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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Widmer, Karl: Bürgerliche Wohnungs-Ausstellung in Elberfeld
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0180
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158

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT ALFRED ALTHERR-ELBERFELD.

Speise- und Wohnzimmer in Eichenholz gebeizt.
Ausführung: Heinrich Kann in Elberfeld.

heit mit möglichst geringen Kosten zu erreichen,
so ist doch auch hier überall durch handwerklich
ausgeführte Detailarbeit der Eindruck fabrikmäßiger
Massenproduktion vermieden worden. Bei den
reicheren Möbeln steigert sich mit der Kostbarkeit
des Materials auch der Aufwand an künstlerischer
Ornamentik, wobei von dekorativen Techniken
hauptsächlich Einlegearbeit, Schnitzerei und
Schmiede- und Treibarbeit in Betracht kommen.
Überhaupt ist trotz der strengen Betonung der
Konstruktivform das ganz ornamentlose Möbel
nicht eigentlich charakteristisch für den Formen-
geist dieser Arbeiten Alfred Altherrs.

Es ist keine Ausstellung, die es im wesentlichen
auf eine künstlerische Hebung des Maschinenmöbels
abgesehen hat, sondern vielmehr — so weit das
unter heutigen Produktionsverhältnissen durchführ-
bar ist — auch im Bürgerhaus dem Handwerk
wieder ein Stück Boden erobern will. Und mit Recht
wird betont, daß gerade das Ornament die Hand-
arbeit notwendigerweise künstlerisch voraussetzt.

Von Einzelarbeiten des Kunsthandwerks sind
uns schöne Leuchter und Bucheinbände aufgefallen.
In einzelnen Zimmern ist auch die Aufgabe des
Kunstwerks im Raum an ausgesuchten Bei-
spielen — Landschaften von L. Dill und R. Hell-

wag, Porträts von H. Altherr u. a., Plastiken von
Hoetger — in mustergiltiger Weise gelöst worden.

Alles in allem ist die lediglich mit der materiellen
Unterstützung privater Kunstförderer geschaffene
Elberfelder Ausstellung eine Tat, deren Verdienst
mit der künstlerischen Leistung allein keineswegs
erschöpft ist. In Elberfeld ist die Pflege gediegener
Kunstinteressen von je gute Tradition gewesen.
Die Gründung eines städtischen Museums hat neuer-
dings bewiesen, wie lebendig hier die Fühlung
mit der Entwicklung der modernen Kunst ge-
worden ist. Nun hat die Ausstellung auch auf
dem Gebiet der Wohnungskunst für moderne An-
schauungen Bahn gebrochen. Es bedurfte eines
solchen Anstoßes, um den schlummernden Sinn
dafür zu wecken. Das Interesse, auf das der rege
Besuch schließen läßt, scheint für den Erfolg zu
bürgen. Dann wäre für die Ausbreitung künst-
lerischer Kultur wieder ein Gebiet gewonnen, das um
so wertvoller ist, weil es, was diese Seite der Kunst-
entwicklung betrifft, bis jetzt noch Neuland ist.

Damit erfüllt die Ausstellung jene Aufgabe,
die für die Entwicklung der modernen Kunst im
gegenwärtigen Stadium vor allem wichtig geworden
ist: die Befruchtung neuen Bodens.

KARLSRUHE-BADEN.

PROFESSOR KARL W1DMEK.
 
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