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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Lasser, Moritz Otto von: Das Haupt-Restaurant der Ausstellung München 1908: erbaut von Architekt Professor Emanuel von Seidl
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0324

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306

INNEN-DEKORATION

Professor erwin Brunnen - Figtir vor

kurz — münchen. dem Haufitrestaura.n1:.

Raumabmessungen arbeiten dart, wie sie sonst nur in
der Kirche gebräuchlich sind, hier eben heiliges Recht.
Das ist speziell auf die Höhe des Saales gemünzt . . .
aber wozu Worte? der Künstler hat ja seine Ent-
scheidung schon getroffen . . . Drittens: Mußte denn
solch märchenhafter Luxus an solcher Stelle erstehen?

professor erwin Brunnen - Figur vor

kurz — münchen. dem Haufitrestaurant.

Ist' denn Essen und Trinken so etwas gar Edeles?
Eine andere Auffassung wird vielleicht vornehmlich
unsere Zeit berücksichtigen. Ja, ein anderer Kritiker
kann auf den stark demokratischen Zug unserer Zeit
verweisen. Kann man doch mit Recht behaupten, daß
sich im übertragenen Sinne — Reichtum mehr und
mehr verallgemeinere. . . Und wenn wir schon in der
Eisenbahn, im Auto, in der Trambahn, im Warenhause,
der modernen Gemälde-Ausstellung usw. usw. vor Werten
stünden, die jedermann zugänglich, warum soll die Art
und Weise, wie der Bevorzugtere speist, sich nicht im
heutigen Restaurant wiederspiegeln, warum nicht ge-
wissermaßen Gemeingut werden, wie so vieles andere ?
»Nein, laßt uns nur elegante Restaurants, großzügige
Säle bauen, rahmt uns auch die Stunden, in denen
wir uns selbst oder in denen wir unsere Freunde aus-
wärts zu Gaste laden, gediegen, in Golde ein«.

Ich könnte noch so manches Urteil an den Leser
heranführen. Und ich leugne auch nicht, daß es mir
Freude macht, mit den Kugeln verschiedener Meinungen
zu jonglieren, während ich selbst dastehe — auf mathe-
matisch sicherem Postament. . . Ich schrieb nämlich
von grandiosem Orchester, märchenhaftem Luxus, von
einer Dichtung voll Licht, Seide, Glanz; ich weiß das
ganz gut. Derlei vermag nun leicht zu dem Glauben
zu veranlassen, als habe der Künstler in materieller
Hinsicht vollste Bewegungsfreiheit gehabt. Nach sehr
sorgfältigen Informationen müssen wir dies aber gerade-
zu verneinen; allein dem Geschmack E. v. Seidls ist
es gelungen, mit den vorhandenen Mitteln das Ge-
schilderte zu schaffen . . . mit im Grunde gar nicht
großen Mitteln. Indem ich diese Gebundenheit unter-
streiche, wende ich mich speziell an Architekten —
denn es ist interessant, den Faktoren nachzugehen, die
die eminente Wirkung dieser Räume schufen, schaffen.
Sie heißen, um mich zu wiederholen, viel weniger
teueres Material als künstlerische Disziplin, Farbensinn,
Geschmack, wieder und nochmals Geschmack.

Noch einige kleine Angaben wird man vielleicht
nicht verschmähen.

Der große Mittelsaal ist auch als Konzertsaal ge-
dacht. Damit erscheint seine Höhe schon in eine
andere Beleuchtung gerückt. Im ersten Projekt sollten
übrigens auch die Nebensäle zu dem Konzertsaal, wenn
nötig, in Kontakt treten können; die Sache so durch-
zuführen, unterließ man aber später. Ferner muß er-
wähnt werden, daß das »Hauptrestaurant« bestehen
bleibt. Es war nie für wenige Tage, sondern stets als
eine bleibende Zierde Münchens gedacht.

Endlich, und um möglichst gerecht zu sein, dart
man auch das nicht vergessen: des Künstlers Bemühen
galt einem Ausstellungsbau! Einer Arbeit, weithin
sichtbar. Und da wollte er vielleicht sehr absichtlich
zum international geschulten Weltmanne werden, zeigen,
daß »der deutsche Gedanke« nicht nur in die Tiefe,
nein, auch in die Breite gehen könne . . . Oder er
wollte überhaupt einmal sein ganzes überwältigendes
Können zeigen.

Jedenfalls Ehre ihm und Dank!

Ihm, dem großen deutschen Künstler, der —
um einmal in unserer Sprache zu reden — mit diesem
neuen Werke der deutschen Architektur immerhin die
Prachtmuschel des indischen Ozeans geschenkt hat.

münchen. moriz otto baron von lasser.
 
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