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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

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Breuer, Robert: Ein Paradies alter Leute: Hospital in Buch ; erbaut von Geh. Baurat Ludw. Hoffmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0088

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XXI. JAHRGANG.

DARMSTADT.

FEBRUAR 1910.

EIN PARADIES ALTER LEUTE.

HOSPITAL IN BUCH. ERBAUT VON GEH. BAURAT LUDW. HOFFMANN.

Im Herbst bin ich draußen gewesen. Man fährt
vom Stettiner Bahnhof, diesem überlasteten
Ventil des Berliner Nordens, kaum mehr als eine
Viertelstunde und kommt nach Buch. Einst war
hier das Rittergut der Vossens, ein stilles, mär-
kisches Dorf mit langen schattigen Straßen. Jetzt
ist daraus ein Vorwerk der unersättlichen Riesen-
stadt geworden. Sie schickt hierher all die Müden
und Elenden, die zwischen den Rädern der ge-
fühllosen Maschine zerrieben wurden; sie sendet
hierher ihre Irren, ihre Tuberkulosen, ihre Greisen.

Und doch möchte man glauben, daß Buch
noch immer das alte, stille, verträumte Idyll
sei von einst und damals, als Juliane im weiten
Parke spazierte, der Kühle des dichten Blätter-
domes genießend.......

Noch steht der große Garten beschützt und
gepflegt; noch schlagen die alten Buchen ihre
Aste zu spitzen Bogen; noch rieselt eine silbrig
vertäuende Feuchtigkeit längs der mit gilben Blät-
tern überschütteten Wege. Noch steht das Schloß
straff und gedrungen, mit dem behäbigen Dach
und der knarrenden Wetterfahne, darauf ein Fuchs,
ein Vosse. Noch wacht daneben die Kirche, frideri-
zianisch, mit Holz ein stattliches Gemäuer vor-

täuschend, rosa, in der Atmosphäre des Neuen Palais.
Und Juliane ruht mitten im Park unter einem
kantigen Stein und träumt von ihrer unglücklichen

Diebe zu einem Preußenkönig.......

Man weiß zur Genüge, welch große Wandlung
der Krankenhausbau durch die Anwendung des
Pavillonsystems erfahren hat. Mit einem Mal waren
all die schlimmen Unzulänglichkeiten des Etagen-
baus verschwunden: die Unbequemlichkeit des
Emporsteigens, das enge Nebeneinander, die stän-
dige Zirkulation, die unvermeidliche Unruhe. Der
Verkehr konnte sich jetzt viel leichter und un-
genierter abwickeln; die Gruppen der einzelnen
Kranken blieben streng getrennt; der schlimme,
die Genesung oft gefährdende, Eindruck der Kaserne
war einem behaglicheren, freundlicheren gewichen.
Man weiß zur Genüge, welch unbestrittenen Erfog
der Berliner Stadtbaumeister Ludwig Hoffmann
mit dem Rudolf Virchow-Krankenhaus errang. Er
hatte dabei zum ersten Mal das Pavillonsystem zu
einer künstlerischen Form entwickelt. Das Alte-
Leuteheim zu Buch ist eine Konsequenz und eine
Fortentwicklung des damals sieghaften Prinzipes.
Es blieb auch nicht eine Spur der üblen, die
Menschen zu Ziffern degradierenden Schablone.

1910. II. 1.
 
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