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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Schneider, Christian: Mietwohnung und Eigenhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0397

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INNEN-DEKORATION

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ARCHITEKT OSKAR KUNHENN—ESSEN.

LANDHAUS KRAWEHL. TERRASSE MIT AUSBLICK INS RUHRTAL

MIETWOHNUNG UND EIGENHAUS.

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung im letzten
Drittel des 19. Jahrhunderts hat die Bevölkerungs-
zunahme in allen unseren Industrie- und Großstädten
einen geradezu rapiden Fortschritt erfahren.

Gleichzeitig machte sich aber ein der Kunst
fernstehendes Bauunternehmer- und Spekulantentum breit
und bald fing jeder, auch der technisch Ungebildete,
zu bauen an, um sein Kapital im Häuserbauen zur
größtmöglichsten Rente zu steigern. Die Folge war
größter Tiefstand unserer Wohnhaus- und Wohnungs-
kunst, von deren einstigen Blüte uns aus dem Ende
des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts noch manches
herrliche Vorbild erhalten geblieben ist. In der Aus-
bildung der Fassaden griff man auf Renaissancepaläste
und Barockschlösser zurück, hinter welcher dem bürger-
lichen Empfinden und heimischen Leben fremden
Architektur sich langweilige Zimmer aneinanderreihten.
An irgend einer Stelle wurde möglichst sinnlos und
unorganisch zur gesamten Wohnungsdisposition ein
Erker angeordnet, weniger um dem Zimmer einen
molligen Winkel zu geben, als nach außen hin eine
protzenhafte Erscheinung bieten zu können. Die Menschen
wurden in möglichst viel Etagen zusammengedrängt,
welch letztere man über eine verstuckolierte und
marmorierte, die Straße verlängernde Treppenanlage
erreichte. Im Vestibül und Treppenhaus täuschender
Luxus und im Kern des Hauses, in der Wohnung,

Langweile und talmihafte Dekorationen, nirgends An-
passung an die Lebensgewohnheiten und an die In-
dividualität des Bewohners. Nicht wurden die Räume
für den Mieter als Heim ausgebildet, wo ihn behag-
liche Gemütlichkeit an Häuslichkeit gewöhnt und fesselt,
sondern der Mieter war mit oder ohne Willen ge-
zwungen, in eine von seinem Wesen und von seiner
Einrichtung divergierende Wohnung gebannt zu sein.

Daß derartige Wohnverhältnisse auf die Dauer
unerträglich wurden und eine Reorganisation erfahren
mußten, war vorauszusehen, ja nur eine Frage der Zeit.
Aber nur ganz allmählich und mit gewissen Übergangs-
stadien konnten wir uns der Verwirklichung des Eigen-
hauses und seiner liebevollen inneren Ausstattung nähern.
Wir fingen damit an, die Mietskaserne zur feudalen
Villa, oder zum gediegenen Landhaus umzugestalten,
gleichviel, ob die Gebäudetypen jeweils verschiedenen
Gebrauchszwecken dienen. Dadurch entstand allerdings
ein Zwitterlyp von Mietskaserne und Landhaus und
mit ihm ein klägliches Resultat äußerer und innerer Ge-
staltung, doch immerhin waren wir einen Schritt voran.

Einen gewaltigen Sprung vorwärts bedeutete die erste
Darmstädter Ausstellung. Der Grundstein zur Weiterent-
wicklung, dem allerdings die Meister der alten Schule, die
Konservativen skeptisch gegenüberstanden, war gelegt
und damit schon viel gewonnen. Zum erstenmal fand
man da Wohnräume den Lebensgewohnheiten und der
 
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