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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Bachmann, Paul: Künstler und künstlerische Arbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0170

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INNEN-DEKORATION

Architektin e. winkelmann—berlin. Eigenhans Dr. Kud. Prester. Gartenseite.

KÜNSTLER UND KÜNSTLERISCHE ARBEIT.

Wir sind heute entsetzlich viel mit Künstlern ge-
segnet. Fast jeder Maler, der Schriftsetzer, der
Photograph dünkt sich ein Künstler; ich kenne einen
Tischler, der schlechte Intarsien schneidet, er wollte das
■»Künstler-Einjährige« machen, und, wäre er in den Ele-
mentarlächern nicht ganz miserabel gewesen, er wäre
wirklich durchgekommen; ich habe schon gehört, daß
Schuster und Schneider von ihren Stiefeln und Röcken
als von »kunstvoller Arbeit« sprechen, »Kochkunst-
vereine« existieren heute in allen großen Städten, und
seit kurzem sind wir ja auch glückliche Besitzer eines
»KochkunsU-Museums. Wahrlich ein Heer von Künst-
lern. Man wird schließlich selbst irre, was denn eigent-
lich Kunst ist, und der Laie wird vollends verwirrt.
Welch ein Mißbrauch des vielbedeutsamen Wortes »Kunst«.
Das ist eine absichtliche Verkennung bestehender Tat-
sachen, die sich als Selbstüberhebung äußert. Es hat ja
im Grunde genommen nichts zu sagen, ob sich einer,
der nicht Künstler ist, zu den Künstlern rechnet —
seine Arbeiten sind ja entscheidend dafür —, aber es
schädigt das Ansehen der Künstlerschaft in Laienkreisen,
wenn man sich daran gewöhnen lernte, jeden Schuster
als Künstler zu betrachten. Eine strengere Scheidung
ist hier nötig und es empfiehlt sich, in aller Kürze einmal
auf diese Frage einzugehen, um hier Klarheit zu schaffen.
Wir wissen, was Kunst ist, wissen auch, wie weit der

Begriff Kunst zu fassen ist. Kunst und Kunsthandwerk
greifen oft ineinander. Es kann sich auch gar nicht da-
rum handeln, der Grenze zwischen Beiden nachzuspüren.
Der Fehler liegt offenbar darin, daß viele Handwerker
sich zu Kunsthandwerkern rechnen, und für diese ist es
oft bis zum Künstler nur ein Schritt, der leichten Herzens
getan wird. Umgekehrt wohl gibt es Künstler, die zu-
gleich Kunsthandwerker sind — das schmälert ihren
Ruhm mit nichten —, aber ein Handwerker, der eine
saubere, vorzügliche Arbeit liefert, ist doch nicht etwa
ein Künstler, und es scheint mir eine Irrung, von seinen
Erzeugnissen als von einer »kunstvollen Arbeit« zu reden.
Man macht Tiepolo in seiner Biographie (wenn ich mich
recht erinnere) den Vorwurf, daß er ein effektvoller
Dekorationsmaler gewesen sei; schmälert das etwa sein
Ansehen als Künstler, bleibt er für uns, die wir seine
unzähligen Werke staunend bewundern, nicht der gewal-
tige, große Tiepolo? Ein Mann, der in seinen Arbeiten
so viel Geist und Erfindungsgabe verrät und über eine
so vollendete Technik verfügte, steht doch unter den
Barockkünstlern an erster Stelle. Greifen wir weiter
zurück: die tüchtigen deutschen Meister der Renaissance,
Peter Vischer, die Goldschmiede Jamnitzer, der Häfner
Altener u. a. m., die uns so Herrliches hinterlassen, wird
jeder als Künstler würdigen. Sie erfanden ihre für uns
klassischen Bildungen selbst, die aus ihrem Geiste herauf-
 
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