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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 24.1913

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Schulze, Otto: Raumbedarf, Raumgröße, Raumwirkung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7709#0293

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INNEN-DEKORATION

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RAUMBEDARF, RAUMGROSSE, RAUMWIRKUNG

Wenn wir den Menschen als den Maßstab der Dinge
bezeichnen, so trifft das nirgends besser zu als in
seinem Verhältnis zum Bauwerk und zum Bauwerk-Innern.
Zum letzteren: zum Raum, tritt der Mensch noch viel
überzeugender in ein maßstäbliches Verhältnis, weil er
sich innerhalb einer dreidimensionalen Größe befindet,
die ihn zunächst von einer größeren Umwelt abschließt,
isoliert. Ein Bauwerk erscheint von außen verhältnis-
mäßig nicht so groß wie von innen, obgleich der Raum ja
nur ein Teil von jenem ist. Viele Besucher des Kölner
Domes z. B. werden dieses Empfinden bestätigen, ob-
gleich das gewaltige Bauwerk, an den Bauten der Nach-
barschaft gemessen, seine Überlegenheit genugsam bekun-
det. Dieses Empfinden steigert sich im St. Peter zu Rom
noch viel bedeutender, es wird fast zu einem Bedrückt-
sein, zu einem Sichselbstverlieren, ähnlich wie beim
Höhen- oder Platzschwindel, wobei der Mensch außer-
halb der Schätzung maßstäblichen Empfindens gerät. Bei
dieser Erscheinung ist die erschwerte Orientierungsmög-
lichkeit, optische Zielunsicherheit in der Einreihung der
eigenen Persönlichkeit in die erweiterte Umgebung, der
Grund für das Sichselbstverlieren. Auch beim Betreten
der Riesenpanoramen gerieten manche Besucher in eine

ähnliche Verlegenheit. Das sind oft nicht nur Über-
raschungen, sondern geradezu Überfälle auf unser unge-
nügend vorbereitetes, d. h. optisch nicht eingestelltes Ich.
Man denke an das Besteigen hoher Türme auf engen,
meistens nur dürftig erhellten Wendeltreppen, an das Ein-
münden schmaler Straßen in große Plätze und an die
fast dunklen Zugänge zu Panoramen. Ahnlich verhält
es sich mit den dunklen Vorräumen — auch beim Kölner
Dom — zu vielen Kirchen oder großen Festräumen vor-
gelagerten kleinen Vestibülen mit vielen aber schmalen
Eingängen. Es scheint, als wolle man hiermit den Ein-
druck auf die Eintretenden steigern. Das gelingt natürlich
vielfach, aber doch nur meistens bei sensiblen Naturen,
die allem Ungewöhnlichen, an sich nicht Meßbaren, gegen-
über die persönliche Sicherheit verlieren; mit ihnen geht
lediglich die Raumwirkung durch, die Raumgröße erfassen
sie garnicht. — Nun ist es kein Geheimnis geblieben,
daß noch immer die Raumgestalter danach gestrebt haben,
die Räume größer erscheinen zu lassen als sie in Wirk-
lichkeit sind; man erinnere sich nur der Luftdecken und
der gemalten Illusionsperspektiven der Barockzeit. Wenn
hier nicht die ordnenden Werte der architektonischen
Linien und Massen, der Türen und Fenster vorhanden
 
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