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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 25.1914

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Breuer, Robert: Innenräume von Carl Stahl - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7708#0432

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402

INNEN-DEKORATION

"«I

ARCHITEKT CARL STAHL—BERLIN -WILMERSDORF

KAFFEEHAUS KRANZLER—BERLIN. OBERER RAUM

INNENRÄUME VON CARL STAHL-BERLIN

Man hat eine gewisse Scheu, in diesen ernsten
Zeiten von Stätten des luxuriösen Essens und des
unbekümmerten Genusses zu reden. Noch ein weiteres
Bedenken möchte den Bericht hemmen: man weiß nicht,
ob nach diesen Völkerschlachten die sieghaften Helden
den eisernen Lebensernst, den sie erfuhren, nicht mit
hinübernehmen werden in den Frieden, der ja erst die
Frucht all dieses Tötens und Brennens bringen soll. Man
weiß nicht, ob nicht nach dem Kriege die deutsche Form
allem Spielwerk abgewandt und logisch und völlig eine
Versinnlichung des unermeßlichen Organisationsgeistes
und der durchaus auf das Wesentliche und menschlich
Große eingestellten Gesinnung sein wird. Wenn man
dennoch in einigen Worten das elegante Restaurant,
wie es in Deutschland hundert Jahre nach den Be-
freiungskriegen und an der Schwelle des Deutschland an
sein gerechtes Ziel bringenden Weltkrieges üblich war,
bespricht, so tut man das, um zu beweisen, daß Verwöh-
nung und schmeichlerischer Geschmack ein gesundes
Volk ungeschwächt lassen können. — Das elegante, oder
richtiger gesagt das mondäne Restaurant ist offenkundig
eine Nebenerscheinung unserer kunstgewerblichen Hoch-

konjunktur. Noch in den ersten Jahren des zwanzigsten
Jahrhunderts zeigten die Speiselokale, auch die derWohl-
habenderen ein Aussehen, das man am besten als »münch-
nerisch« betitelt: eine halbdunkle Gemütlichkeit mit alt-
deutschem Einschlag. Es gab da hohe, schwer besimste
Paneele; auf den wulstig profilierten Borden standen
mächtige Humpen und Landsknechte mit den Stamm-
tischfahnen. Der Gesamtcharakter schwankte zwischen
Gotik und Renaissance. Hier und da brummte der Rest
eines einst grimmigen, inzwischen harmlos gewordenen
Bierhumors. Neben solcher Spießbürgerlichkeit der Eß-
kneipen gedieh das zahme Wienertum der Kaffeehäuser:
Stühle aus gebogenem Holz, Plüschsofas, Marmortische
und silberne Kuchenständer. Das Äußerste, wozu sich
solch ein biederes »Keck« aufschwang, waren einige
veritable Wandgemälde, wie das in Frankfurt a. Main
(Hans Thoma) und im Berliner Kaffee Bauer (Anton von
Werner) noch heute zu sehen ist. Später wurden die
Mokkatempel ein wenig üppiger; ein Spottverslein zeich-
net die Wandlung: »Hoch die Wände sind bespiegelt,
und die Decken sind bronziert; feine Kellner stehn ge-
schniegelt, und die Gäste sind lackiert.« — Das war
 
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