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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 24.1913

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Breuer, Robert: Der "Märchenbrunnen" im Friedrichshain
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https://doi.org/10.11588/diglit.7709#0353

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XXIV. JAHRGANG.

DARMSTADT.

AUGUST 1913.

DER »MÄRCHENBRUNNEN« IM FRIEDRICHSHAIN - BERLIN

ERBAUT VON GEH. BAURAT LUDWIG HOFFMANN-BERLIN

Im Osten Berlins liegt der Friedrichshain, ein
Park für die Tausende, die hier in dicht ge-
reihten Mietskasernen eng beieinander wohnen.
Zahllos sind die Kinder, die in diesem Stadt-
viertel in Zimmern, denen wenig Licht zukommt,
geboren werden; auf den Straßendämmen wim-
melt es von Knaben und Mädchen. Der Fried-
richshain ist die Lunge dieser übervölkerten
Gegend; er soll den Massen eine Erweiterung der
Wohnung sein, eine Grünwohnung. So sieht man
denn in den Abendstunden und an den Sonntagen
die Scharen unter den Bäumen wandern; auf den
Spielplätzen drängt und stößt sich junges Leben,
das unser größter Reichtum und zugleich unseres
sozialen Gewissens schwerste Sorge ist. Dieser
Jugend sollte eine besondere Freude werden,
eine große Spielstube wollte man ihr bauen, ein
Paradies, die Phantasie reisen und die Herzen
klopfen zu machen. Es gibt nicht so gar viel
Großmütter in diesen finsteren Häusern des öst-
lichen Berlins; die Ahnen und Urahnen blieben
draußen auf den Dörfern Ostelbiens, von woher
die Massen jahraus, jahrein gegen Berlin wan-
dern. Es gibt wenig Großmütter, liebkosende,
märchenerzählende in diesen dumpfen, schlecht-

luftigen Stuben. So sollte das Märchen im Park
angesiedelt werden; im Schatten der Bäume und
im grünen Licht der Hecken sollte es die Kinder
locken, daß sie kämen, um gesunde Luft und zu-
gleich heitere Vorstellungen zu empfangen. Man
wollte einen Märchenbrunnen bauen; es sollten
um plätscherndes Wasser herum die Figuren jener
Zaubergestalten und Wunderdinge stehen, von
denen gar so seltsame Geschichten in uralten
Büchern zu lesen sind. Die Idee war ohne
Zweifel ein Zeugnis schönen Menschentums;
Ludwig Hoffmann, der den Plan dieses Brun-
nens faßte, erbrachte damit einen neuen Beweis
für seine Auffassung vom Baumeister als sozialem
Pfleger. Wir wissen seit langem und sind ihm
dafür dankbar, daß Hoffmann sein Amt nicht
dadurch erfüllt sieht, brav und ordentlich der
Reihe nach die notwendigen Bauten zu erstellen.
Er will mit allem, was er seiner Stadt beschert,
mit jeder Schule, jedem Bad, jeder Turnhalle,
dem Volk eine geistige Wohltat erweisen.
Sein Rudolf Virchow-Krankenhaus war eines der
ersten Dokumente dieser neuen Baugesinnung,
die in dem steinernen Gebild einen Helfer der
Hygiene und ein Symbol des neuen Auftrag-

1913. VIII. 1.
 
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