Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 24.1913

DOI Artikel:
Berdel, Eduard: Die "Keramische Centrale" in Essen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7709#0299

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INNEN-DEKORATION

273

ARCHITEKT A. ST1NNESBECK—ESSEN-RUHR

»KERAMISCHE CENTRALE« — ESSEN. FASSADE

DIE »KERAMISCHE CENTRALE« IN ESSEN

Es ist kein Zufall, daß gerade inmitten des regsten In-
dustriebezirkes moderne Bestrebungen zur vollgül-
tigen Auswertung der Keramik für Architektur-
zwecke einen Brennpunkt gefunden haben. Wohl mögen
gerade die Schwierigkeiten, die daselbst Klima und unreine
Luft dem Baumaterial bereiten, mitgewirkt haben an den
Bemühungen, hier Modernes und Zeiten Überdauerndes zu
schaffen. Es ist eine wahrhaft großzügige Idee, die zur
Gründung der »Centrale« führte: allen Architekten einen
Quell zu weisen, der sie für jeden vorliegenden Zweck
mit dem passenden Material, mit Rat und Tat und Er-
fahrung, mit Entwürfen und Vermittlungen und vor allem
auch — mit Anregungen und Beispielen unversieglich
unterstützen kann. — Moderne wetterfeste Scherben,
moderne wetterfeste Glasuren sind reichlich geboten. Es
fehlte vielfach noch die mutige Tat, sie ausreichend zu
benützen, sie reich und satt wirken zu lassen, sie bewußt
und prunkend mit persönlichen und warmen Wirkungen
uns vor Augen zu stellen. Fröhlich und frisch sollen sie
vom Künstler verarbeitet werden — wie in alter Zeit! —
Und gewiß: wie ein Märchen, anregend, persönlich, natur-
frisch erscheint dem Fremden mitten im pulsierenden Le-

ben der Großstadt der Bau der »Keramischen Cen-
trale«, die damit eindringlicher und überzeugender vor
Augen führt, was sie will und kann, als tausend Programme
und Worte dies können. Wie warm und »knusprig« be-
grüßen uns diese braunen, geflammten Füllungen und
Simse, wie ruhig und beglückt ruht der Blick auf den
großzügigen, matt getönten Friesen! — Ob sie in den
Staub und Ruß der Industriegegend, ob sie zu den eisigen
Winterstürmen des Nordens passen? — Das ist es ja ge-
rade: Ein kräftiger Wasserstrahl, Seife und Bürste im
Notfall, — und alles ist wieder gut! Kein Tropfen dringt
in die innere Struktur, kein Frost kann sie zersprengen.

Allzu tiefe Grübler mögen die Augen schließen gegen
die fröhliche, harmonische Farbenwirkung und mögen
zweifeln, ob Keramik, als Füllung, Sims, Bailustrade etc.
aufgesetzt, zur konstruktiven Gliederung des Ganzen
gehöre, ob sie nicht als bloß »angeklebter Zierrat« zu
verwerfen sei? — Wo aber findet sich ein Mittel, das
gerade die Gliederung, die konstruktiven Linien und Ab-
schnitte eines Baues so liebevoll, so kräftig und doch so
diskret betonen kann? Ist dies nicht eine moderne Auf-
gabe im besten Sinne des Wortes? - Das ganze gewaltige

1913. VI. 4.
 
Annotationen