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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Breuer, Robert: Der "George Washington"
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0357

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XX. JAHRGANG.

DARMSTADT.

OKTOBER 1909.

DER „GEORGE WASHINGTON".

VON ROBERT BREUER —BERLIN.

Vor einigen Jahren bedurfte es noch der Recht-
fertigung und Begründung, wenn ein großer,
moderner Ozeandampfer seine barocken und renais-
sancelichen Salons gegen nüchterne Produkte der
reformierten Raumgestaltung austauschte. Die
innere Notwendigkeit einer Verbindung der un-
erhörtesten Dokumentation der Technik mit den
logischen Resultaten einer in der Vernünftigkeit
der Gegenwart begründeten, und von deren
lemperament beherrschten Architektur war erst
den wenigsten Zeitgenossen aufgegangen. Noch
fürchteten manche, daß die so sehr geschätzte
Eleganz, der fürnehme Pomp, der dem Bürgergemüt
zu Wasser und zu Lande schmeichelte, verloren
gehen könnte. Als dann aber die historischen
Masken und die hohlen Denkmale längst gestorbener
Tage immer konsequenter und pietätloser aus den
Wohnungen der Einsichtigen und Empfindsamen
geräumt wurden; als die Siege eines neuen Wollens
der Städte-, Häuser- und Möbelbauer sich mehrten,
und den jungdeutschen Ruhm in alle Lande trugen;
äls nun wirklich das Zeitalter der Maschine sich
"nmer deutlicher von allen vorhergegangenen
Epochen absonderte und seine eigne Gesinnung
und eigne Weltanschauung festzulegen begann —

da mußten auch die Giganten der Meere das
klassische und gut geräucherte Kostüm aus Rom
und Nürnberg abstreifen. Im Zeichen des Torpedos,
des Fernspruchs und des Lenkballons mußte schließ-
lich die michelangeleske Säulenparade, das Konzil
der Karyathiden, die Orgie aus Makart, Tapezier
und Butzenscheiben ein Ende finden. Einst hatten
die Dampfer auch nach außen hin der venetianischen
Staatsgaleere nachzueifern gesucht (auf dem Starn-
berger See schwimmt noch solch ein Kasten);
nachdem die Häutung zum modernen Seeschiff
längst geschehen, mußte nun endlich einmal auch
in den Innenräumen, die Vernunft und der im
hellen Tag wurzelnde Geschmack zum gebührenden
Recht gelangen. War also auch der Einzug der
modernen Innenarchitektur in die transatlantischen
Dampfer durch die Entwicklung bedingt, so bedeutet
es doch ein großes Verdienst des Lloyd, daß er
als Erster die Meister des siegenden Stiles der
Sachlichkeit, der Hygiene und eines kultivierten
Komforts zur Ausstattung seiner neuen Schiffe
berief. Und auch das verdient Anerkennung, daß
der damalige Direktor Wiegand es nicht erst mit
schwächlichen Kompromißlern versuchte, daß er
vielmehr gleich und furchtlos die noch vielfach als

1909. X. ].
 
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