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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 24.1913

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Widmer, Karl: Die Aufgabe des Eklektizismus in der modernen Stil-Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7709#0132

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INNEN-DEKORATION

ENTWURF:
ARCHITEKT
ALBERT
GESSNER

SPEISEZIM-
MER. HEIZ-
KÖRPER ALS
KREDENZ
E1NOEB.

MÖBEL NUSSBAUM POLIERT MIT SCHNITZEREI. AUSFÜHR.: WERKHAUS -CHARLOTTENBURG. BUNT. LAMPENSCHIRM

DIE AUFGABE DES EKLEKTIZISMUS
IN D. MODERNEN STIL-ENTWICKLUNG

Man ist in der Verallgemeinerung gewisser Alters-
erscheinungen der Kunstgeschichte allzuleicht ge-
neigt, den Eklektizismus schlechtweg als ein Zeichen der
Dekadenz zu betrachten. Indessen beweist das Beispiel
der Renaissance, daß eklektische Momente auch mit der
Entstehung der größten Blütezeiten der Kunst zusam-
menhängen können. Wenn sie seitdem eine fast stehende
Begleiterscheinung in der Kunstentwicklung der Neuzeit
geworden sind, so ist das der natürliche Einfluß, den die
Ausbreitung des historischen Wissens auf die Kunst aus-
übt. Alle Künste schöpfen Anregungen nun auf ihre
Weise auch aus der Vergangenheit, die durch die Wissen-
schaft wieder lebendig geworden ist. Wie wenig sich im
übrigen die Ursachen des Eklektizismus jedesmal auf die

gleiche Quelle zurückführen lassen, das zeigt u. a. ein
Vergleich des modernen Eklektizismus mit der Rolle, die
er bei der Entstehung des Empirestils spielt. Hier hat
der Eklektizismus geholfen, den Druck einer überfeiner-
ten Kultur los zu werden. Das Rokoko war in der über-
reifen Form des Louis Quinze-Stils nicht mehr fähig,
eine neue Formensprache aus sich selbst hervorzu-
bringen. Es hat sich verjüngt, indem es über die Antike
wieder den Weg zur Einfachheit gefunden hat. Damit
hat das Rokoko angefangen, seine eigene Tradition abzu-
schütteln. — Gerade nach dem entgegengesetzten Ziel:
nach der Wiederaufnahme der Tradition weist die
Aufgabe des modernen Eklektizismus. Denn die moderne
Kunst ist nicht, wie der Louis Seize-Stil aus der Reaktion
gegen eine Überkultur hervorgegangen; sie ist das Er-
wachen aus der künstlerischen Kulturlosigkeit. Sie
hat sich ihre Grundlagen ganz von unten aufbauen müssen.
 
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