles schmückende Beiwerk. Zudem bringt die vor-
gelagerte Steintreppe Abwechslung und Gegensatz in die
Umrisse des Haussockels, und die an die Wandbiegung
angeschmiegten Holzbänke vorm Haus geben dem Ge-
bäude einen gemütlichen Unterton. AU' diese Zweck-
gebilde werden hier von selbst zum Schmuck. Was wäre
ferner ein Landhaus ohne natürliche Zier? Wenn die
Frühlingssonne Busch und Strauch mit Blättern und Blüten
belebt haben wird, werden sich die die Terrasse um-
stellenden Rosenstöcke zu einer Rosenwand verdichten
und den eintretenden Gast oder Fremdling mit einer
Rosenkette umranken und festhalten. Ein lebendiger

iws. v. 1.
 
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