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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 24.1913

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Breuer, Robert: Die Kaiser-Jubiläums-Dekoration in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7709#0383

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INNEN-DEKORATION

355

ENTWURF: PROFESSOR BRUNO MÖHR1NG-BERLIN (UBLLAUMS-EHRENPFORTE AN DER LEIPZIGERSTRASSE

HOLZ WERK WEISS. ROT. STOFF. ROT-WEISSE BANDER. GRÜNE GUIRLAN DEN. GELBE STANDAKTEN

DIE KAISER-JUBILÄUMS-DEKORATION IN BERLIN

Die Berliner Architekten wollten das Jubiläum des
Kaisers nutzen, um einigen Straßen und Plätzen zu
einer künstlerisch wertbaren Festdekoration zu verhelfen.
Das war keine leichte, fast eine gewagte Aufgabe. Die
Berliner Luft und das Temperament dieser ironischen
Norddeutschen sind wenig geeignet, um das Pathos des
Jubels sich entfalten zu lassen. Gewiß, man hängt Fahnen
heraus, windet einige Guirlanden und stellt Gipsbüsten,
recht und schlecht, wie die Fabriken sie liefern, in die
Schaufenster. Aber es fehlt die kollektive Begeisterung,
die mit natürlicher Gewalt und darum einheitlich hervor-
bricht. An guten Einzelheiten hat es bei früheren An-
lässen nicht völlig gemangelt; der Stadtbaurat Hoffmann
gab dem Pariser Platz feierliche Würde, Messel schmückte
seinen Wertheimbau, und früher schon hatte Wallot wirk-
same Straßendekorationen zu schaffen gewußt. Was aber
nie erreicht werden konnte, das war: eine Gesamtwirkung,
ein organisiertes Aufflammen der Festesfreude. Unbe-
kümmert um die Überlegung, ob solch eine Demonstration
der Stadtpsyche überhaupt wahrscheinlich sein konnte,
oder ob Berlin dazu ein für allemal unfähig ist, wollten
nun diesmal einige Architekten es wagen, die mechanische
Gewöhnung der Vielen zu einer schönen Einheit zu fassen.
Es sollten sich die einzelnen Häuser dem Thema der
Straße fügen; statt der bunten Willkür sollte die Monu-
mentalität großzügiger Gedanken herrschen. Eine rote
btraße durchschnitten von einer blauen, die Farben eines
f'latzes in die Zugangskanäle ausstrahlend, die Effekte in
bestimmten Intervallen verteilt: das war die Planung.
Was zustande kam, bewies nur an wenigen Stellen ein

Gelingen solcher Absichten. Der Schwierigkeiten, die
überwunden werden mußten, waren zu viele. Nur wenige
Tage sollten hinreichen, um die Dekorationen zu erstellen;
die vorhandenen Gelder waren knapp; das Wetter er-
schwerte die Arbeit im Freien durch Sturm und Regen.
Und dann: Architekten unter sich; es währte lange, ehe
sich die einzelnen Herren mit denen ihnen zur Verfügung
gestellten Stadtgebieten zufrieden gaben. So war es nur
selbstverständlich, daß das Ideal des Programms nicht
erfüllt wurde. So kam es, daß der Chronist nicht vom
geschmückten Berlin, sondern nur von einigen wohl-
gelungenen Teilergebnissen zu berichten vermag. Dabei
verschweigt er gutmütig manch schlimmen Irrtum und
manche peinliche Hilflosigkeit. Er verschweigt auch die
Versuche, durch vergängliche Dekorationsstücke das
stabile Bild etwa eines Platzes prinzipiell verändern zu
wollen, anstatt gerade umgekehrt, das Gegebene zu
steigern und zu beflügeln. Genug davon. So bleibt zu
loben, daß Ernst Friedmann den lustigen Einfall
hatte, die Königgrätzerstraße ganz in Blau zu kleiden.
Mit sehr bescheidenen Mitteln, mit Bändern und Schleifen,
war es gelungen, den Straßenwänden Zusammenhang
zu geben; die Betonung der Kreuzungen verstärkte die
Wirkung solcher Einheitlichkeit. Diese durch schwarz-
weiße Pylonen rhythmisierte Monochromie in Blau war
gewiß keine architektonische Tat, aber sie zeigte ganz
deutlich den Weg, der allein zu einer Architektonisierung
der dekorativen Absichten hätte führen können. Durch
die gleiche Methode, im Detail wesentlich reicher, wirkte
Möhring, der die Leipzigerstraße zu versorgen hatte.

1913. Virl. 3a.
 
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