Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

DOI Artikel:
Utitz, Emil: Material, Form, Farbe in der Wohnungskunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0072

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
56

Material, Form, Farbe in der Wohnungskunst.

Jüngst hatte ich Gelegenheit in einer größeren Stadt
Österreichs Zeuge zu sein der Verhandlangen eines
Möbelfabrikanten mit einer Kundschaft, die sich »ein-
richten« wollte. Der Händler zeigte Vorlagen. Doch
keines der Muster für ein Speisezimmer gefiel dem
Käufer, der etwas »Vornehmes« wollte und nicht Tages-
ware. Der Geschäftsmann war um Rat nicht verlegen:
er werde eines der Muster in ganz (einem, seltenem
Holz ausführen und möglichst viel Silberbeschläge an-
bringen. Der Käufer billigte diesen Plan, und das
Geschäft kam ohne weitere Schwierigkeit zustande.

Diese kleine Geschichte ist recht lehrreich, und
zwar lehrreich in mancherlei Hinsicht. Vorerst sei
natürlich ohne weiteres zugestanden, daß das Material
ästhetisch von hoher Bedeutung ist, Materialverschieden-
heiten für den Eindruck oft von bestimmendem Ein-
flüsse sind usw. Doch bedarf ja dies in einer modernen

Kunstzeitschrift kaum der Erwähnung. Aber ebenso
sicher, als dem Materialcharakter ästhetische Qualitäten
eignen, ebenso sicher spielt auch die Welt der Formen
eine entscheidende Rolle, die vielleicht geradezu als
Hauptrolle bezeichnet werden kann. Nun aber läßt
sich natürlich nicht jede Form jedem Material auf-
pressen, und jedes Material fügt sich nicht in jede
Form; sondern umgekehrt: bestimmte Formen erzwingen
sich ganz bestimmte Ausdrucksmittel; von Willkür kann
da also keine Rede sein. Und ebenso erheischt be-
stimmtes Material bestimmte Formbehandlung. All dies
ward ja schon oft gesagt und nicht nur in den Tagen
der neuen Bewegung. Sehen wir doch im genialen
Semper einen begeisterten Verfechter dieser Gedanken,
deren Richtigkeit uns immer mehr bewußt wird. Und
deshalb ist es geradezu eine Barbarei, nach typischen
Vorlagen einzurichten, die in bezug auf Material und
 
Annotationen