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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 25.1914

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Breuer, Robert: Die Architektonik des Holzes: zu den Arbeiten von Max Heidrich
DOI Artikel:
Lehmann, Adelbert: Erlebnis und Surrogat
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https://doi.org/10.11588/diglit.7708#0265

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238

INNEN-DEKORATION

werkstätten bernard stadler —paderborn schlafzimmer. birkenmaser mit ebenholz

werden beide gute, wenn auch verschieden geartete
Dinge schaffen, wenn sie nur jeder für sich allein ein
Charakter sind. Ein Tischler, der wirklich das Holz zu
empfinden, es zu belauschen und auszudeuten vermag,
wird sicherlich die Qualität eines bedeutenden Architekten
gewinnen können; er wird weniger das ästhetisch Ab-
strakte des Stils, mehr die Materialsinnlichkeit der Zeit
und die geklärte Vernunft einer speziellen Technik zu
geben haben. Ein Tischler solcher Gattung ist Max
Heidrich. Er ist für uns kein Neuling; wir kennen die
Arbeiten, die er während der letzten Jahre fertigte,
Proben davon haben wir auch in dieser Zeitschrift zu
sehen bekommen. Diesmal handelt es sich in erster Linie
um einige Räume aus seinem eigenen Haus. Das Speise-
zimmer (S. 235) ist es vor allem, das auch den
Stumpfesten fühlen macht, wie restlos Heidrich seine For-
men aus dem Holz und dessen Bedingungen ableitet. Er
kann garnicht Holz genug in das Zimmer hineinbringen,
er täfelt die Wände, den Fußboden und die Decke. In
großen Flächen strahlen die Gesundheit des Waldes, der
zähe Rhythmus der Maserung und das wohlgefällige
Kolorit, das die Sonne aus den Säften destillierte. Auch
an den Formen der Möbel spürt man das Hölzerne, spürt
die Werkzeuge, die das Holz spalteten, es bogen und
fügten. Diese Schränke und Stühle stehen sozusagen
dem lebenden Baum näher als dies gemeinhin die Möbel
des Architekten tun. Sie sind darum aber durchaus
nicht unarchitektonisch. Sie haben festen Halt, klare Glie-
derung, schlichte Proportionen. Sie haben aber zugleich

so eine Art Waldgeruch an sich, etwas Behäbiges, etwas
Derbes und Zähes. In den Räumen des Hauses Heidrich
steckt Blockhausstimmung; sie sind warm, behaglich und
stecken inwendig voll heimlicher vegetabilischer Erinne-
rung. — Eine gut erzogene Bürgerlichkeit ist das Milieu, in
dem Heidrich sich besonders wohlfühlt. Für arbeitsame
Menschen, die das Ideal des Heimes mit Naivität pflegen,
für Leute, die nicht den geringsten Ehrgeiz haben, mehr
zu scheinen als sie sind, für Intellektuelle, die weder
artistisch spielen noch modesüchtig sind, für Tätige, die
in ihrer Wohnung gern Frieden halten, für gute Menschen
weiß Heidrich die rechten Möbel zu schaffen. Er ist
dann immer am erfolgreichsten, wenn er aus den ihm
gewohnten Empfindungen und Bedürfnissen heraus die
Stücke bestimmt. Wie ausgezeichnet ist zum Beispiel
der Arbeitstisch, den er für sich selber machte. Man er-
innert sich kaum, die vernünftigen Prachtstücke der
Amerikaner ausgenommen, je etwas so Brauchbares, Ge-
sundes und Charaktervolles an alltäglichem Möbel ge-
sehen zu haben. — r. br.

*

PRLEBNIS UND SURROGAT. Wie viele gibt es
denn, die das Schöne und Edle selbst fühlen,
selbst sehen, selbst beobachten und beurteilen
können? Wir empfinden diese Lücken in unserer Bil-
dung nur nicht, weil sie allgemein vorhanden sind, und
uns das leidige Surrogat, das uns in unserer Bücher-
weisheit für alles gegeben ist, über dieselben nicht ins
Reine kommen läßt. — adelbert Lehmann.
 
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