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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Jaumann, Anton: Eine Berliner Wohnungs-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0317

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XX. JAHRGANG.

DARMSTADT.

SEPTEMBER 1909.

EINE BERLINER WOHNUNGS-AUSSTELLUNG.

VON ANTON JAUMANN—BERLIN-FRIEDENAU.

In den romanischen Eisenhallen am zoologischen
Garten hat sich eine große Möbelschau aufgetan.
Gegen zweihundert fertig möblierte Räume werden
da gezeigt. Es ist keine Ausstellung zu Vergnügen
und Zerstreuung, wenn auch die meisten Besucher
gedankenlos durch die Wohn- und Schlafzimmer,
—Wohn- und Schlafzimmer in unendlicher Wieder-
holung bummeln. Den Berliner Tischlern und Holz-
industriellen war es bitterer Ernst bei der Sache;
sie wehren sich ihrer Haut! Ihre Position ist er-
schüttert. Man hat mit wachsenden Widrigkeiten
Und Schwierigkeiten zu kämpfen, draußen auf dem
Markt und im eignen Haus. Die Arbeiter hatten
die früheren Zeiten besserer Beschäftigung zu mehr-
maligen hartnäckigen Streiks benutzt. Die Leistungs-
kraft und der Ruf der Zuverlässigkeit, Grundpfeiler
jedes Feingewerbes, hatten empfindlich darunter ge-
litten. Nicht bloß verlor man in diesen Zeiten manchen
günstigen Absatz im Ausland wie im Reich, die Pro-
vinz drang überdies mit Nachdruck auf den lockenden
Riesenkonsum der Hauptstadt ein. Die gewöhnliche
Speicherware wird schon zum großen Teil in der
billigen Provinz gezimmert. Doch auch große Auf-
träge gingen mehr und mehr nach außen, und ange-
sehene Firmen wie Pössenbacher, Ballin und die

»Vereinigten Werkstätten« aus München, die
»Deutschen Werkstätten«, Dresden, Schultze-
Naumburgs »SaaleckerWerkstätten«, Schneider
& Hanau aus Frankfurt, Harrod Stores (letztere
sogar vom Kaiser geladen) errichteten am Ort werben-
de Filialen. Die Provinz war überhaupt rühriger
als die Hauptstadt. Die imponierenden Ausstel-
lungen in Dresden, München, Darmstadt und
an kleineren Orten haben immer, ob sie nun in allen
Teilen geglückt waren oder nicht, gewaltiges Auf-
sehen gemacht, sie waren eine treffliche Reklame
für die Städte und ihr Kunstgewerbe. Spät haben
die Berliner die Schwächen ihrer Lage erkannt,
und auch der späte Gegenstoß ist, scheint mir, zu
schwach, zu matt ausgefallen. Eine schwächliche
Demonstration bewirkt oft das Gegenteil von dem,
was angestrebt wird. Die ganze Sorge hätte da-
rauf gerichtet sein müssen, möglichst geschlossen,
einig und machtvoll aufzumarschieren, statt dessen
beging man die bedenkliche Kurzsichtigkeit, gleich
auch gegen vermeintliche Widersacher in den eignen
Reihen ankämpfen zu wollen. Diese angeblichen
Widersacher sind die »Künstler«, gegen die in
gewissen Kreisen des Wohnungsgewerbes ein ebenso
verbissener als für außenstehende unverständlicher

1909. IX. 1.
 
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