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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 26.1915

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Schulze-Elberfeld, Otto: Die Zukunft des Ornaments
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https://doi.org/10.11588/diglit.7711#0150

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128

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT ERNST PRINZ IN KIEL

KAMINPLATZ IN EINER WOHNDIELE

DIE ZUKUNFT DES ORNAMENTS

Eine Zeit lang hat man das Ornament ganz aus der
Welt schaffen wollen; sein Name war schon miß-
liebig, er war der Inbegriff alles der modernen Richtung
zuwider laufenden. Mit ihm verbanden sich nur Begriffe
vom Überflüssigen und einer Geschmacksverderbung.
Da man das Wort selbst aus unserm Sprachschatz nicht
tilgen kann, denn Ornament bedeutet viel mehr als nur
Schmuck in dem bei uns gewöhntem Sinne, versuchte
man zunächst seinen Begriff, seinen Inhalt zu tilgen. Aber
trotzdem klingt es fort: »Tot das Ornament, es lebe der
Schnörkel, das Nichtornament!« Wenn ich im Zusam-
menhange damit sagen wollte, daß das Ornament am
Absterben sei, so könnte man dafür vielleicht besser
setzen: es sei am Verkümmern, an Wachstum und Weiter-
entwicklung behindert. — Dafür lassen sich viele Bei-
spiele und Beweise erbringen; jedenfalls ist die Blütezeit
des eigentlichen Ornaments, jenes Zier- und Schmuck-
werks von innerer Gesetzmäßigkeit, einem gewissen Auf-
bau nach Richtung und Schwerkraft, also des wirklich
erfundenen und ersonnenen Ornaments vorbei. Wir be-
gegnen meist nur noch Bruchstücken......Gewiß, an

Mustern und »Motiven« fehlt es uns nicht, und wir sehen
in Stickereien, Tapeten und Geweben darin auch recht
erfreuliche Dinge. Das kommt aber daher, weil diese
Flächengebilde davon ganz und gar abhängig sind, ihnen
eigentlich erst ihre Erscheinungsform, Schönheit und

Zweckerfüllung entnehmen, mit ihnen von Grund auf eins
werden. Aber die Kehrseite davon ist, daß viele andere
Arbeitsgebiete der schmückenden und angewandten
Kunst, ja selbst die Baukunst hauptsächlich von dieser
Flächenmusterung zehren. Es kann leicht nachgewiesen
werden, daß zahllose Einzelheiten der so schnell beliebt
gewordenen und überall verbreiteten Wiener Ornamentik
bei uns auf geradezu alle Techniken gewirkt hat. Die
launigen Linien und Blütenformen erscheinen am Bauwerk,
im Goldschmuck, in der Stickerei, im Glasfenster, in der
Schnitzerei, im Buchschmuck, kurz überall dort, wo es
nur um »Zierwerk« geht. Sinn und Beziehung, innere
Notwendigkeit der Richtung und Entwicklung aus der
materialtechnischen Anforderung heraus sind dabei meist

ausgeschaltet.....Wie verarmt wir in der Ornamentik

sind, das können wir fühlen, wenn wir ein Sammelwerk der
historischen Ornamente, der Ornamentstiche des Mittel-
alters und der Renaissance, unserer deutschen Kleinmeister,
oder auch nur ein Musterbuch der Goldschmiede oder ein
Modelbuch für Nadelarbeiten durchblättern. Welche
Fülle von Phantasie und Schönheit strömt daraus auf uns
über, welche Mannigfaltigkeit der Anwendung und Be-
deutung. Allerdings galt damals diese Art Ornamentik
als eine Kunst für sich, wenn schon sie im Dienste aller
handwerklichen Künste stand. Man denke doch nur an
Dürer und Holbein d. j., die uns mit einer wundervoll
 
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