Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

DOI Artikel:
Breuer, Robert: Die sachliche Basis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0228

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
210

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT PETER DANZER—MÜNCHEN.

DAMEN-ZIMMER. PALISANDER, EBENHOLZ, SILBER. AUSF.: M. BALLIN.

DIE SACHLICHE BASIS.

Die kunstgewerbliche Bewegung in ihrer Heftigkeit
und ihrer Prinzipien-Energie hat naturgemäß die
verschiedenen Interessentengruppen gegeneinander in
Aufstand gebracht. Die Alten sahen sich von den
Jungen bedroht; die Pioniere der neuen Stile wollten
den historischen das Licht ausblasen. Der Ruf nach
Qualität reizte die bisherigen Produzenten, die sich be-
schimpft und bedroht sahen. Zu schweigen von denen,
die wirklich Ursache hatten, die Propaganda einer wür-
digen und schönen Ware zu fürchten. Die Künstler
wetterten gegen die Fabrikanten; die Fabrikanten
schlugen auf die Bilanz und seufzten ob der Summen,
die ihnen durch Experimente verloren gegangen. Eine
besonders heftige Fehde entbrannte zwischen denen,
die der modernen Bewegung Aufklärungsdienste leisteten;
die Schriftsteller und Redner, die verdammten Theo-
retiker, wurden von den Hartköpfen der alten Tradition
schwer gehaßt. Und wiederum die Künstler, die eben
erst in das praktische Gewerbe hineingetreten waren,
verachteten die alteingesessenen Fach- und Spezial-
zeichner; Musterzeichner wurde zum ärgsten Schimpf-
wort. Und als man dann anfing, für den Nachwuchs
eine bessere Schulung zu verlangen, als die Kunst-
gewerbeschulen ausgebaut und eben mit jenen neu ein-

dringenden Künstlern besetzt wurden, da wehrten sich
die Alten mit verdoppelter Heftigkeit; sie sahen, daß
das Neue nicht nur von einigen schrullenhaften Quer-
köpfen vertreten wurde, daß vielmehr alle Jugend sich
unter der neuen Standarte organisierte. Dazu kam die
unvermeidliche Konkurrenz zwischen Handwerk und
Industrie, zwischen dem Meister und dem Fabrikanten;
es schien so, als gravitierte das moderne Wollen zur
Kraftfülle der Maschine und des Großbetriebes. Die
Eisenkonstruktion, mit ihrer kalten Sachlichkeit, ihrer
logischen Schärfe und ihrer unerbittlichen Vernichtung
aller großväterlichen Sentimentalität, der Rhythmus der
Eisenkonstruktion, der dem Architekten als gleich-
wertigen Faktor den Ingenieur gesellte, schien aller
Entwicklung ein Symbol geworden zu sein. Es kam zu
verzweifelten Ausbrüchen derer, die aus Überzeugung
oder aus Mangel an Elastizität, die gewaltige Schwenk-
ung nicht mitmachen konnten. Wir erinnern uns noch
gar gut jener üblen Jahre des Kampfes; wir erinnern
uns mit besonderer Klage des Guerillakrieges, der auf
Kongressen und in Audienzen, der mit Wort und Schrift
geführt wurde. Alte Vereinsgemeinschaften zersprangen;
neue Aktionskörper bildeten sich. Es waren schlimme
Zeiten. Und dennoch, sie halfen dazu, daß die ein-
 
Annotationen