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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Utitz, Emil: Die Königin Mode
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0294

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INN EN-DEKORATION

ARCH. P. WÜRZLER-KLOPSCH. VITRINE IM DAMENZIMMER FRAU V. ZITRONENHOLZ MIT FEUERVERGOLDETEN BESCHLÄGEN.

DIE KÖNIGIN MODE.

Die Industrie und die Geschäfte müssen für Moden
sorgen; indem sie durch ihr ständiges Hasten
nach Anderem auch Anderes bringen, erneuern sie
ihre Absatzgebiete, da nie die Zahl derer ausstirbt,
die hinter keiner Laune der Zeit zurückbleiben wollen
und all ihren Besonderheiten treue Gefolgschaft leisten
weniger aus innerem Bedürfnisse, als dem Ehrgeize
gehorchend, »auf der Höhe des Tages zu stehen«.
Daß diese krampfhafte Neuerungssucht die ruhigen
Bahnen folgerichtiger EntwickeluDg empfindlich stören,
ja sogar verwirren kann, bedarf kaum der Erwähnung;
denn dabei entscheidet nicht die Leistung, sondern
die Sensation. Daß bei dieser Hetzjagd nach Neuem
auch hin und wieder etwas wirklich Gutes gefunden
wird, steht außer Zweifel; aber die Hastenden eilen
daran vorbei, immer weiter und weiter. Und diejenigen
müssen es finden und ausgestalten, die abseits stehen
und das wilde Rennen nicht mitmachen. Die Mode
gleicht dem Blakat; auf ihrer beider Stirn steht ein
ganz kurzes Leben verzeichnet. Und darum ist es

gefährlich, dort der »Königin Mode« sich anzuschließen,
wo die Bedingungen eine längere Lebenszeit fordern,
und die Gefahr des schnellen Alterns, des raschen
Yerblühens, recht groß ist.

Und dieser Fall liegt bei der Wohnungseinrichtung
vor. Der Bürger, der ein Heim sich errichtet, tut
dies im großen und ganzen für Jahrzehnte hinaus;
er kann nichts brauchen, was im nächsten Frühjahr
schon als abgetan in die Rumpelkammer gehört.
Darum scheut er »Moden«; und diese Angst führt ihn
bisweilen so weit, daß sie ihn gegen alles Neue
mißtrauisch macht. Ein Mensch mit sicherem Geschmack
und geläuterter Kultur entgeht diesen Sorgen; er
nimmt einfach, was ihn befriedigt und was ihm gefällt,
unabhängig von der gerade gangbaren Ware. Er
unterwirft sich die Dinge, er erliegt ihnen nicht. Denn
das Heim drückt ja sein Wesen aus und muß gerecht
werden all seinen Bedürfnissen nach Behaglichkeit,
Sachlichkeit, Kultur und Schönheit. Sein Heim bildet
gleichsam einen Teil seiner Persönlichkeit; und ist
 
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