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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Jaumann, Anton: Pössenbacher Werkstätten und ihr Kreis
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0081

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HüUahrgang

darmstadt.

februar 1912.

pössenbacher werkstätten und ihr kreis.

VON ANTON JAUMANN IN BERLIN.

Wo steht das Ziel, auf das wir hinstreben?
Um was mühen wir uns mit saurem Fleiß,
mit lautem Eifern, mit Wünschen und Hoffen, mit
Streiten und Rechten? Doch immer wieder ist
es das schöne Werk, die gute kunsthandwerk-
Uche Arbeit. Es konnte eine Zeitlang scheinen,
als ob der Kampf zwischen Personen und um
Personen ginge, um den Gegensatz zwischen Alt
und Jung, zwischen Künstler und Fabrikant,
Künstler und Geschäftsmann, Künstler und Publi-
kum. Neue Männer suchten ihren Platz an der
Sonne zu erobern, und es war manchmal, als ob
sie das Neue nur deshalb auf die Fahne ge-
schrieben hätten, um die Alten, die Besitzenden
damit bekriegen und sich an ihre Stelle setzen zu
können. Mag sein, daß es diesem oder jenem
mehr um die Person als um die Sache zu tun war,
mag auch sein, daß der Kampf im Kunstgewerbe
noch'außerdem verwirrt wurde durch jene »Theo-
retiker«, die weder für die Sache, noch für die
Persönlichkeiten ihre Werbetrommel ertönen
ließen, sondern für ihre Theorien, ihre Systeme,
ihre Prinzipien, jeder hatte ja seine eigenen. So
haben wir die Nationalen erlebt, die Echtdeutschen,
die Volkskünstler, die Symbolisten, die Puritaner,

1»12. 11. L

die Kubisten, die Konstrukteure, die Ausdrucks-
fanatiker, die Linienschwärmer, die Flächigen, die
Farbigen, die Ornamentlosen und die Dekorativen,
die Materialisten, die Preziösen, die Kulturmacher,
die nichts als Modernen und noch viele mehr:
Ein wahrer Hexensabbath von Stimmen und Mei-
nungen. — Endlich, endlich beginnt es nun zu
dämmern. Der Streit der Persönlichkeiten und
der Meinungen klärt sich etwas und nichts wäre
erfreulicher, als wenn das, worauf es doch vor
allem ankam, was die Hauptsache hätte sein und
bleiben sollen, wieder in den Mittelpunkt träte, das
Werk, die gute kunsthandwerkliche Arbeit.
Merkwürdig, in früherer Zeit, wo Jahrhunderte nicht
soviel Theorien hervorbrachten als jetzt jedes
einzelne Jahr, wo man keine Ahnung hatte von
der Menge der Probleme, die im Begriff »Ange-
wandte Kunst« lauern, war die gute kunstgewerb-
liche Arbeit bei weitem nicht so problematisch
wie heute. Damals war alles natürlich, über-
zeugend, das meiste gut. Wir haben jetzt wenig-
stens soviel eingesehen, daß wir mit aller Theorie,
mit aller Kunst höchst selten etwas hervorbringen,
was jene alten Werke an kunstgewerblichem Wert
erreicht. Aber wird es uns je wieder möglich
 
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