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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 26.1915

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Jaumann, Anton: Zweierlei Gartenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7711#0396

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370 INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT 1NO A. CAMPBELL-MÜNCHEN

ABSTIEG IM GARTEN OBERHUMMER

ZWEIERLEI GARTENKUNST

Der Gärtner vermochte sich von der Sinnlosigkeit der
Bretzelpläne, von der Häufung »romantischer« Nich-
tigkeiten, von der Zersplitterung und Verfälschung der
Natur, die den Garten des ausgehenden 19. Jahrhunderts
kennzeichnete, nicht durch eigene Kraft zu befreien. Die
Erneuerung kam vom Architekten. Sie war eine not-
wendige Folge des Umschwunges in unserer Architektur,
und ein Zeichen für den wachsenden Machtbereich des
Architekten überhaupt. Der Ehrgeiz des Architekten
strebt jetzt über die Erbauung des Hauses hinaus zum
»Gesamtkunstwerk«: Das Haus mit seiner innern Ein-
richtung auf der einen Seite, mit seiner äußern Umgebung
auf der andern Seite soll eine feste künstlerische Einheit
bilden. So kam wie das Gebiet des Städtebaus, auch der
Garten unter die Domäne des Architekten.

Kräftige, einheitliche Gestaltung, große
künstlerische Gesichtspunkte und enger An-
schluß an die Architektur des Hauses, das waren
die Merkmale dieser Gartenreform, die unter dem Zeichen
des Architekten einzog, und, wenn auch unter dem
Widerspruch der Gärtner, die so notwendige Säuberung
und Klärung begann. Man kann wirklich von einer Wieder-
geburt der Gartenkunst sprechen.

Noch sind aber die wohltätigen Wirkungen dieser
einschneidenden Kur nicht überall zu spüren — da muß
auch schon auf die Kehrseite der Medaille aufmerksam

gemacht werden. Es ist Gefahr, daß wir über das Ziel
hinausschießen, daß an die Stelle des Gartens ein ihm
vollkommen wesensfremder Ersatz tritt, ein Stück Archi-
tektur, das mit Garten und Gartenkunst überhaupt nichts
mehr zu tun hat. Manche der Kunstgärten, die von be-
kannten Architekten neuerdings angelegt oder vielmehr
»gebaut« wurden, sehen aus wie hingebreitete Fassaden,
Fassaden mit all dem großartigen Scheinwesen, das für
uns in dem Worte liegt. Wir wollen nicht leugnen, daß
die noch ungebrochene Sucht der Besitzer nach äußer-
lich glanzvoller Repräsentation diese verbauten, von
Architekturkunst erdrückten Gärten mitverschuldet hat.
Aber gerade der Architekt als aufrichtiger Berater des
Bauherrn müßte dem bedenklichen Wunsch nach mehr
äußerm, repräsentativen Schein entgegentreten. Wozu
diese Häufung von Pergolen, unter denen niemand wan-
delt, Treppen, über die niemand steigt, unverständlichen
Mauern, Kiesplätzen, Statuen? Was ist das für ein Auf-
wand von Achsen, Teilungen und Unterteilungen, von
Richtpunkten, von rechteckigen und runden Gebilden,
die alle um ihrer selbst willen dazusein scheinen! Der
Garten wird da wie ein plastisches Modell behandelt,
wie das Modell eines Monumentaldenkmals etwa, mit
riesigen Platten und Blöcken. Schaffung von Flächen
undMassen und ihre Bewegung, Gliederung und Teilung
scheint der Zweck der Anlagen, der Architekt hantiert
 
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