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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Bachmann, Paul: Die Mietwohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0078

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DIE MIETWOHNUNG.

Daß es das Idealste ist, ein eigenes Haus zu haben,
eine Umgebung, die in Größe und Art zu den
Lebensbedingungen und -Verhältnissen ihres Besitzers
paßt, die sein ihm eigenstes Wesen widerspiegelt, ist
unverkennbar. Freilich, vielen ein frommer Wunsch,
der wenig Sterblichen in Erfüllung geht. So sind die
meisten Menschen durch Beruf, durch Mittellosigkeit
oder sonstige Gründe dauernd an die Mietwohnung
gebunden. Wir sollten daher mit allem Eifer daran
arbeiten, einen Ort, an dem wir einen Teil unseres
Erdendaseins zubringen, so auszugestalten, daß er uns
Wohlbehagen und Lebensfreudigkeit bietet, eine Um-
gebung daraus zu formen, die zu uns paßt oder um-
gekehrt : in die wir hineingehören.

Die Mietwohnung trägt, wie wir sie von unseren
Vorgängern übernehmen, wohl immer den Stempel so
von »allerwelts Freund«, d. h. sie wird ein Äußeres
haben, das dem allgemeinsten Durchschnittsgeschmack
Rechnung trägt. Künstlerische Hände waren ja bei
ihrer Ausgestaltung nicht tätig, und wenn sie nur einen
anständigen, sauberen Eindruck macht, so hat der
Hausbesitzer seine Pflicht erfüllt. Was wollte er auch
anderes tun — ist er doch immer völlig im Unge-
wissen darüber, welcher Art Möbel und Menschen
sind, die die Räume beleben werden. Hier müssen
also andere Wege zur Verbesserung gesucht werden.

Liese Durchschnitts-Physiognomie der Mietwohnung muß
naturgemäß einem Menschen mit ausgeprägtem Kunst-
geschmack verabscheuungswürdig sein, und trägt dazu
bei, ihm sein Ideal um so begehrenswerter erscheinen
zu lassen. Für einen Künstler bedeutet es ja eine Qual,
sich in geschmacklos, unkünstlerisch ausgestatteten
Räumen dauernd aufzuhalten, und es wird ihm nicht
schwer fallen, einer jeden Wohnung individuelles Ge-
präge zu verleihen, ihr eine intime, und ausgesprochen
persönliche Note aufzudrücken.

Wir reden so viel davon, daß ein Haus seiner
Umgebung angepaßt sein muß, sollten wir dasselbe
nicht auch auf unsere Möbel beziehen können ? Finige
Beispiele aus der Praxis mögen dies begründen. Ich
sah mein Büffet, als es der Schreiner fertig hatte, zum
ersten male auf einem schmalen, schmutzigen Flur, —
Enttäuschung war die Folge. Ich stellte dieses Möbel
in ein Zimmer mit heller buntgeblümter und mit Rokoko-
schnörkeln besäten Tapete — schrecklich! Unterdes
war das Zimmer, wohin es zu stehen kam, fertig
geworden: uni kräftig blau getönt, mit heller Decke
und etwas Flächenmalerei an den Wänden, die Möbel
wurden an ihren Platz gestellt, und überraschend!
jetzt wirkten Raum und Möbel zusammen wie ein
schöner Akkord, wie ein Lied, in dem keine Dissonanz
das Ohr des Künstlers beleidigt. Umgekehrt machte
 
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