INNEN-DEKORATION
197
PROFESSOR HEINRICH METZENDORF »GARTENHOF DR. R. —DARMSTADT«
BLUMENFENSTER UND BALKON
Bei einem Vergleich zwischen den blumengeschmückten Blumen an den Fenstern zu ziehen. An jenen friedlichen
Fenstern der Großstadt und denen des kleinen Stadt- Fenstern unserer Großmütter, wo vor den zarten Mull-
chens oder Dorfes wird das Urteil meist zugunsten der gardinen in weißen Porzellantöpfen Primeln und Auri-
beiden letztgenannten ausfallen. Nicht nur, daß die Blu- kein blühten. —
menfenster der Kleinstadt denen der Großstadt an Zahl Doch auch in der modernen Großstadt spielt das
verhältnismäßig überlegen sind, auch die Blumen selbst Blumenfenster im Wohnhaus seine Rolle, und zwar wer-
erscheinen schöner und reicher und der Großstädter den hier die Zwiebelblumen bevorzugt. Sie machen wenig
bleibt, so sehr ihm die Pflege des Balkons am Herzen Mühe und sind sehr dankbar. Im Spätherbst tauchen
liegt, mit dem Blumenschmuck seines Fensters hinter zwischen den Doppelfenstern jene schlanken, meist farb-
dem Kleinstädter zurück. losen Hyazinthengläser auf. Weniger schön sind die
Wie freundlich wirken in dem kleinen Ort die weiß grünen und blauen, sehr wirkungsvoll dagegen die schma-
gestrichenen Fensterrahmen, von denen sich üppig und len weißen Porzellantöpfe, die mit Erde gefüllt werden
altväterlich Pantoffelblumen, Fuchsien, Pelargonien, Rosen und sich auch für Tulpen und Narzissen eignen. Noch
und Nelken abheben. Fast jedes Haus zeigt diesen sind die Zwiebeln geheimnisvoll mit Papierhütchen be-
Schmuck, ja es macht den Eindruck, als wetteiferten die deckt. Aber hier wird oft gegen den guten Geschmack
Nachbarn untereinander, die schönsten Blumen zu ziehen. gesündigt. Das Papierhütchen muß sein, aber muß es
Und daß es meist selbstgezogene sind, ist das Wertvolle auch in lauen, unerfreulichen Farben und aus häßlich ge-
daran. In der Kleinstadt tauschen die Leute Ableger mustertem Papier sein? Und muß es sich mit seinem
wertvoller Pflanzen aus, sie züchten seltene Arten, sie Nachbarn in der Farbe streiten? Mit ganz einfachen Mit-
verwenden Zeit und Liebe auf ihre Blumen und das sieht teln läßt sich hier so Erfreuliches schaffen. Ich sah ein
man den Fenstern an! Wie der Gruß aus einer ver- breites Erkerfenster mit kleinen Scheibengardinen (die
gangenen, ruhigeren, behäbigeren Zeit mutet es den schweren dunklen Vorhänge, die Feinde der Fenster-
Großstädter an, aus jener Zeit, da auch in der großen blumen, sterben ja mehr und mehr aus!), davor 12 farb-
Stadt die Menschen weniger eilig waren, als auch bei lose Hyazinthengläser. Alle 12 hatten gleiche kräftig
ihnen die Töchter noch zuhause blieben und Muße hatten, blaue Hütchen aus glänzendem Papier. Es war eine
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PROFESSOR HEINRICH METZENDORF »GARTENHOF DR. R. —DARMSTADT«
BLUMENFENSTER UND BALKON
Bei einem Vergleich zwischen den blumengeschmückten Blumen an den Fenstern zu ziehen. An jenen friedlichen
Fenstern der Großstadt und denen des kleinen Stadt- Fenstern unserer Großmütter, wo vor den zarten Mull-
chens oder Dorfes wird das Urteil meist zugunsten der gardinen in weißen Porzellantöpfen Primeln und Auri-
beiden letztgenannten ausfallen. Nicht nur, daß die Blu- kein blühten. —
menfenster der Kleinstadt denen der Großstadt an Zahl Doch auch in der modernen Großstadt spielt das
verhältnismäßig überlegen sind, auch die Blumen selbst Blumenfenster im Wohnhaus seine Rolle, und zwar wer-
erscheinen schöner und reicher und der Großstädter den hier die Zwiebelblumen bevorzugt. Sie machen wenig
bleibt, so sehr ihm die Pflege des Balkons am Herzen Mühe und sind sehr dankbar. Im Spätherbst tauchen
liegt, mit dem Blumenschmuck seines Fensters hinter zwischen den Doppelfenstern jene schlanken, meist farb-
dem Kleinstädter zurück. losen Hyazinthengläser auf. Weniger schön sind die
Wie freundlich wirken in dem kleinen Ort die weiß grünen und blauen, sehr wirkungsvoll dagegen die schma-
gestrichenen Fensterrahmen, von denen sich üppig und len weißen Porzellantöpfe, die mit Erde gefüllt werden
altväterlich Pantoffelblumen, Fuchsien, Pelargonien, Rosen und sich auch für Tulpen und Narzissen eignen. Noch
und Nelken abheben. Fast jedes Haus zeigt diesen sind die Zwiebeln geheimnisvoll mit Papierhütchen be-
Schmuck, ja es macht den Eindruck, als wetteiferten die deckt. Aber hier wird oft gegen den guten Geschmack
Nachbarn untereinander, die schönsten Blumen zu ziehen. gesündigt. Das Papierhütchen muß sein, aber muß es
Und daß es meist selbstgezogene sind, ist das Wertvolle auch in lauen, unerfreulichen Farben und aus häßlich ge-
daran. In der Kleinstadt tauschen die Leute Ableger mustertem Papier sein? Und muß es sich mit seinem
wertvoller Pflanzen aus, sie züchten seltene Arten, sie Nachbarn in der Farbe streiten? Mit ganz einfachen Mit-
verwenden Zeit und Liebe auf ihre Blumen und das sieht teln läßt sich hier so Erfreuliches schaffen. Ich sah ein
man den Fenstern an! Wie der Gruß aus einer ver- breites Erkerfenster mit kleinen Scheibengardinen (die
gangenen, ruhigeren, behäbigeren Zeit mutet es den schweren dunklen Vorhänge, die Feinde der Fenster-
Großstädter an, aus jener Zeit, da auch in der großen blumen, sterben ja mehr und mehr aus!), davor 12 farb-
Stadt die Menschen weniger eilig waren, als auch bei lose Hyazinthengläser. Alle 12 hatten gleiche kräftig
ihnen die Töchter noch zuhause blieben und Muße hatten, blaue Hütchen aus glänzendem Papier. Es war eine