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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 26.1915

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Schmidt-Hellerau, Karl: Zum Briefe eines kleinen Kaufmanns
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https://doi.org/10.11588/diglit.7711#0374

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350

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT HEINRICH STRAUMER —BERLIN

GARTENANSICHT EINES LANDHAUSES

ZUM BRIEFE EINES KLEINEN KAUFMANNS

Sehr geehrter Herr Hof rat!

Sie bringen im Juli-Heft Ihrer Zeitschrift den Brief
»eines kleinen Kaufmannes«, überschrieben »Sehnsucht
nach großdeutschen Möbeln«.

Der kleine Kaufmann kann heute in Deutschland
durchaus schon das finden, was er sucht, wenn auch noch
an wenigen Stellen. Es ist aber erfreulich, daß es »kleine
Kaufleute« in Deutschland gibt, denen ihre Wünsche und
Bedürfnisse schon so weit bewußt geworden sind. Wichtig
ist jetzt aber, daß es beim kleinen Kaufmann wie auch
sonst bei unserem Mittelstand nicht bei der Sehnsucht
nach dem Besseren bleibt, ohne sich endlich ganz klar
darüber zu werden, daß die Besserung vor allen Dingen
in der Güte der Arbeit liegen muß und diese Güte der
Arbeit mindestens ebenso bedeutungsvoll als die gute
Form der Sache ist! Diese Entwicklung geht in Deutsch-
land immer noch verhältnismäßig langsam voran, so er-
freulich sie sich in den letzten fünfzehn Jahren hervor-
getan hat, und zwar weil wir eine Zeit hinter uns haben,
1840 bis Ende des vergangenen Jahrhunderts, die den
Geschmack bis in die höchsten Schichten zerstört hat.
Man kann ohne Übertreibung behaupten, daß unsere
Eltern der geschmacklosesten Generation angehörten,
von der die Weltgeschichte zu berichten weiß. Insofern
sollen sich unsere jungen Brautleute in geschmacklichen
Dingen und in Dingen der Qualität von ihren Eltern nicht
hineinreden lassen, weil, wie gesagt, fast diese ganze Gene-
ration durchaus nicht im Stande ist, so etwas richtig zu
beurteilen. Die junge Generation sollte auch vor allen

Dingen mit dem Grundübel der deutschen Frau — immer
nach dem Billigen zu gehen — brechen, sie sollte viel we-
niger den Preis aber immer die Güte des Materials und
der Arbeit vergleichen — sie soll sich lieber die Hälfte
der Möbel kaufen als bisher, dafür aber anständige Möbel,
nicht Möbel »die nach viel aussehen«, sondern solche,
die es wirklich in sich haben, nicht Möbel aus Afrikaner-
Mahagoni, das gar nicht mehr als unser Kiefernholz kostet,
sondern wenn schon aus Mahagoni, dann auch Cuba- oder
Tabasco-Mahagoni. Aber von all diesen Dingen hat ja
unser sogenanntes gebildetes Publikum leider gar keine
Ahnung, ja sogar die berufenen Vertreter für all diese
Sachen, die deutschen Architekten — wenigstens die
Mehrzahl von ihnen — geben immer dem Billigsten den
Auftrag! Es kann ja auch selten einer ein Stück Gabun-,
Lagos-, Tabasco-, Cuba-, Mahagoni- und wie die Holz-
sorten alle heißen, unterscheiden. —

Das Brautpaar, das sich einrichten will, soll sich auch
an den Möbeln die Schlösser, den Schlüssel, die Bänder
usw. ansehen. Dem teuersten Möbel von guten deutschen
Firmen ist oft ein — gußeiserner Schlüssel für 5 Pfennige
beigegeben; das bemerken die Kaufenden gar nicht oder
nur in ganz seltenen Fällen. An allen Magazinmöbeln sind
Schlösser und Riegel von solch geringer Qualität, daß
schon beim Schließen eines solchen Schlosses ein emp-
findsamer Mensch nervös werden kann. Und dann sehe
man sich einmal einen gut erhaltenen Schrank aus Groß-
mutters Zeit an — das Schloß, den Schlüssel und d i e
Bänder — und wir werden begreifen lernen, daß wir nicht
 
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