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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 26.1915

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Fischel, Hartwig: Gedanken eines Wiener Wohnhaus-Architekten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7711#0477

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GEDANKEN EINES WIENER WOHNHAUS-ARCHITEKTEN

Auf keinem Gebiet baukünstlerischer Tätigkeit ist die
ix. praktische, vom Leben diktierte Arbeit, so weit von
der Theorie, von der schulmäßigen Voraussetzung ent-
fernt, wie beim Wohnhausbau und bei der Wohnhaus-
Einrichtung. — Das Eigenhaus ist in Osterreich noch von
jeder Massenherstellung, jeder allgemeinen Behandlung
fast ausgeschlossen; es bleibt bis jetzt noch den wohl-
habenden Kreisen vorbehalten, ist besonders in Wien
noch ein »Luxus«, eine Kostbarkeit. Ausgeprägte und
typische Wohnbedürfnisse zeigt vorerst das Arbeiterhaus
und das vornehme Schloß. — Diese beiden Extreme sind
ja in ihren Grundlinien gegensätzlich. Dort die äußerste
Anspannung ökonomischer, technischer, hygienischer
Klugheit — hier die Zurücksetzung dieser Faktoren hinter
die Forderungen vornehmer Lebensführung und konser-
vativer Sehnsucht nach zumeist verlorenen Traditionen.

Der Künstler — wenn er vor solche Aufgaben gestellt
wird — hat dort die Freiheit der Formgebung und Neu-
bildung, aber die engen Fesseln der Hilfsmittel — hier
winken ihm reiche Mittel, aber auch ebenso oft beschränkte
Vorstellungen von den Aufgaben der Kunst bei den Auf-
traggebern. Bei der großen Mehrheit der bürgerlichen
Baulustigen und Einrichtungsbedürftigen herrscht noch

eine unendliche Mannigfaltigkeit der Pendelbewegungen
zwischen den beiden Extremen der Voraussetzungen,
aber selten ein Ruhepunkt. Es herrscht weder ein ein-
gelebtes Wohnbedürfnis, noch eine maßgebende Tradition
der Formgebung, dafür aber zumeist eine große Unklar-
heit über die Notwendigkeiten und Möglichkeiten in
beiden Richtungen. — So muß der Architekt nicht nur
künstlerisch, technisch, ökonomisch, sondern auch er-
zieherisch wirksam sein und die letzte Pflicht ist die
schwerste, die undankbarste. Das Zinshaus ist besonders
in Wien eine sehr ungünstige Vorbereitung zum Wohn-
hausbau geworden. — Es hat die Gewöhnung an einen
Schein, an eine äußerliche Vornehmheit in Raumdimen-
sionen, Stockwerkshöhen, an Materialprunk und Surrogat-
techniken gebracht, von welchen falsche Vorstellungen
ausgehen. — Das Nebeneinanderlegen größerer Räume,
ihre große lichte Höhe fordern viele auch im Eigenhaus,
ohne die Folgen dieser Forderungen zu kennen. Stets ist
die maßvolle Einschränkung der Raumforderungen eine
wichtige Vorbedingung zu einer gedeihlichen Entwick-
lung des Hausbaues. — Die ökonomischen Grenzen sind
ja zumeist vorherbestimmt. Vermeidung jedes unnötigen
Materialluxus ohne Gefährdung der Qualität, eine sorg-

ARCH. PAUL HULDSCHlNSKYu. K. J. MOSSNER-MÜNCHEN. EICHENHOLZTISCH MIT SCHNITZEREI IN DER DIELE DES HAUSES HÜLLE

1915. iL 3. *
 
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