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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Widmer, Karl: Künstlerische Konzentration des Innenraums
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0068

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INNEN-DEKORATION

entwurf: prof. richard kiemekschmii). ausf. Herren-Zimmer in Eiche gebeizt und mattiert.

deutsche werkstätten für handwerkskunst.

Künstlerische Konzentration des Innenraums.

Je höhere Ansprüche wir an den Raum als Kunstwerk
*J stellen, desto wichtiger wird auch das Gesetz der
künstlerischen Konzentration. Wir verlangen sie vom
Bild mehr als von der Illustration, vom Monumental-
raum in demselben Maße, wie hier der künstlerische
Charakter den praktischen überwiegt, mehr als vom
Wohnraum. Das ergibt sich von selbst aus dem Zusammen-
hang zwischen Bestimmung und künstlerischer Gestaltung
des Raums. Der Monumentalraum dient Handlungen,
welche dem in ihm sich abspielenden Leben einen be-
herrschenden Mittelpunkt geben. In der künstlerischen
Betonung dieses Mittelpunkts erhält die Bedeutung des
Raums ihren wichtigsten Ausdruck und der Raum die
natürliche Basis seiner einheitlichen Gestaltung: z. B.
im Altar in der katholischen Kirche. Im Wohnraum
ist dagegen die Einheitlichkeit der Ausgestaltung um
so schwerer durchzuführen, je mehr verschiedenen und
gleichwichtigen Handlungen des alltäglichen Lebens er
dient: z. B. als Wohn- und Eßzimmer. Hier lockert
sich naturgemäß die Forderung der Einheitlichkeit in
dem Maße, in dem die praktischen Bedürfnisse freieren
Spielraum zur ungehinderten Betätigung verlangen. Doch
dürfen dabei die Grenzen nicht überschritten werden,
welche die Ruhe als wesentliches Gesetz der Wohnlichkeit
vorschreibt. Also auch der Wohnraum verlangt zwar
keine absolute, aber doch eine relative Konzentration.

Da hier die Einheit der architektonischen Gestal-
tung in der normalen kubischen Form des Zimmers
gegeben ist, so bleiben als entscheidende Faktoren, von
denen die Konzentration des Raums abhängig ist,
noch drei: die Farbe, das Lieht und die Möblierung.

Die Farbe des Innenraums wird vor allem durch die
Wand bestimmt; das heißt bei der überwiegenden Mehr-
heit aller Zimmer: durch die Tapete. Bei aller sonstigen
Minderwertigkeit hat die Fapiertapete jedenfalls den einen
Vorteil, daß sie leicht gewechselt werden kann, also
von dem jeweiligen Bewohner mit seinem Mobiliar,
seinen Bildern usw. leicht und ohne allzu große Kosten
zu einem einheitlichen Ensemble zusammengestimmt
werden kann: ein Vorteil, der in unserm Zeitalter der
Mietswohnung nun einmal in den meisten Fällen den
Ausschlag gibt. Denn wenn die Holzvertäfelung für die
einheitliche Behandlung von Wand und Mobiliar auch
weitaus die günstigste Voraussetzung ist, so kommt dieser
Fall doch nur für das Eigenhaus einstlich in Betracht.
Beim tapezierten Zimmer soll man jedenfalls darauf
sehen, daß wenigstens der Anstrich der Türen usw. mit
der Tapete farbig harmonisch zusammengeht.

Abhängiger als bei der Wandverkleidung sind wir
bei der Behandlung der Lichtquellen. Wenn hier
einmal der Architekt den Fehler gemacht hat, läßt sich
nicht mehr sehr viel ändern. Glücklicherweise sind
wir wieder bei einem vernünftigen Prinzip angelangt.
Die Zeiten, wo man der symmetrischen Fassade zu liebe
durch unsinnig hohe und regelmäßig eingeteilte Fenster
die Wände zerstückelte und das Licht zerstreute, scheinen
nun endgiltig vorüber zu sein. Die Konzentration des
Lichts durch geeignetes Zusammenlegen der Lichtquellen
zu breiten Fenstern oder geschlossenen Fenstergruppen
ist eine der wichtigsten Vorschriften moderner Haus-
baukunst. Des weitern verlangt die Konzentration der
Raumstimmung im Grundsatz, daß der Blick nicht nur
 
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