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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 25.1914

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Jaumann, Anton: Die bauenden Kräfte, Haus und Heim
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https://doi.org/10.11588/diglit.7708#0462

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432

INNEN-DEKORATION

DIE BAUENDEN KRÄFTE - HAUS UND HEIM

Schutz gegen Wind und Wetter, gegen die Unbill des
Fremden, sei er auch Nachbar, sucht der Mensch,
sich und seiner Familie. Ersucht einen Herd, ein Heim,
sich und den Seinen. Das Schutzbedürfnis richtet die
Mauern auf, Angst vor Sturm und Regen deckt das
Dach. Fest will der Bau stehen, trutzig und warm. Zu
Tausenden kommen die Steine, schichten sich zu einander,
türmen sich auf. Die Straße, die der Verkehr als breites
Bett sich gezogen, richtet sie aus. Der Nachbar drückt
von den Seiten, drückt zusammen, drückt empor. Die
Schwere ist es, die die Schichten aufeinander preßt, die
alles in die Vertikale zwingt. Was übersteht, reißt sie
ab. Alles Lose ist leichte Beute des Sturms. So ver-
ankert sich der Bau fest im Boden, eins greift ins andere . .

Da erwacht in den Eingeschlossnen, Geborgnen, die
Sehnsucht nach der Welt, nach Luft und Licht. Die
Sehnsucht sprengt die Mauern, Fenster öffnen sich, wie
Augen und atmender Mund zugleich. Aber sie sind eine
Öffnung, die ebenso auch abschließt. Nach beiden Rich-
tungen wirken sie. — Und das Bedürfnis nach Verkehr
und der Außenwelt strömt über, schafft sich ein Tor.
Zur Straße leitet es und ins Haus. Auch das Tor ist
Abschluß und Verbindung. — Im Innern ordnen sich die
Zwecke. Sie teilen das Haus in Stockwerke, Böden

spannen sich, um die Füße zu tragen, Decken schwingen
sich, Zwischenwände teilen ab. Die Räume wachsen und
schrumpfen, wie das häusliche Leben es wünscht. Der
Verkehr öffnet Türen, zieht Korridore, drängt die Möbel
und Geräte aus dem Weg an die Wand. Schränke graben
sich in die Wände ein, um Platz zu machen. Treppen
steigen auf und klettern herab und tragen die Menschen,
hübsch ordentlich, Schritt für Schritt. Weit dehnen sich
die Räume um die Reichen, Luxus will Bequemlichkeit,
Platz. Armut aber hält sich eng und knapp zusammen.
Die Müdigkeit legt sich einen Raum abseits für Ruhe
und Schlaf. Andere Räume, für die Ernährung, schließen
sich ihrerseits zusammen. Das Familienleben, die
Geselligkeit schaffen sich Sammelpunkte: den Tisch,
Fensterplatz und die behagliche Ecke. Die Arbeit sucht
sich einen Platz und ebenso, einen besonders schönen, die
Repräsentation. Dann kommt das Heer der kleineren
Zwecke und Bedürfnisse, jeder schafft sich sein Gerät,
sein Möbel, bis endlich alles, außen und innen, fertig und
befriedigt ist. — So wächst das Haus, und Maurer, Zim-
merleute, Glaser, Tischler, Architekten, sie sind alle nur
Werkzeuge, die einem Willen folgen, der sie von außen
lenkt. Die bauenden Kräfte liegen in Holz und Stein, im
Verkehr, in den Bedürfnissen der Bewohner, a.jaumann.
 
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