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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 26.1915

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Bredt, Ernst Wilhelm: Charakter und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7711#0230

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208

INNEN-DEKORATION

CHARAKTER
UND KUNST

Worauf kommt es
an beim künst-
lerischen Gestalten und
Bewerten? — Auf die
Schönheit! So sagen
die meisten Beurteiler.
Sie sagten es immer,
und doch weiß keiner
zu sagen, was schön ist.
Sie nannten nur immer
das schön, was ihnen
gefiel, was ihnen noch
gefällt. Alles andere
häßlich. Andere rüh-
men nur das, was »mo-
dern« ist. Aber was
ist modern ? Wer von
all den Künstlern, die
auffallen, mißfallen, ge-
fallen ist der, dem man
das Signum des rich-
tigen modernen, d.h.
also des allein richtig
Führenden bedingungs-
los , widerspruchslos
geben könnte ? Es
kommt eben auf etwas
ganz anderes an. Der
Typus ist das ganz
gewiß nicht. Man kann
das Verlangen nach ei-
nem geschmacklichen
Typus wohl verstehen
als Reaktion auf radi-
kal-persönliche Äuße-
rungen der ungleich-
artigsten Gestaltungs-
ideale. Einen allein-
gültigen Typus schaf-
fen wollen für Möbel,
für Gebrauchskunst,
womöglich noch für
Häuser u. Städte hieße
indeß nichts anderes als
den Geschmack durch
Polizei - Paragraphen
festlegen. Geschmack
zu haben ist Sache des
Publikums, nicht der
Künstler, ist Sache der
Praxis, nicht der Theo-
rie und des Dogmas. . .
Wie soll nun des Künst-
lers Tat bewertet wer-

den? Nach was? Wenn
nicht Schönheit, nicht
Geschmack entschei-
det, nicht Richtung und
Modernität, nicht Ty-
pus? Die Geschichte
ist das Weltgericht.
Das sagt alles. Die
Kunstgeschichte hat
auf die Dauer keinem
anderen Achtung, In-
teresse, Ruhm, Freude
gezollt als dem Künst-
ler von eigener, aber
festgefügter Art, von
starkemCharakter. Auf
Charakter also
kommt's an. Auf
nichts weiter, nicht auf
Formen und Normen,
nicht auf scheinbare
oder tatsächliche Ge-
gensätzlichkeit zu den
Idealen der Zeit oder
zu dem vorgefaßten,
unfaßbaren Begriff der
Modernität .... Das
Schaffen des Künst-
lers, seine Bewertung
als Charakter, wird
durch nichts getrennt
von den Charakteren
anderer Gestalter des
Staates, der Religion,
der Feldzüge, der Or-
ganisationen und aller
Taten und Gedanken.
Und Charaktere zu er-
kennen ist auf kei-
nem Gebiete leicht, es
verlangt immer scharfe
Augen, guten Einblick
in des Gestalters Ideale,
Motive. Charakter-
erkenntnis verlangt
ebensoviel Hingabe
wie Charakterbil-
dung. . . e. w. bredt.
*

1\/Iit Grübeln kann
•L'l kein Kunstwerk
erstehen. Ein scharfes
und gründliches Den-
ken muß zwar seine
Entstehung begleiten,
das Talent jedoch muß
angeboren sein. . th. v.

oben: elektr.
lichtträger
für eine halle

unten: elektr.
lichtträger f.
musikzimmer

ausf.: schwintzer & gräff-berl1n. entw.: architekt franz haegele
 
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